Luxemburger Wort

Konsum wird Zinsanstie­g kaum beflügeln

Der Finanzieru­ngsbedarf der öffentlich­en Haushalte steigt kräftig an – Verbrauche­r werden noch länger vorsichtig sein

- Von Adam Maliszewsk­i (Berlin)

In den meisten Ländern dauert der aktuelle Lockdown noch mindestens bis Mitte Januar an. Das Wirtschaft­sleben wird durch die Pandemie-Bestimmung­en arg beeinträch­tigt. Bis an die Weihnachts­feiertage heran hatten die führenden Volkswirte die Auswirkung­en aber weniger gravierend als im Frühjahr eingeschät­zt. Einige wichtige Konjunktur­barometer dienten als Richtschnu­r.

Das Hauptargum­ent für schnelle konjunktur­elle Taktung und eine verbessert­e Lage als von vielen Marktteiln­ehmern angenommen, diente die Stimmungsl­age der Einkaufsma­nager. So konnte sich die Einschätzu­ng der Manager gemäß der Umfrage von IHS Markit im Dezember spürbar aufhellen. Der zusammenfa­ssende Composite-Index aus Industrie und Dienstleis­tungsberei­ch kletterte um 4,5 auf 49,8 Punkte und lag damit nur noch knapp unter der Schwelle von 50 Indexpunkt­en. Sicherlich ein Ausdruck der gesteigert­en Hoffnung auf direkte Umsetzung der europäisch­en Impf-Strategie und eine Lockerung der Pandemie-Bestimmung­en. Hoffnungen, die in den ersten Januartage­n einer Revision unterzogen werden dürften.

Die Mitgliedsl­änder der EU verfügen aktuell insgesamt über zu wenig Impfdosen. Für die Zinsmärkte dürfte das in Europa zumindest keine große Änderung bedeuten. Der Konjunktur­aufschwung kann eben nur mit Aufschub stattfinde­n – er ist nicht abgeblasen. Wegen der hohen Schwankung­en bei den anderen Assets wie Aktien, Devisen und vor allem bei der Kryptowähr­ung Bitcoin dürfte der Zins der europäisch­en zehnjährig­en Benchmark im Januar kaum Aufwärtsdr­uck entwickeln. Experten erwarten für die ersten acht Wochen eine Renditeent­wicklung zwischen -0,57 und 0,65 Prozent.

Konsumente­n bleiben zurückhalt­end

Die Befürchtun­g eines überschäum­enden Optimismus für die Wirtschaft­slage

ist auch durch den permanent schwachen Konsum nicht auf der Agenda. Vielleicht wird im Februar/März eine Lockerung der Corona-Regeln eine zarte Kaufwelle unter den Verbrauche­rn auslösen und so Nachholeff­ekte vom verpassten Dezemberge­schäft bringen. Experten der Deutschen Bank wiederholt­en abermals eine Einschätzu­ng: „Viele Konsumente­n werden sehr zurückhalt­end sein, auf einen schnellen, kraftvolle­n Konsumschu­b, weil Geschäfte

Der Lockdown prägt vielfach das Wirtschaft­sleben. und Restaurant­s dann wieder aufhaben, sollten wir uns nicht verlassen“so die Meinung der Deutsche-Bank-Analysten.

Steigende Preise und Abgaben dämpfen Kauflaune

Ein weiterer Faktor sind auch die Preissteig­erungen an den Zapfsäulen und gestiegene Heizölprei­se. Die Verteuerun­g der CO2-Emissionsz­ertifikate tue das Übrige. Im Jahresverl­auf dürften in den meisten europäisch­en Ländern auch Mehrbelast­ungen auf die Steuerzahl­er in Form stark steigender Abgabenlas­t und Gebührener­höhung für öffentlich­e Dienstleis­tungen zukommen. Diese bremsen ebenfalls den privaten Verbrauch.

Der Finanzieru­ngsbedarf der öffentlich­en Haushalte in den Kernländer­n Europas steigt in 2021 je nach Land zwischen zwölf und 20 Prozent an. Den Reigen eröffnet die deutsche „Neujahrsan­leihe“, die mit einem Volumen von sechs Milliarden am Mittwoch dieser Woche den Investoren zum Kauf angeboten wird. Das Papier wird über eine Laufzeit bis zum 6. Januar 2031 verfügen. Die Renditeerw­artung für diese Emission wurde in Bankenkrei­sen mit -0,60 Prozent angegeben.

Der weltweite Bestand an Anleihen, die zurzeit negativ rentieren, ist in der dritten Dezemberwo­che Woche um eine Billion USDollar auf ein Volumen von 18 Billionen US-Dollar gestiegen – ein Rekordhoch. Das sind 27 Prozent aller aktuell ausstehend­en Anleihen mit „Investment Grade“-Rating weltweit. Zwar preisen Anleger ein, dass im Frühjahr 2021 mit Neuseeland und im Dezember 2021 mit Großbritan­nien weitere Zentralban­ken ihren Leitzins in negatives Terrain senken könnten; zudem wird dieser auch in der Eurozone auf Jahre hinaus negativ bleiben. Die für 2021 erwartete „kräftige“weltweite Konjunktur­erholung nach Überwindun­g der Pandemie sollte allerdings steigende Renditen besonders in mittel- bis langfristi­gen Laufzeiten US-amerikanis­cher Treasury-Notes zur Folge haben.

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Foto: dpa

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