„Ich muss wieder bei null anfangen“
Tennisspielerin Mandy Minella arbeitet nach der Geburt von Tochter Maya an ihrem Comeback
Bei Mandy Minella dreht sich in diesen Tagen viel um die Familie. Nach der Geburt von Tochter Maya muss sie zusammen mit Ehemann Tim viel Organisationstalent beweisen. Doch auch das Fitnessprogramm darf nicht vernachlässigt werden: Die 35-Jährige will in knapp einem halben Jahr ihr Comeback auf der Profitour im Tennis feiern.
Mandy Minella, ist es schön und anstrengend zugleich, Mutter von zwei Töchtern zu sein?
Auf jeden Fall. Es kann teilweise sehr stressig sein. Vor allem, wenn Maya Koliken (Krämpfe, die mit Weinen verbunden sind, Anmerkung der Redaktion) hat. Da fühlt man sich schon manchmal überfordert, wenn man ihr nicht richtig helfen kann. Es gibt aber auch sehr schöne und entspannte Momente, in denen alles in Ordnung ist. Tim und ich sind ein eingespieltes Team, das ist sehr wichtig. Es ist nämlich viel Organisationstalent gefragt. Glücklicherweise können uns meine Eltern auch noch oft helfen.
Mittlerweile wohnen Sie mit Ihrer Familie in einem Haus in Limpach. In Pandemie-Zeiten ist das bestimmt noch stärker von Vorteil, oder?
Klar. Wir haben nun einfach mehr Platz als während des ersten Lockdowns, als wir noch in einer Wohnung gelebt haben. Im Haus wird uns definitiv nicht langweilig, zumal auch noch andauernd kleinere Arbeiten anstehen.
Was haben Sie sich in Ihrer letzten Saison als Tennisprofi vorgenommen?
Ich will mich in die bestmögliche Verfassung bringen. Ich muss nach meiner Schwangerschaft wieder bei null anfangen. Es motiviert mich, wieder topfit zu werden. Anschließend will ich noch ausgewählte Turniere spielen. Doch klar ist auch, dass die Familie oberste Priorität besitzt. Wenn es nicht möglich sein wird, die Reisen zu den Turnieren mit unserem Familienleben in Einklang zu bringen, dann werde ich darauf verzichten.
Wie bringen Sie sich in Form für Ihr Comeback?
Wir haben uns in unserem
Haus einen Fitnessraum eingerichtet. Dort stehen viele Geräte, die mir dabei helfen, wieder in Form zu kommen. Ich werde vom LIHPS (Luxembourg Institute for High Performance in Sports) unterstützt. Ben Moes und Jérôme Pauls sind Experten, wenn es darum geht, ein Comeback zu planen. Als Physiotherapeutin für die Rehabilitation steht mir Aude Gastauer zur Seite.
Die Women's Tennis Association WTA hat noch keinen vollständigen Kalender für die neue Saison veröffentlicht. Inwiefern erschwert dies Ihre Pläne?
Es wäre schön, wenn ich mein Comeback Ende Mai bei den French Open feiern könnte. Doch zurzeit gibt es noch viele Fragezeichen. Turniere könnten verlegt oder abgesagt werden. Ich lasse mich jedoch davon nicht verrückt machen. Nach meiner Babypause habe ich ein „Special Ranking“, mit dem ich bei einigen Turnieren spielen kann. Ich muss also nichts überstürzen. Es könnte sein, dass ich Anfang des kommenden Jahres auch noch bei den Australian Open im Einsatz sein werde. Tim und ich lieben Australien. Es wäre eine Überlegung wert, dort im Anschluss an den Grand Slam einen Roadtrip zu machen. Wenn Emma (wurde im Oktober drei Jahre alt, Anmerkung der Redaktion) in die Schule geht, wird dies nicht mehr möglich sein.
Das WTA-Turnier in Kockelscheuer im Herbst dürfte auch ein wichtiger Programmpunkt auf Ihrer Abschiedstournee sein. Freuen Sie sich darauf?
