„Grundrecht“und „Grundbedürfnis“
Kulturministerin Tanson spricht über die Bedingungen für einen gelockerten Kulturbetrieb für Profis, Laien und Zuschauer
Die Schlagworte standen schon auf der Präsentation, die die Kulturministerin gestern für ihre Erläuterungen zur leichten Öffnung des Kultursektors ab der nächsten Woche nutzte: Die Kultur sei eben „Grundrecht“und „Grundbedürfnis“und der Sektor sei „stark betroffen“in Zeiten der Krise. Tanson betonte das Interesse an einer Öffnung: ob von Veranstaltern oder Künstlern, mit denen sie in Kontakt stünde und die für Lockerungen plädiert hätten. Zudem zeige sich dies auch an dem Konsum des Publikums zuhause und an dem Zuspruch von zum Beispiel digitalen Angeboten – und dem Andrang in der Phase, als nach der Rentrée 2020 ein eingeschränkter Publikumsbetrieb machbar gewesen sei.
So stehen nun inhaltliche Aussagen nebeneinander wie „Aber wir müssen weiter vorsichtig sein“und „Wir wollen der Szene und dem Publikum Perspektiven bieten“und sogar „die Kultur ist ein Grundbedürfnis und wichtig für die Bewältigung, kritische Begleitung und Verarbeitung der Krise“. Und selbst wenn die Infektionszahlen wieder schlechter würden und wieder zurückgerudert werden müsste, sei ein kontrollierter Kulturbetrieb immer noch besser als gar keiner – so könnte man die Äußerungen der Ministerin bündeln.
Was gilt nun an Regelungen?
Dass sie sich bewusst zu einer öffentlich gestreamten Pressekonferenz entschlossen habe, zeige nicht zuletzt auch den Wunsch, den Sektor stärker in der öffentlichen Sicht auf die Pandemiekrise zu betonen, so Tanson.
Allerdings sehe sie auch, dass die Krise Systemschwächen im Kultursektor aufgezeigt hätte – und so seien zum Beispiel Änderungen bei den Regelungen für freie
Künstler und „Intermittents du spectacle“nötig.
Die angekündigten Lockerungen nach dem völligen Lockdown seit Ende Dezember sind allerdings auch stark begrenzt: Maximal bis zu 100 Zuschauer sind bei Kulturveranstaltungen generell zugelassen. Gehören Zuschauer nicht zu einem Hausstand, sind zwei Meter Abstand einzuhalten. Eine Maske ist immer zu tragen. Der Essens- und Getränkebetrieb ist generell untersagt.
Für die Museen, Kunstzentren, Ausstellungsräume, Archive und Bibliotheken gilt: Eine Maske ist zu tragen, angemeldete Führungen nur bis zu zehn Personen unter Einhaltung der Distanzen, Orientierung der generellen Besucherzahlen an den Raumgrößen (ähnlich Handel) und ebenfalls kein Restaurationsbetrieb. Der Probenund Aufführungsbetrieb auf der Bühne selbst dagegen ist recht frei: Professionell arbeitende Künstler dürfen ohne Maske oder Distanzbeschränkungen
arbeiten. Das gilt auch für Filmdrehs.
Vereine unter Druck
Für den Freizeit- und Laien-Kulturbetrieb gilt: bis zu vier Personen dürfen sich ohne Maske und Distanzbeschränkungen zu kulturellen Aktivitäten begegnen, Gruppen ab vier bis zehn Personen nur mit Maske und auf Abstand von zwei Metern. Zwischen elf und 100 Personen müssen auf zwei Metern Abstand sitzend ihre Proben und Aufführungen abhalten. Diese Regelung gilt auch für pädagogische Veranstaltungen jenseits des schulischen und musischulischen Rahmens.
Den Belastungen für Musikvereine und Chören sei sie sich bewusst, so Tanson, und sie verstehe die Sorge, dass diese Strukturen, die entscheidend für den gesellschaftlichen Zusammenhalt seien, zusammenbrechen könnten. Allerdings hätten die Monate auch gezeigt, wie kreativ Vereine unter den Bedingungen gearbeitet hätten – selbst, wenn Chöre nun nur mit Masken proben könnten. Die Union GrandDuc Adolphe (Ugda) kommentierte kurz nach der Pressekonferenz: „Den Exekutivbüro vun der Ugda weist sech zefridden, dass d’Madamm Kulturministesch [...] Positioun geholl huet wei et mat dem kulturelle Liewen an der sanitärer Kris [...] weider goe soll. Alleguer d’Leit an eise Veräiner erwaarden natierlech sou séier wei méiglech rëm zu hirer Musek, Gesang, Folklor, Theater, oder Danz zeréck kéieren ze dierfen, mee d’Suerg ëm d’Gesondheet huet alleréischt Prioritéit. [...] Souguer wann déi sanitär Situatioun am Moment villes bremst, sou kënnen awer verschidden Aktivitéiten autoriséiert ginn.“
Hilfen für Profis bleiben bestehen
Die Hilfsmaßnahmen für professionelle Künstlerinnen und Künstler werden verlängert. Bis zum 28. Februar gilt für selbstständige
Künstlerinnen und Künstler: Die monatliche Sozialhilfe wird auf die Höhe des qualifizierten Mindestlohns angehoben. Und die Hürden zur Inanspruchnahme der Hilfen werden gesenkt.
Die „Intermittents du spectacle“können bis 20 Tagegelder monatlich ebenfalls bis zum 28. Februar geltend machen und können mit Erleichterungen bei der Antragstellung (Bezugsrahmen der Tätigkeitstage) rechnen.
Erste Bilanz der Notmaßnahmen
Erstmals legte die Kulturministerin auch Zahlen über die bisherigen Notmaßnahmen im Paket „Neistart Lëtzebuerg“vor, das Mittel von rund fünf Millionen Euro umfasst: Knapp 1,5 Millionen Euro flossen an 29 Institutionen, die durch die Einschränkungen, Absagen und Schließungen finanzielle Verluste erlitten hätten. 100 000 Euro flossen an Sonderaufträge für Künstlerkollektive mit Residenz im Schloss Bourglinster. Unterstützungen für 19 Künstlerresidenzen wurden von an das Kulturministerium per Konvention gebundene Kulturhäusern angefragt – hier wird die finanzielle Beteiligung noch ermittelt.
Kompositionsaufträge an acht Komponistinnen und Komponisten wurden mit 48 600 Euro gefördert. In Höhe von 147 700 Euro wurden 18 Kunstwerke für die Sammlung des Kulturministeriums über Galerien angeschafft (beteiligt daran sind acht Galerien und 15 Künstlerinnen und Künstler) und nochmals 107 270 Euro, für die 23 Werke, die direkt bei 22 Künstlerinnen und Künstlern erworben wurden.
200000 Euro flossen an Werkaufträge für zehn Theaterstücke (beteiligt sind acht Kulturstrukturen) und 71 625 Euro an künstlerische Forschungsprojekte zur Entwicklung neuer Kreativformen. Und nicht zuletzt werden 16 Anträge zu Investments in regionale Museen und kulturtouristische Stätten geprüft.