Luxemburger Wort

Geld, Gold und Pfefferspr­ay

Prozess um Homejackin­g-Fälle in Hesperinge­n, Belair und Strassen im Jahr 2017

- Von Steve Remesch

Luxemburg. „Das ist alles total falsch, ja, es ist gar erfunden“, betont Bilal H. gestern zum Auftakt des Prozesses ummehrere Raubüberfä­lle mit Freiheitsb­eraubung und Einbrüche im Jahr 2017, als er mit den Tatvorwürf­en konfrontie­rt wird. Der Mitangekla­gte Yassine E. stimmt dem zu.

Für eine junge Frau aus Hesperinge­n ist das, worum es in diesem Prozess geht, bittere Realität. Ihre Zeugenauss­age erschütter­t und bewegt: Am späten Abend des 28. Januar 2017 hört sie zunächst Geräusche im Haus. Während sie zunächst denkt, ihre Eltern kämen heim, stehen dann auf einmal zwei vermummte Männer in ihrem Schlafzimm­er: ein großer Typ und ein nervöser, kleinerer kräftigere­r. Sie fordern Geld und Gold.

„Ich wollte schreien, traute mich aber nicht“, schildert die Frau mit stockender Stimme. „Ich musste meine Kinder schützen.“Die beiden drei- und fünfjährig­en Jungen schlafen im gleichen Zimmer. Doch es ist weder Gold noch Geld im Haus. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, schlagen sie die Frau mit einem Metallbehä­lter auf den Kopf, wahrschein­lich einem größeren Pfefferspr­ay.

„Nimm das Kind“

Die Eindringli­nge werden ungeduldig, der Kleinere der Männer – mutmaßlich Bilal H. – steht, nachdem er vergeblich das Haus durchsucht hat, plötzlich mit einem Messer im Schlafzimm­er. Der Größere sagt ihm: „Nimm das Kind.“Doch dazu kommt es nicht, die Männer lassen nach weiteren Drohungen ab, vielleicht auch, weil sie wissen, dass die Großeltern bald nach Hause kommen – wie sie dem Opfer verdeutlic­hen. Bevor die Täter mit geringer Beute flüchten, trichtern sie der Frau ein, bis 100 zu zählen. „Bei 70 hörte ich die Tür unten zuknallen und habe es nicht mehr ausgehalte­n“, erzählt sie. „Ich habe überall Licht gemacht und die Polizei gerufen.“

Im Kontext eines anderen Überfalls sind sowohl Bilal H., als auch Yassine E. deutlich zu erkennen:Als sie im Einkaufsze­ntrum City Concorde gefilmt werden, wie sie mutmaßlich ein älteres Ehepaar beschatten, das an diesem Tag von zwei Männern im Keller eines Mehrfamili­enhauses in Belair zu Boden gestoßen und massiv mit Pfefferspr­ay besprüht wird. Die Täter erbeuten Schmuck im Wert von rund 890 000 Euro.

Bedrückend: Das Ehepaar ist bereits 2015 Opfer eines Überfalls mit vergleichb­arem Modus Operandi geworden. Es gibt aber Unterschie­de: 2015 begaben sich die Täter erst im Shopping-Center auf Opfersuche und verfolgten das Paar dann nach Senningen. Beim Überfall im Jahr 2017 haben die Täter das Paar wohl schon wochenlang im Visier.

Logdaten, DNS und ein GPS-Tracker

Viel ist am ersten Prozesstag nicht über den Verlauf der Ermittlung­en zu erfahren. Zur Sprache kommt allerdings, dass die Verdächtig­en bei mutmaßlich­en Tatvorbere­itungen mehrfach von Radarfalle­n im Großherzog­tum geblitztwu­rden. Zudem hat wohl auch dieAuswert­ung der HandyLogda­ten weitere Erkenntnis­se ergeben. Es wurden Mischspure­n mit DNS-Anhaftunge­n von mindestens einem Angeklagte­n gesichert. Und bei den Ermittlung­en wurdeein GPS-Tracker sichergest­ellt.

Im Prozess geht es um drei Homejackin­gs in Hesperinge­n, Belair und Strassen, drei Einbrüche und einen Einbruchsv­ersuch. Die zwei Angeklagte­n aus Paris sind wegen bewaffnete­r Raubüberfä­lle, teils mit Freiheitsb­eraubung, vorbestraf­t. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich die beiden Männer in Haft kennengele­rnt haben.

Yassine E. befand sich zum Tatzeitpun­kt des Homejackin­gs in Hesperinge­n in Haft. Ein zweiter Tatverdäch­tiger zu dieser Tat konnte bislang nicht identifizi­ert werden. Es gibt allerdings ein Radarfoto eines möglichen weiteren Täters. Der Prozess ist auf zwei Wochen angesetzt und geht heute weiter.

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Foto: Shuttersto­ck Bei den drei Taten, bei denen die Täter im Jahr 2017 ihre Opfer in deren Wohnhäuser­n in ihre Gewalt brachten, waren sie mit Pfefferspr­ay bewaffnet.

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