Luxemburger Wort

„Habe die Tür ein bisschen aufgemacht“

Nach fünf Jahren auf Reisen um die Welt beendet Badmintons­pieler Robert Mann seine ungewöhnli­che Profikarri­ere

- Interview: Jan Morawski

Als Badmintonp­rofi hat Robert Mann viel erlebt. Obwohl er sein großes Ziel Olympia verpasst hat, ist er am Ende seiner Karriere glücklich. Der 35-Jährige war auf der ganzen Welt unterwegs. Am Donnerstag gibt er beim Verband seine Sachen ab – und ist dann kein COSL-Elitesport­ler mehr. Im Interview spricht er über schlechte Angewohnhe­iten, seinen schönsten Moment und die Zeit nach dem Sport. Und er verrät, was er seinem jüngeren Ich vor 13 Jahren geraten hätte.

Robert Mann, wie fühlt es sich an, zu wissen, dass die Zeit als Profisport­ler bald abgelaufen ist?

Eigentlich ganz normal. Ich war schon länger auf der Suche nach dem nächsten Schritt in meinem Leben, was ich nach dem Sport machen will. Das ist durch die Umstände der Pandemie schwierige­r geworden, aber ich habe mich viel damit beschäftig­t.

Wie bitter ist es, dass das letzte große Karrierezi­el Olympia durch Corona nun endgültig geplatzt ist?

Bitter fühlt es sich eher nicht an, ich habe es akzeptiert. Das hat aber viel mit der Lebenssitu­ation zu tun. Wäre ich 25 Jahre alt, dann hätte ich vielleicht gesagt, dass es eine zweite Chance ist und dass ich noch Zeit habe. Ich hätte nochmals versucht, mich zu qualifizie­ren. In meiner Situation, mit 35 Jahren noch ein Jahr dranzuhäng­en, kostet sehr viel Energie. Ich habe mich mit dem Gedanken beruhigt, dass die Olympia-Qualifikat­ion sowieso nicht einfach gewesen wäre. Alles hing von den Punkten ab.

Es hätte eher nicht gereicht, oder?

Meine Resultate hätten besser sein müssen. Ich kann ganz ehrlich sagen, dass ich nicht gut genug war. Aber dass ich mich nicht qualifizie­rt hätte, lag nicht am Umfeld. Ich kann nicht über das klagen, was ich bekommen habe. Die finanziell­e Unterstütz­ung und die Hilfe der Trainer waren da. Das Problem ist auch nicht, dass ich erst mit 30 Jahren als Profi angefangen habe, sondern, dass ich die 20 Jahre zuvor quasi als Hobbyspiel­er unterwegs war.

Können Sie das erläutern?

In der Jugend habe ich gar keine internatio­nalen Turniere gespielt, eigentlich sogar bis ich 30 Jahre alt war. Die Erfahrung war also ganz anders. Ich habe meinen Spielstil so entwickelt, um damit Spaß zu haben. Und nicht unbedingt, um den Gegner jedes Mal zu zerstören. Wenn man das 20 Jahre lang macht, gewöhnt man sich Dinge an, die man auf internatio­naler Ebene nicht machen sollte.

Hätten Sie im Rückblick andere Entscheidu­ngen treffen sollen?

Ich wollte eigentlich schon früher Profi werden. Mit 22 Jahren kam ich frisch von der Uni in England zurück nach Luxemburg. Aber der Verband hat mir gesagt, dass die einzige Möglichkei­t der Weg über die Armee wäre und zu dieser bis dahin kein Badmintons­pieler gegangen ist. Man sagte mir, dass ich das nicht machen kann, weil ich keine Resultate vorzuweise­n hatte. Ich hätte zeigen müssen, dass es sich lohnt, in mich zu investiere­n. Vielleicht war das ein Fehler. Und vielleicht hätte ich sogar mit 18 schon damit anfangen müssen. Aber ich war damals nicht reif genug – genau wie der Verband. Es soll ja nicht am Spieler liegen, eine Profikarri­ere ins Laufen zu bringen, sondern der Verband muss das Talent erkennen.

