Weniger Güterumschlag im Port Mertert
Der Hafen bleibt weit unter seinem Potenzial – wie die gesamte Binnenschifffahrt der EU
Von Januar bis November 2019 wurden 5,2 Millionen Tonnen Güter durch die Schleuse Grevenmacher transportiert; im gleichen Zeitraum 2020 waren es elf Prozent, also eine halbe Million Tonnen weniger – angesichts der Pandemie war das zu erwarten. Aber der Rückgang des Frachtverkehrs auf der Mosel ist doppelt betrüblich, bleibt doch damit auch der Hafen Mertert weit unter seinem Potenzial, so wie EU-weit die gesamte Binnenschifffahrt.
Wie aus der Antwort von Mobilitätsminister François Bausch (déigréng) auf eine diesbezügliche parlamentarische Anfrage der Abgeordnete Octavie Modert (CSV) hervorgeht, deckt sich der Rückgang des Transports über den Luxemburger Teil der Mosel mit dem Transportaufkommen auf dem Rhein, der ebenfalls im ersten Semester 2020 um elf Prozent niedriger war als im Vorjahr.
„Es ist offensichtlich, dass die Pandemie einen Einfluss auf den Warentransport und auf den Personenverkehr hat“, so das Mobilitätsministerium.
Der Gesamtumschlag an Tonnen im Hafen ist während der ersten elf Monate 2020 im Vergleich zu 2019 um 4,91 Prozent zurückgegangen. Beim Export fertiger Stahlprodukte ging die Zahl um 5,6 Prozent zurück; beim Import von Schrott für die Schmelzöfen von ArcelorMittal betrug der Rückgang 26,9 Prozent. Und da wegen der Pandemie auch weniger getankt wurde in Luxemburg ist der Import von Mineralölprodukten um 13,5 Prozent gesunken. Gut entwickelt sich hingegen der 2015 installierte Containerhafen, wo der Umschlag seitdem auf 10 889 Container gesteigert werden konnte.
Der Hafen Mertert hat noch großes Potenzial. Gilles Braquet, Luxport SA
Der Hafen Mertert verfügt über ein Freilager auf 150 000 Quadratmeter Fläche und ein Containerterminal von 20 000 Quadratmetern. Zwölf Kräne mit einer Tragkraft zwölf bis 124 Tonnen können hier Schiffe be- und entladen. „Der Hafen Mertert hat noch großes Potenzial“, sagt Gilles Braquet, Supply Chain Manager der Luxport SA. So könnten zum Beispiel beim Export von Langstahlprodukten die Zahlen von 105 000 Tonnen auf 200 000 Tonnen verdoppelt werden, „und parallel können dennoch weitere Produkte wie Düngemittel, Streusalz, Schrott oder Betonteile entladen werden.“
Laut Ministerium wurden über den Hafen Mertert vor allem Trockengüter wie zum Beispiel Stahl weniger transportiert, zum Beispiel weil die Automobilindustrie zeitweilig die Produktion drosselte. Parallel ist durch die Coronakrise auch der Personenschiffahrtsverkehr eingebrochen.
Die Zentralkommission Rhein berichtet davon, dass in Frankreich
mit einem Umsatzrückgang von 220 Millionen Euro in den ersten acht Monaten des vergangenen Jahres gerechnet werden, und in Deutschland mit einem Verlust von 142 Millionen Euro.
Die EU-Verkehrskommissarin Adina Valean sagte Ende November: „Die Binnenschifffahrt ist nicht verschont geblieben. Der durch die Pandemie verursachte Umsatzverlust wird für den Sektor auf 2,2 bis 4,4 Milliarden Euro geschätzt. Dies ist auf einen Rückgang des Personenverkehrs um 90 Prozent und des Güterverkehrs um 25 bis 30 Prozent in der ersten Jahreshälfte zurückzuführen.“
Umweltfreundlichere Motoren
Für viele Binnenschifffahrts-Gesellschaften vor allem in diesem
Sektor ist das Überleben ungewiss, und auch beim Warentransport müssen viele Betreiber ihre Schiffe neu motorisieren, was mit hohen Investitionskosten verbunden ist. Schon jetzt zahlt das Mobilitätsministerium Beihilfen bis 30 Prozent der Kosten für die Umrüstung von Schiffen mit umweltfreundlicheren Antrieben.
