Ausgezwitschert
Der US-Präsident verliert vor einem drohenden zweiten Amtsenthebungsverfahren sein Megafon im Internet
Der nach dem gescheiterten Aufstand seiner Anhänger im Weißen Haus verbarrikadierte Präsident kocht vor Wut. In der Vergangenheit hätte er den Dampf mit einer Breitseite an Tweets in Großbuchstaben wie „SO UNFAIR“abgelassen. Doch damit ist nun Schluss, seit Twitter Donald Trump wegen Verletzung seiner Regeln für Lebenszeit von seinem Netzwerk verbannte. Der Konzern entfernte alle Beiträge auf „@realDonaldTrump“und die 88 Millionen Anhänger finden auf seiner Seite nur noch den Hinweis: „Konto gesperrt“.
Der Grund? Twitter hält es für erwiesen, dass Trump die Plattform benutzt, um seine ohnehin schon fanatisierten Anhänger weiter aufzuhetzen, „für einen zweiten Angriff auf das US-Kapitol und Kapitol in den Bundesstaaten am 17. Januar werben“. Der Konzern nahm dem Präsidenten damit ein Symbol und Instrument seiner Macht, das ihm so lieb wie die „Air Force One“oder die „Das Beast“genannte Limousine geworden war. Via Twitter schuf Trump eine alternative Welt aus Übertreibungen, Konspiration und glatten Lügen. Und kommandierte seine Armee an Rotkappen, die nach Jahren der Hetze vergangene Woche beim Sturm auf den Kongress zur Tat schritt.
Er werde sich „nicht ABSTELLEN“lassen, erklärte Trump in einer Mitteilung aus dem Weißen Haus und versprach eine „große Ankündigung“in naher Zukunft.
Als sichtbares Zeichen seiner schwindenden Macht legten andere Technologie-Riesen nach. Snapchat, YouTube, Twitch und Reddit verbannten ihn, was Facebook und Instagram bereits bis zum Ende seiner Amtszeit getan hatten.
Millionen Trump-Anhänger strömten in den vergangenen Tagen zu „Parler“, einem Netzwerk, das am Wochenende die Liste der Umsonst-Anwendungen im „Apple Store“anführte. Dort hetzte unter anderen Trumps AnwaltFreund aus Georgia, L. Lin Wood, ungestraft gegen Vizepräsident Mike Pence, der den Wahlsieg Joe Bidens vergangene Woche zertifiziert hatte. „Macht die Erschießungs-Kommandos bereit. Pence ist als Erster dran“.
Apple und Google zogen Konsequenzen und verbannten die neue Lieblings-App der Rechten aus ihren App-Stores. Amazon versetzte „Parler“am Wochenende den Todesstoß, als es das Netzwerk von seinen Rechnern verbannte. „Wir sind erledigt“, reagierte Amy Peikoff für das Netzwerk auf Fox, einem der wenigen Kanäle, über die der Präsident noch kommunizieren kann.
Demokraten wollen Impeachment Das Durchgreifen der Technologie-Konzerne gegen die Hetze kommt für Trump zu einem brisanten Zeitpunkt. Falls dieser nicht selber zurücktritt oder nach dem 25. Verfassungszusatz von Vizepräsident Pence und dem Kabinett aus dem Amt entfernt wird, will Speakerin Nancy Pelosi an diesem Montag zum ersten Mal in der
Geschichte der USA ein zweites Impeachment gegen einen Präsidenten einleiten.
Eine Gruppe von Abgeordneten hat bereits die Anklage formuliert, in der Trump vorgeworfen wird, „absichtlich zur Gewalt gegen die Regierung der Vereinigten Staaten aufgestachelt zu haben“. Das Repräsentantenhaus kann die Klage im Eilverfahren beschließen und an den Senat überstellen. Im Unterschied zum ersten Impeachment wegen der Ukraine-Affäre gibt es diesmal auch Unterstützung bei den Republikanern.
Die Senatorin Lisa Murkowski aus Alaska drohte sogar damit, ihre Partei zu verlassen, falls die Republikaner sich nicht von Trump distanzieren. „Ich möchte, dass er verschwindet“, sagte die Senatorin ihrer Heimatzeitung „The Anchorage Daily News“. „Er hat genügend Schaden angerichtet“.
Vizepräsident Pence ist enttäuscht Der zunehmend isolierte Präsident signalisierte, dass er nicht im Traum daran denkt, das Feld vorzeitig zu räumen. In Medienberichten heißt es, Trump bedauere, am Donnerstag ein Video veröffentlicht zu haben, in dem er sich zur friedlichen Übergabe der Macht verpflichtet und die Gewalt im Kapitol verurteilte. Er ließ seine Anhänger wissen, dass er nicht zur Amtseinführung Joe Bidens gehen werde.
Anders sein Stellvertreter Pence, der seit dem Aufstand im
Kongress nicht mehr mit Trump gesprochen hat. Der Vizepräsident ist dem Vernehmen nach tief enttäuscht über das Verhalten Trumps, dessen Anhänger bei der Besetzung des Kongresses in „Hang Mike Pence“-Sprechchören nach seinem Leben trachteten. Er schloss nicht aus, vom 25. Verfassungszusatz Gebrauch zu machen, falls die weiteren Umstände dies gebieten.
Senatsführer Mitch McConnell, der ebenfalls mit Trump gebrochen hat, wies darauf hin, dass seine Kammer das Impeachment erst am 19. Januar aufgreifen kann. Ein vorzeitiges Zusammentreten des Senats setzte das unwahrscheinliche Einvernehmen aller einhundert Senatoren voraus, die Sitzungspause vorzeitig zu beenden. Laut Verfassung kann Trump auch nach dem Amtsantritt Bidens noch verurteilt werden und für Lebenszeit von allen öffentlichen Ämtern verbannt werden.
Die Strafverfolgungsbehörden gehen derweil mit Nachdruck gegen die Rädelsführer des Aufstands vor. Die Polizei nahm mehrere Personen fest, darunter die Aufrührer, die im Büro von Speakerin Nancy Pelosi randalierten, ein QAnon-Führer, der halb nackt mit Hörnern im Schamanen-Kostüm auftrat und einer der Plastikhandschellen mit sich führte. Das FBI und andere Ermittlungsbehörden riefen die Bevölkerung zur Mithilfe auf, um Personen auf Videomitschnitten und auf Fotos zu identifizieren, die sich an der Besetzung des Kongresses beteiligt hatten.
Kollaps des Gesundheitssystems innerhalb weniger Wochen gewarnt. Großbritannien verzeichnet derzeit immer neue Rekorde bei Neuinfektionen und Todesfällen. „Wenn das Virus so weitermacht, werden Krankenhäuser in echten Schwierigkeiten sein, und zwar bald“, schrieb Chris Whitty in der „Sunday Times“. Das könne schon in drei Wochen der Fall sein.