Wie kam es dazu, dass Sie es acht Jahre später erneut versucht haben?

Ich war gerade mit der Doktorarbe­it fertig und hatte Zeit. Ich war reif dafür und wusste mittlerwei­le: Wenn ich das wirklich machen will, muss ich es durchziehe­n. Ich habe andere Dinge im Leben erreicht, die dafür gesorgt haben, dass ich mehr Selbstvert­rauen hatte. Hinzu kam, dass ich mich am Anfang selbst finanziere­n musste. Mit 22 war ich nicht reif und überzeugen­d genug. Ich habe gelernt, dass man es nicht akzeptiere­n muss, wenn dir jemand sagt, dass etwas nicht geht. Mein Wille war stärker.

Was würden Sie ihrem jüngeren Ich raten?

Das ist eine schwierige Frage. Ich weiß noch ganz genau, wie ich mich damals gefühlt habe. Mit der Erfahrung, die ich jetzt habe, würde ich mir raten: Kämpfe darum, Profi zu werden. Aber wenn man selbst nicht versteht, wie und warum man kämpfen muss, ist das sehr schwierig. Man muss das ja greifen und spüren können. Ich hatte mit 22 Jahren keine Vorbilder, es gab keine Luxemburge­r

Badmintons­pieler, die das schon gemacht hatten. Und auch die Gemeinscha­ft rundherum hatte die Erfahrung nicht. Auf jeden Fall würde ich mir aber dazu raten, nach dem Verband noch zum COSL zu gehen, was ich nicht getan habe.

Haben Sie durch ihre Laufbahn das fehlende Vorbild in Luxemburg ersetzt?

Ich wäre gerne ein gutes Beispiel für die anderen Spieler. Aber dabei darf man nicht vergessen, dass meine Karriere ungewöhnli­ch verlaufen ist. Ich habe ganz spät angefangen und wollte diese Sicherheit im Leben haben. Das ist nicht vergleichb­ar mit einem Profi, der alles aufgibt und damit ein großes Risiko eingeht. Mittlerwei­le muss man das nicht mehr, weil es bessere Möglichkei­ten gibt, Beruf und Sport zu kombiniere­n. Aber: Durch die Erfahrung die ich gemacht habe, auch wenn sie vielleicht umgekehrt ist, habe ich die Tür für andere Spieler ein bisschen aufgemacht. Und ich wollte zeigen, dass man als Badmintons­pieler in Luxemburg vorankomme­n kann.

Wann ist Ihnen klar geworden, dass Sie Ihre Karriere beenden wollen?

Ich kann mich noch ganz genau an einen Moment erinnern. Das war im Oktober 2019, die Olympia-Qualifikat­ion lief schon seit

Mai. Bei einem Turnier in Guatemala hatte ich bei einem Spiel im zweiten Satz Matchball. Ich habe den Satz noch abgegeben und den dritten Satz dann klar verloren. Mein Gegner hatte danach ein Freilos und anschließe­nd einen schwächere­n Gegner. Ich dachte mir: Wenn ich dieses Spiel gewonnen hätte und dann so weit gekommen wäre, hätte das viele Punkte gegeben. Es hätte der Fuß in der Tür nach Tokio sein können. Dann hätten alle dran geglaubt.

Stattdesse­n war diese Erfahrung ein Dämpfer ...

Ich war so enttäuscht. Ich habe mich gefragt: Junge, was machst du eigentlich hier? Ich konnte natürlich nicht mitten in der Quali aufhören, aber das war ein Moment, in dem mir klar wurde, dass ich 2020 auf jeden Fall aufhören werde.

Neben solchen negativen Erlebnisse­n gab es aber auch positive Momente. Was waren die Höhepunkte?

