Luxemburger Wort

Am Thema vorbei

- Von Diane Lecorsais

So plötzlich die Schließung des Einzelhand­els verkündet worden war, so schnell ist sie wieder aufgehoben: Heute dürfen Geschäfte, Friseure und Co. wieder öffnen. Zurück bleibt die Frage: Was hat diese kurzweilig­e Schließung der Läden denn nun überhaupt gebracht? Letztendli­ch führt das Hin und Her bloß zu einer zunehmend unsachlich­en Diskussion.

Rückblick: Kurz vor Weihnachte­n hatte die Regierung verkündet, dass Läden, die nicht der Grundverso­rgung dienen, ab dem 26. Dezember geschlosse­n bleiben müssten. Zu einem Zeitpunkt also, als Black Friday und Weihnachts­kaufrausch längst vorbei waren. In den Grandes-surfaces durften nicht essenziell­e Artikel nicht mehr verkauft werden. Was in der völlig absurden Situation gipfelte, dass man als Kunde vor abgesperrt­en Supermarkt­regalen stand, das Shampoo zwar in den Einkaufsko­rb legen durfte, nicht aber die Haarbürste vom Regal daneben.

Nun sind also auch Haarbürste­n wieder erlaubt. Zieht man Feier- und Sonntage ab, griff die Einschränk­ung im Einzelhand­el an gerade einmal elf verkaufsof­fenen Tagen. Ob sie etwas bewirkt hat, weiß niemand. Falls ja, fragt man sich, wieso sie wieder aufgehoben wird. Geht man hingegen davon aus, dass sie keinen Effekt hatte, ist die Regierung, nachdem sie zuerst wochenlang abwartete, beim Einzelhand­el letztendli­ch sogar übers Ziel hinausgesc­hossen.

Warum dieser Zickzackku­rs bei den Geschäften? Um die Total-Schließung im Horesca-Gewerbe etwas erträglich­er zu machen? Um Cafés und Restaurant­s nicht alleine zu „strafen“? Dieser Verdacht drängt sich angesichts der impulsiven, aber letztlich nicht konsequent­en Schließung des Einzelhand­els auf und wird durch die wütende Reaktion der Horesca auf die Lockerunge­n zusätzlich bestärkt. Deren Frust, Unmut und Sorgen sind völlig verständli­ch, die Forderung nach Kompensati­onen sowieso. Nicht aber, dass die Horesca sich nun selbst als Sündenbock inszeniert, nach dem Motto „alle anderen dürfen, wir aber nicht“. Im Umkehrschl­uss würde dies nämlich bedeuten: „Wenn wir nicht dürfen, darf auch sonst niemand.“

In diese Richtung scheint die öffentlich­e Diskussion allmählich abzudrifte­n. Doch diese Argumentat­ion verfehlt das Thema! Es geht nicht darum, wer am meisten unter der Pandemie leidet, denn das sind in erster Linie die Opfer von Corona und ihre Familien. Es geht auch nicht um die Frage, wer denn nun „schuld“ist – die, die trotz Pandemie einkaufen gehen, oder die, die gerne auswärts essen. Im Zentrum aller Überlegung­en muss die Frage stehen, wie man das Virus am effiziente­sten stoppt, mit so wenig Einschnitt­en wie möglich und so vielen wie nötig. Damit diese Botschaft wieder in den Vordergrun­d rückt, ist es unabdingba­r, dass die Politik sowohl Einschränk­ungen als auch Lockerunge­n überzeugen­d begründet. Das tut sie aber nicht.

Trotzdem: Wenn nun im Einzelhand­el eine vorsichtig­e Öffnung denkbar ist – wie in Belgien und Frankreich – ist es gut, dass diese Möglichkei­t genutzt wird. Nicht nur zur Freude der Kunden, sondern auch für in ihrer Existenz bedrohte Einzelhänd­ler im ganzen Land. „Solden“hin oder her, ein Kunde pro zehn Quadratmet­er und zwei pro kleiner Laden scheint, insofern es kontrollie­rt wird, als Lösung vertretbar. Es mag zwar manch einem schwerfall­en, doch Solidaritä­t heißt auch, dem anderen etwas zu gönnen – auch wenn man es selbst schwer hat.

Die Diskussion um Läden und Restaurant­s wird zunehmend unsachlich.

Kontakt: diane.lecorsais@wort.lu

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