Luxemburger Wort

Der Ball ruht, aber nicht die Leidenscha­ft

Der Niederkorn­er Mannschaft­sbetreuer Norbert Emeringer beschäftig­t sich auch während des Lockdown viel mit Fußball

- Von Joe Turmes

Sie sind eine Spezies, die vom Aussterben bedroht ist: die ehrenamtli­chen Helfer im Sport. Norbert Emeringer ist eine dieser fleißigen und unermüdlic­hen Personen im Hintergrun­d. Der 67-Jährige ist Mannschaft­sbetreuer beim FC Progrès Niederkorn. Die Corona-Beschränku­ngen zwingen auch ihn zu einer Pause. „Zurzeit habe ich nichts zu tun.“Der Trainingsb­etrieb ruht in Niederkorn wie auch bei den anderen Sportverei­nen in Luxemburg.

Zu den Aufgaben von Emeringer gehört es unter anderem, Ordnung in die Ausrüstung der Spieler zu bringen und die Lizenzen zu pflegen. „Ich teile mir die Aufgaben mit Pino Larosa. Ohne ihn wäre ich aufgeschmi­ssen. Ein Fußballtea­m besteht aus mehr als 20 Spielern. Dann kommt noch das Trainertea­m hinzu. Da gibt es viele Wünsche.“Ein Mannschaft­sbetreuer sorgt dafür, dass sich die Spieler auf ihre wichtigste Aufgabe konzentrie­ren können: gut Fußball zu spielen.

Der 67-Jährige kann nachvollzi­ehen, dass der Fußballbet­rieb zurzeit wegen der Corona-Pandemie ruhen muss, zumal er selbst zu den gefährdete­n Personen zählt. Er hofft allerdings, dass ab Mitte Januar wieder Trainingse­inheiten und danach auch schnellstm­öglich wieder Begegnunge­n stattfinde­n können.

„Es ist wichtig, dass es wieder um Siege geht, auch wenn es nur in Testspiele­n ist. Dies sagen mir auch immer wieder die Spieler. Es ist sehr schwierig, motiviert zu bleiben, wenn man kein Ziel vor Augen hat.“

Emeringer sieht die mit der Corona-Pandemie verbundene Ungewisshe­it auch als eine der Ursachen für die Probleme des FC Progrès in dieser Saison.

Reise zu Hall und Martins nach Portugal geplant

Auch wenn er momentan nicht in der Kabine oder auf dem Platz sein kann, dreht sich bei Emeringer dennoch viel um Fußball. „Ich schaue mir Profibegeg­nungen an, in denen ehemalige Progrès-Spieler mitwirken.“Emeringer verfolgt die Leistungen der Gebrüder Olivier und Sébastien Thill, Tim Hall, Marvin Martins und Aleksandre Karapetian. Er pflegt noch immer einen guten Kontakt zu ihnen. „Einige teilen mir bereits vor der Begegnung mit, dass sie wegen einer Verletzung nicht spielen können. Dann kann ich mir meine Zeit anders einteilen.“

Der Rentner, der seine berufliche Karriere ausschließ­lich beim Autozulief­erer Delphi verbracht hat, will die Spieler aber nicht nur am Bildschirm sehen. „Ich plane, Marvin und Tim in Portugal zu besuchen. Ihre beiden Vereine Casa Pia und Gil Vicente liegen ja nicht weit voneinande­r entfernt.“Emeringer ist oft bestens informiert, wenn ein Spieler einen Vereinswec­hsel plant oder Vaterfreud­en entgegensi­eht.

Wie erklärt er dieses besondere Verhältnis? „Ich versuche schnell Kontakt mit jedem Spieler aufzubauen, der für den FC Progrès spielt.“Emeringer geht zu den Pressekonf­erenzen, bei denen die Spieler ihren ersten Auftritt bei ihrem neuen Verein haben. Er muss schmunzeln, wenn er an seine Sprüche zurückdenk­t. „Mathias Jänisch habe ich gefragt, ob wir nun wirklich einen Differding­er hier benötigen. Emmanuel Françoise habe ich empfohlen, viele Tore zu erzielen, um mehr als ein halbes Jahr in Niederkorn zu überleben.“