Das sind mehrere. Aus sportliche­r Sicht war es sicherlich meine einzige Goldmedail­le, die ich 2018 in Surinam gewonnen habe. Da gab es einen ähnlichen Moment im Finale. Im dritten Satz war die erste Hälfte sehr umkämpft. Dann hat mein Gegner mehrere Punkte hintereina­nder gemacht und ich lag plötzlich 12:17 hinten. Sofort kamen die Gedanken: Junge, du hast es so weit geschafft. Du bist weit geflogen, du schwitzt bei 35 Grad Celsius in der Halle wie ein Idiot. So soll das nicht enden. Dann habe ich keinen Fehler mehr gemacht und 21:17 gewonnen.

War das Gefühl, die luxemburgi­sche Flagge bei den Europaspie­len 2019 in

Minsk zu tragen, eventuell noch besser?

Das war außergewöh­nlich. Es war für mich wie eine außerkörpe­rliche Erfahrung. Ich habe mich selbst von oben beobachtet. Ich betrat dieses riesige Stadion, überall wo ich hinschaute, waren Leute, Licht und Geräusche. Ich stand da mit meiner Fahne und plötzlich hörte ich den Namen meines Land aus dem Mikrofon. Für diese Erfahrung kann ich dem COSL nur Danke sagen. Es war eine Ehre.

Welchen Job werden Sie jetzt beginnen?

Am Freitag werde ich beim Gesundheit­sministeri­um als Projektlei­ter anfangen. Die Bezeichnun­g ist „Gestionnai­re de programme de promotion de la santé par l'activité physique“. Es geht darum, die Bevölkerun­g in Luxemburg durch Bewegung gesünder zu machen, um Krankheite­n vorzubeuge­n. Ich schlage verschiede­ne Wege vor, um bewusst oder unbewusst mehr körperlich­e Bewegung in den Alltag eines Menschen einzubauen. Ich habe auch meine Masterarbe­it zu diesem Thema geschriebe­n. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Meine wissenscha­ftliche Erfahrung wird mir dabei helfen. Ich fühle mich gut vorbereite­t.

Die Vorbereitu­ng auf das Karriereen­de ist für Profisport­ler grundsätzl­ich wichtig. Wie werden Sie den Wechsel wegstecken?

Ich werde weniger Schwierigk­eiten damit haben als ein Athlet, der nur das Sportlerle­ben kennt. Ich habe die Arbeitswel­t ja schon erlebt. Die Doktorarbe­it war wie ein Beruf. Ich war angestellt, hatte einen Vertrag. Der Badmintonp­rofi war nur eine kleine Klammer in meinem Leben. Somit gehe ich nur zurück zur Arbeit. Für Spieler, die mit 18 Jahren Profi werden und das 15 Jahre lang tun, kann das ein Schock sein.

Wird Badminton Teil Ihres Lebens bleiben?

Ja, ich werde weiter spielen. Ich habe kürzlich noch mit Verbandstr­ainer Alen Roj gesprochen. Ein paar Wochen nach meinem Start im Job werden wir uns zusammense­tzen und schauen, ob ich als Sparringsp­artner für den Kader weitermach­en könnte. Auch im Verein in Düdelingen und in der Liga will ich weiterhin spielen. Aber ich werde mich nicht nur auf Badminton konzentrie­ren und auch andere Sportarten und Dinge im Leben ausprobier­en.

Wie bewerten Sie ihre Profikarri­ere zum Abschluss?

Ich kann mein Leben weiterführ­en, ohne etwas bereut zu haben. Ich habe das gemacht, was ich wollte. Die Olympische­n Spiele in Tokio waren immer mein großes Ziel. Man braucht diese Ziele als Sportler, um eine Richtung zu haben. Und obwohl ich es nicht erreicht habe, war dieses Ziel das richtige für mich. Ich habe getan, was ich konnte und kann den Schläger jetzt zufrieden aufhängen.

Ich war so enttäuscht. Ich habe mich gefragt: Junge, was machst du eigentlich hier?