Ich will unbedingt noch einmal dort spielen. Es ist ein besonderes Turnier. Zu Beginn meiner Karriere konnte ich dank einer Wildcard dort erste Erfahrungen auf der Profitour sammeln. Im Laufe der Jahre konnte ich immer vor einer Zuschauerkulisse antreten, die mich unterstützt hat. Bei Auslandsturnieren war dies in der Regel nicht der Fall.
Wie erklären Sie sich, dass im Fußball sehr viele wichtige Wettbewerbe ausgetragen werden, während im Tennis der Betrieb in Pandemie-Zeiten nur noch auf Sparflamme kocht?
Bei kleineren Turnieren wie in Kockelscheuer sind die Zuschauer und die Veranstaltungen abseits des Tennisplatzes besonders wichtig. Für die Organisatoren solcher Turniere machen Geisterspiele ohne Rahmenprogramm wenig Sinn. Dies ist verständlich. Nichtsdestotrotz hat die WTA nicht den besten Job gemacht. Bei den Männern wurden mehr Turniere als bei den Frauen ausgetragen. Dies hat in meinen Augen damit zu tun, dass die Vereinigung der professionellen männlichen Tennisspieler ATP besser organisiert ist als die WTA.
Nachwuchstalente wie Eléonora Molinaro konnten gar keine Turniere mehr bestreiten. Nun studiert die 20-Jährige Physiotherapie in den USA. Können Sie dies nachvollziehen?
Ja, diese Entscheidung ist gut, auch wenn sich Eléonora vielleicht hätte von Anne Kremer beraten lassen sollen, die einen ähnlichen Weg eingeschlagen hat und in Stanford studiert hat. Eléonora ist noch jung. Sie kann noch immer eine Tenniskarriere starten, wenn sie ihr Studium beendet hat. Sie kann nun wertvolle Erfahrungen im Ausland sammeln. Und an ihrer Universität spielt sie ja auch weiterhin Tennis.
Sie wurden in den Conseil supérieur des sports, das Beratungsorgan von Sportminister Dan Kersch, berufen. Gibt es Themen, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Es ist toll, dass sich der Sportminister viele unterschiedliche Meinungen anhört. Es gibt sicherlich Themen, bei denen ich mich nicht so gut auskenne. Wenn es jedoch um Profisport geht, kann ich meine Ansichten einbringen. Als Einzelsportlerin mit jahrelanger Erfahrung im Profitennis und als zweifache Mutter weise ich ein besonderes Profil auf. Ich versuche unter anderem Probleme, mit denen Frauen konfrontiert sind, zu thematisieren. Ich bin davon überzeugt, dass in Zukunft noch viel mehr Sportlerinnen nach einer Schwangerschaft ihr Comeback feiern werden, anstatt ihre Karriere zu beenden. Im Allgemeinen bin ich der Meinung, dass in der jüngeren Vergangenheit sehr viele Anstrengungen in Luxemburg unternommen worden sind. Wenn die aktuellen Bedingungen für Profisportler bereits vor 20 Jahren existiert hätten, dann wäre ich nie ins Ausland gegangen.
Wurde im Conseil supérieur des sports auch thematisiert, ob es notwendig ist, dass Sportler so stark unter den Corona-Beschränkungen leiden müssen?
Ich persönlich bin der Auffassung, dass Sport extrem wichtig für das Wohlbefinden und die Psyche ist. Andererseits hat die Pandemie die Politiker unvorbereitet getroffen. In einer ersten Phase haben diese alles dafür getan, um die Infektionsketten zu brechen. Es ist zudem schwierig zu bestimmen, bei welchen Sportarten das Infektionsrisiko zu hoch ist. Ich hoffe, dass demnächst mehr Erkenntnisse vorliegen und es weniger Beschränkungen im Sport gibt. Man sollte dennoch nicht vergessen, dass es in anderen Bereichen zurzeit viel größere Sorgen als im Sport gibt. In der Gastronomie geht es um Existenzen.
Die WTA hat nicht den besten Job gemacht.