Da der Warentransport über Wasserstraßen viele Vorteile gegenüber der Straße hat, will auch die Europäische Union solche Investitionen weiter fördern. Finanzmittel dafür wird es im nächsten Aktionsprogramm für den Sektor Naiades III (2021-2027) geben, das etwa im März-April vorgelegt werden soll.
Dieses Jahr hatte die Spedition Lorang, eine Tochtergesellschaft der Luxport SA, ihren Fuhrpark in Mertert erneuert und 16 neue Fahrzeuge angeschafft, hierunter sieben Sattelzugmaschinen sowie fünf Sattelauflieger und einen Plateau-Sattelauflieger von Faymonville. Auch die Geschäftsführung von Lorang beobachtet eigenen Angaben nach die Entwicklung bei alternativen Treibstoffen aufmerksam. „Sobald Serienmodelle in den Handel gehen sowie die Tankstellen-Infrastruktur in Europa einen Regelbetrieb zulässt, sind wir bereit, weiter zu investieren”, ist die Geschäftsführung sich einig. Ein besonderes Augenmerk legt man bei Lorang auf die Entwicklung von Wasserstoff-Antrieben. Aktuell befördert die Spedition mit insgesamt 120 Zugmaschinen und 170 Aufliegern vornehmlich Ladungen für die Stahl-, Baustoff- und Konsumgüterindustrie.
Wenig Transport über Flüsse
Der Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten EU-Gütertransport ist von 2013 bis 2018 von 7,4 auf sechs Prozent weiter gefallen. Das möchte Brüssel mit der „Smart & Sustainable Mobility Strategy“ändern. Länder wie Deutschland, Belgien, Österreich sollten nach dem Willen Brüssels bis 2040 anstreben, 40 Prozent der Güter auf Binnenschiffen zu transportieren. In Luxemburg wie in Deutschland ist es derzeit gerade einmal rund 7,5 Prozent des gesamten Güterverkehrs, der auf Wasserstraßen stattfindet, wobei Luxemburg von der Landesfläche her auch kaum mehr Potenzial hat, Deutschland hingegeben schon. In Frankreich werden sogar nur 2,3 Prozent der Güter
auf Flüssen transportiert. Dabei ist das Potenzial, mehr Güter über Flüsse zu transportieren und die Straßen zu entlasten, groß: Jeder der fünf größten Seehäfen der EU verfügt über eine Anbindung an Binnenwasserstraßen; von den europaweiten über 230 Häfen sind etwa 40 zugleich Binnen- und Seehäfen. „Das Potenzial dieses Verkehrsträgers wird nicht voll ausgeschöpft“, so die EU-Kommission dazu. Die CO2-Emissionen und der Kraftstoffverbrauch eines großen Binnenschiffs betragen laut ihr nur ein Drittel der entsprechenden Parameter im Straßenverkehr. Und weiter: „Die Beförderung auf Flüssen und Kanälen ist eine lärmarme und sehr energieeffiziente Form des Güterverkehrs.“Ein Binnen-Containerschiff kann beispielsweise bis zu 200 Container transportieren und damit rund 200 Lastwagen ersetzen.
Die Einfuhr von Mineralölprodukten nach Luxemburg geschieht derzeit vor allem über die Straße. „Einen größeren Anteil über die sichere und umweltfreundlichere Wasserwege wäre mit einem Ausbau der Installationen im Hafen von Mertert möglich“, so das Mobilitätsministerium.
Die Beförderung auf Flüssen und Kanälen ist lärmarm und sehr energieeffizient. EU-Kommission