Julian Nagelsmann scherzte nach dem verlorenen Spitzenspi­el kurz mit Erling Haaland und holte dann zu einer Lobeshymne auf das Dortmunder Naturereig­nis aus. „Er ist ein außergewöh­nlicher Stürmer. Er hat in 25 Bundesliga-Spielen 25 Tore geschossen. Das ist eine unfassbare Quote. Die Liga wird sicherlich noch Freude an ihm haben, die Gegner wohl nicht immer“, sagte der Trainer von RB Leipzig nach dem 1:3 gegen Borussia Dortmund. Ein enorm bedeutende­r Sieg des BVB, der den vor einem Monat noch angeschlag­enen Club zurück ins Meisterren­nen spülte.

Ein Grund dafür ist Haaland. Er ist wieder der Boss. „Ich hatte zwei Spiele nicht getroffen, das passiert mir nicht oft. Es wurde also mal wieder Zeit“, sagte der Matchwinne­r und grinste. „Das waren schon alles erstaunlic­he Tore. Wir müssen 42.', 57.', 63.' Hoppe 80.' Harit 18.' Demirovic 39.', 79.' Höfler 59.' Sallai

69.' Lienhart 70.' Schick 29.' Becker 52.' Andrich 90.' Sörloth 46.' Richter 64.' Yabo

3:2 36.,', 45. + 2.' Hofmann 20.' Lewandowsk­i (Elfm.) 49.' Neuhaus 26.' Goretzka 4:0 5:0 1:1 0:2 2:2 1:3 1:4 1:0 52.' Toprak 24.' Silva (Elfm.) 72.' Silva (Elfm.) 10.' Steffen 65.' Weghorst (Elfm.) 55.' Sancho 71.', 84.' Haaland 10.' Gonzalez (Elfm.) 29.' Wamangituk­a 61.' Castro 87.' Didavi vor allem die zweite Halbzeit mitnehmen in die nächsten Spiele.“

Die Führung durch Jadon Sancho (55.') bereitete Haaland mit einer Energielei­stung auf dem rechten Flügel vor. Bei seinem ersten Treffer (71.') ließ der 20-Jährige gleich vier Leipziger mit einem Dribbling lächerlich aussehen, lief dann nach einem Pass auf den Flügel in die perfekte Abschlussp­osition in den Strafraum. Bei seinem zweiten (84.') umkurvte er in grandioser Mittelstür­mer-Manier nach einem Pass von Marco Reus schließlic­h RB-Torwart Peter Gulacsi zur Entscheidu­ng.

Saisonaus für Witsel

Der BVB ist wieder da, weil die Mannschaft selbst wieder an sich glaubt – und die Konkurrenz durchgängi­g patzte. Mit fünf Punkten Rückstand auf die zuletzt wackligen Bayern und nur noch drei auf den Zweiten Leipzig zählt Dortmund als Vierter wieder zu den Meisterkan­didaten. „Mit unserer Qualität muss das das Ziel sein. Dafür müssen wir in jedem Spiel zu hundert Prozent da sein“, sagte Emre Can.

Die Einwechslu­ng des deutschen Nationalsp­ielers war zugleich die einzige bittere Pille des Spiels. Cans Leistung war zwar stark, doch er kam nur in die Partie, weil sich Axel Witsel schwer verletzte und mit einem Achillesse­hnenriss monatelang ausfällt. Der belgische Mittelfeld­spieler dürfte in dieser Saison nicht mehr zum Einsatz kommen können.

Nicht nur wegen Witsels Auswechslu­ng nach gut einer halben Stunde sah es zunächst nicht nach einem BVB-Erfolg aus. Leipzig war wacher und dominanter, aber zu komplizier­t im letzten Drittel. Das änderte sich nach dem Seitenwech­sel, weil Sancho auftrumpft­e und Haaland plötzlich zwei Klassen besser spielte. „Er war ein paar Wochen verletzt, da fehlt ein wenig der

Rhythmus“, analysiert­e Kapitän Reus. „Am meisten hilft es dann, wenn man Tore schießt. Das hat er gemacht.“

Leipzig gelang durch das Tor von Alexander Sörloth (90.') laut Nagelsmann „nur noch Kosmetik“. dpa

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Foto: Yann Hellers Gruß zum Abschied: Für Robert Mann beginnt am Freitag das normale Berufslebe­n.

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