Konsum wird Zinsanstieg kaum beflügeln
Der Finanzierungsbedarf der öffentlichen Haushalte steigt kräftig an – Verbraucher werden noch länger vorsichtig sein
In den meisten Ländern dauert der aktuelle Lockdown noch mindestens bis Mitte Januar an. Das Wirtschaftsleben wird durch die Pandemie-Bestimmungen arg beeinträchtigt. Bis an die Weihnachtsfeiertage heran hatten die führenden Volkswirte die Auswirkungen aber weniger gravierend als im Frühjahr eingeschätzt. Einige wichtige Konjunkturbarometer dienten als Richtschnur.
Das Hauptargument für schnelle konjunkturelle Taktung und eine verbesserte Lage als von vielen Marktteilnehmern angenommen, diente die Stimmungslage der Einkaufsmanager. So konnte sich die Einschätzung der Manager gemäß der Umfrage von IHS Markit im Dezember spürbar aufhellen. Der zusammenfassende Composite-Index aus Industrie und Dienstleistungsbereich kletterte um 4,5 auf 49,8 Punkte und lag damit nur noch knapp unter der Schwelle von 50 Indexpunkten. Sicherlich ein Ausdruck der gesteigerten Hoffnung auf direkte Umsetzung der europäischen Impf-Strategie und eine Lockerung der Pandemie-Bestimmungen. Hoffnungen, die in den ersten Januartagen einer Revision unterzogen werden dürften.
Die Mitgliedsländer der EU verfügen aktuell insgesamt über zu wenig Impfdosen. Für die Zinsmärkte dürfte das in Europa zumindest keine große Änderung bedeuten. Der Konjunkturaufschwung kann eben nur mit Aufschub stattfinden – er ist nicht abgeblasen. Wegen der hohen Schwankungen bei den anderen Assets wie Aktien, Devisen und vor allem bei der Kryptowährung Bitcoin dürfte der Zins der europäischen zehnjährigen Benchmark im Januar kaum Aufwärtsdruck entwickeln. Experten erwarten für die ersten acht Wochen eine Renditeentwicklung zwischen -0,57 und 0,65 Prozent.
Konsumenten bleiben zurückhaltend
Die Befürchtung eines überschäumenden Optimismus für die Wirtschaftslage
ist auch durch den permanent schwachen Konsum nicht auf der Agenda. Vielleicht wird im Februar/März eine Lockerung der Corona-Regeln eine zarte Kaufwelle unter den Verbrauchern auslösen und so Nachholeffekte vom verpassten Dezembergeschäft bringen. Experten der Deutschen Bank wiederholten abermals eine Einschätzung: „Viele Konsumenten werden sehr zurückhaltend sein, auf einen schnellen, kraftvollen Konsumschub, weil Geschäfte
Der Lockdown prägt vielfach das Wirtschaftsleben. und Restaurants dann wieder aufhaben, sollten wir uns nicht verlassen“so die Meinung der Deutsche-Bank-Analysten.
Steigende Preise und Abgaben dämpfen Kauflaune
Ein weiterer Faktor sind auch die Preissteigerungen an den Zapfsäulen und gestiegene Heizölpreise. Die Verteuerung der CO2-Emissionszertifikate tue das Übrige. Im Jahresverlauf dürften in den meisten europäischen Ländern auch Mehrbelastungen auf die Steuerzahler in Form stark steigender Abgabenlast und Gebührenerhöhung für öffentliche Dienstleistungen zukommen. Diese bremsen ebenfalls den privaten Verbrauch.
Der Finanzierungsbedarf der öffentlichen Haushalte in den Kernländern Europas steigt in 2021 je nach Land zwischen zwölf und 20 Prozent an. Den Reigen eröffnet die deutsche „Neujahrsanleihe“, die mit einem Volumen von sechs Milliarden am Mittwoch dieser Woche den Investoren zum Kauf angeboten wird. Das Papier wird über eine Laufzeit bis zum 6. Januar 2031 verfügen. Die Renditeerwartung für diese Emission wurde in Bankenkreisen mit -0,60 Prozent angegeben.
Der weltweite Bestand an Anleihen, die zurzeit negativ rentieren, ist in der dritten Dezemberwoche Woche um eine Billion USDollar auf ein Volumen von 18 Billionen US-Dollar gestiegen – ein Rekordhoch. Das sind 27 Prozent aller aktuell ausstehenden Anleihen mit „Investment Grade“-Rating weltweit. Zwar preisen Anleger ein, dass im Frühjahr 2021 mit Neuseeland und im Dezember 2021 mit Großbritannien weitere Zentralbanken ihren Leitzins in negatives Terrain senken könnten; zudem wird dieser auch in der Eurozone auf Jahre hinaus negativ bleiben. Die für 2021 erwartete „kräftige“weltweite Konjunkturerholung nach Überwindung der Pandemie sollte allerdings steigende Renditen besonders in mittel- bis langfristigen Laufzeiten US-amerikanischer Treasury-Notes zur Folge haben.