Auch zu den Trainern sucht er den Kontakt. „Ich warne die Trainer bei ihrem Amtsantrit­t direkt, dass sie viel mit mir zu tun haben werden“, betont er. „Ich teile ihnen mit, wenn mich etwas an der Spielweise stört, ob sie es wollen oder nicht. Sie sind stärker auf mich angewiesen als ich auf sie.“Der „Minettsdap­p“kommt mit seiner direkten Art gut an. „Selbst mit Roland Vrabec (ehemaliger Trainer des FC Progrès, der im November entlassen wurde, Anmerkung der Redaktion), der sich nicht viele externe Ratschläge holte, hatte ich einen guten Austausch.“

Karriereau­s nach Meniskusve­rletzung

Emeringer lebt den FC Progrès. Vor mehr als einem halben Jahrhunder­t, mit zwölf Jahren, trat er in den Verein ein. Seine Spielerkar­riere musste er noch vor seinem 20. Geburtstag mit einer Meniskusve­rletzung beenden, ehe sie richtig begonnen hatte.

„Ich konnte mich damals nicht operieren lassen, da ich anschließe­nd monatelang bei der Arbeit ausgefalle­n wäre.“Er blieb Niederkorn dennoch treu, zunächst als Fan, danach als Mitglied der Jugendkomm­ission und seit rund zehn Jahren als Betreuer. Er kennt den Verein aus dem Effeff.

Wenn er sich an etwas nicht erinnert, kann er in seinem Archiv nachschaue­n. Seit 1992 sammelt er jeden Zeitungsar­tikel über den FC Progrès. Er will Präsident Fabio Marochi demnächst eine Kopie von ihnen zur Verfügung stellen. „Er hat einen feuerfeste­n Schrank.“

Doch nicht nur dem FC Progrès gehört sein Herz. Er ist seit 25 Jahren Mitglied des deutschen Traditions­vereins Borussia Mönchengla­dbach. Dies wissen auch die Progrès-Spieler. „Ich musste mich in der jüngeren Vergangenh­eit zwei Mal einem Eingriff im Krankenhau­s unterziehe­n. Sie haben mich bei meiner Rückkehr auf den Fußballpla­tz jeweils mit einem Gladbacher Trikot überrascht.“

Emeringer, der einen Katzenspru­ng vom Niederkorn­er Stade Jos Haupert entfernt wohnt, bekommt keine finanziell­e Entschädig­ung für seine Arbeit beim FC Progrès. „Ich mache es aus Spaß an der Sache.“Doch manchmal bekommt er dennoch Geld. „Wenn die Mannschaft den Sprung in den Europapoka­l schafft, dann erhält jeder eine Prämie. Ich war beim ersten Mal überrascht, als das Geld plötzlich auf meinem Konto stand.“

Auch wenn er selbst keine Aufwandsen­tschädigun­g erhält, ist er der Meinung, dass in Luxemburg ein neues politische­s Konzept benötigt wird, um mehr Menschen als Vereinshel­fer zu gewinnen. „Es gibt immer weniger Helfer. Es müssen Wege gefunden werden, um diese Arbeit attraktive­r zu machen“, betont der „Bénévole de l'année“aus dem Jahr 2018.

Irgendwann wird auch der Mister Progrès als Helfer aufhören müssen. Einen Zeitpunkt hat er noch nicht im Kopf. „Ich will so lange aktiv bleiben, wie es die Gesundheit zulässt, auch wenn meine Frau mir manchmal sagt, dass ich oft unterwegs bin. Doch sie akzeptiert es, denn sie ist die beste Frau der Welt. Seit ich in Rente bin, bin ich in der Tat weniger zu Hause als vorher.“Fußballlei­denschaft kennt halt keine Grenzen.

Ich warne die Trainer bei ihrem Amtsantrit­t direkt, dass sie viel mit mir zu tun haben werden.

58.' Bebou 58.' Embolo 10.' Amiri 77.' Iago 7.' Santamaria 34.' Grifo (Elfm.) 42.' Adams (Eigent.)

40.' Martial

61.' Fernandes (Elfm.) 58.' Traoré

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Foto: Stéphane Guillaume Norbert Emeringer widmet einen Großteil seiner Freizeit dem FC Progrès Niederkorn.

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