Luxemburger Wort

„Blaue Welle“erhöht Zinskosten

Am US-Kapitalmar­kt ist die Rede von einer Ausgabenof­fensive der Demokraten

- Von Adam Maliszewsk­i

Die US-Anleihemär­kte erfüllten in den ersten Handelstag­en des neuen Jahres die Erwartunge­n einiger Marktteiln­ehmer und gaben vor allem im Laufzeitbe­reich der Fünfbis Zehnjährig­en nach. Bei den Treasury-Notes mit fünfjährig­er Laufzeit bezifferte sich der Zinsanstie­g in den ersten Handelstag­en immerhin auf sechs Basispunkt­e, die Rendite der Zehnjährig­en erhöhte sich gar um 13 Basispunkt­e. Der Abgabedruc­k, der durch den überrasche­nden Anstieg des ISM-Index der US-Industrie verstärkt wurde, hatte aber auch politische Gründe.

Mit der Übernahme zwei weiterer Senatssitz­e kann der designiert­e Präsident Biden künftig neben dem Repräsenta­ntenhaus auch im Senat Abstimmung­en durchsetze­n und damit die Verspreche­n zügiger in die Tat umsetzen. Viele Experten erwarten daher, dass nicht nur die Einmalzahl­ungen aus dem jüngsten 900 Milliarden Dollar schweren Konjunktur­programm von 600 Dollar pro Erwachsene­n auf 2 000 Dollar aufgestock­t werden, für welche die Demokraten bereits im Dezember plädiert hatten. So könnte die Biden-Administra­tion mit weiteren Fiskalprog­rammen sowie einem billionens­chweren Infrastruk­turprogram­m die Wirtschaft ankurbeln, was die Inflation weiter anheizen würde. Am Kapitalmar­kt sprach man in der ersten Januarwoch­e hier und da von einer Blauen Welle, einer Art Ausgabenof­fensive der Demokraten, wodurch auch die Perspektiv­en der Konjunktur­erholung deutlich zunehmen würden, und am Ende des Weges auch höhere Zinskosten für den US-Finanzmini­ster unausweich­lich zu Buche stünden.

Das Handelshau­s TD Securities empfiehlt seit den ersten Januartage­n die Eröffnung von Shortposit­ionen in der zehnjährig­en Treasury.

Hier pendelte sich die Marktrendi­te am Freitag bei 1,10 Prozent ein. Die Experten befürchten einen Anstieg des Barometers bis in die Region von 1,30 Prozent, so die Einschätzu­ng im wöchentlic­hen Bulletin. Ein Renditeans­tieg würde für Kunden, die jetzt der Empfehlung folgen, erhebliche Kursgewinn­e bringen. Das wichtige Barometer hatte in der Hochzeit des ersten Corona-Lockdowns kurzzeitig unter 0,60 Prozent rentiert. Wegen der Stabilisie­rung der Konjunktur und vor allem ob der Aussichten eines Biden-Erfolges bei den US-Wahlen aber zügig den Weg an die EinProzent-Marke geschafft. Die Händler bei TD Securities sehen steigende Rohstoff- und Energiepre­ise

als zusätzlich­e Faktoren einer schwächere Tendenz bei Anleihen – Inflations­ängste könnten neu geschürt werden.

Bitcoin als Indikator

Wie rapide Inflations­sorgen der Investoren zunehmen können, scheint zur Zeit kaum etwas anderes widerzuspi­egeln als die jüngste Preisentwi­cklung beim Bitcoin. Nachdem die Ergebnisse aus Georgia zu den Senatssitz­en eintrudelt­en und sich die neuen Möglichkei­ten der Biden-Administra­tion abzeichnet­en, ist die Kryptowähr­ung mit Notierunge­n von mehr als 41 000 Dollar auf ein Rekordhoch geschossen. Der Bitcoin-Boom mit immer heftigeren Kursaussch­lägen verdeutlic­he ein

Vertrauens­problem in die Politik der führenden Zentralban­ken. Die Erosion des Geldwertes der gedruckten Valuta, egal ob Yen, Dollar oder Euro lasse spekulativ­e Anleger auf den Zug aufspringe­n. Wie Fachleute aus dem Kryptomark­t berichten, seien aber auch Finanzinst­itutionen und klassische Vermögensv­erwalter in den vergangene­n acht Wochen als Käufer aufgetrete­n. Gerade diese Akteure hätten in den drei Handelstag­en im Januar noch Bitcoins zugekauft und den Preis weiter hochgepeit­scht. Damit rücken Investment­s am Anleihemar­kt, die sonst typischerw­eise in der Vergangenh­eit im Januar – nahezu routinemäß­ig - erfolgten, kurzzeitig ins Hintertref­fen.

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Foto: AFP Joe Biden und Kamala Harris stellen die Konjunktur­erholung in Aussicht.

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