Geld, Gold und Pfefferspray
Prozess um Homejacking-Fälle in Hesperingen, Belair und Strassen im Jahr 2017
Luxemburg. „Das ist alles total falsch, ja, es ist gar erfunden“, betont Bilal H. gestern zum Auftakt des Prozesses ummehrere Raubüberfälle mit Freiheitsberaubung und Einbrüche im Jahr 2017, als er mit den Tatvorwürfen konfrontiert wird. Der Mitangeklagte Yassine E. stimmt dem zu.
Für eine junge Frau aus Hesperingen ist das, worum es in diesem Prozess geht, bittere Realität. Ihre Zeugenaussage erschüttert und bewegt: Am späten Abend des 28. Januar 2017 hört sie zunächst Geräusche im Haus. Während sie zunächst denkt, ihre Eltern kämen heim, stehen dann auf einmal zwei vermummte Männer in ihrem Schlafzimmer: ein großer Typ und ein nervöser, kleinerer kräftigerer. Sie fordern Geld und Gold.
„Ich wollte schreien, traute mich aber nicht“, schildert die Frau mit stockender Stimme. „Ich musste meine Kinder schützen.“Die beiden drei- und fünfjährigen Jungen schlafen im gleichen Zimmer. Doch es ist weder Gold noch Geld im Haus. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, schlagen sie die Frau mit einem Metallbehälter auf den Kopf, wahrscheinlich einem größeren Pfefferspray.
„Nimm das Kind“
Die Eindringlinge werden ungeduldig, der Kleinere der Männer – mutmaßlich Bilal H. – steht, nachdem er vergeblich das Haus durchsucht hat, plötzlich mit einem Messer im Schlafzimmer. Der Größere sagt ihm: „Nimm das Kind.“Doch dazu kommt es nicht, die Männer lassen nach weiteren Drohungen ab, vielleicht auch, weil sie wissen, dass die Großeltern bald nach Hause kommen – wie sie dem Opfer verdeutlichen. Bevor die Täter mit geringer Beute flüchten, trichtern sie der Frau ein, bis 100 zu zählen. „Bei 70 hörte ich die Tür unten zuknallen und habe es nicht mehr ausgehalten“, erzählt sie. „Ich habe überall Licht gemacht und die Polizei gerufen.“
Im Kontext eines anderen Überfalls sind sowohl Bilal H., als auch Yassine E. deutlich zu erkennen:Als sie im Einkaufszentrum City Concorde gefilmt werden, wie sie mutmaßlich ein älteres Ehepaar beschatten, das an diesem Tag von zwei Männern im Keller eines Mehrfamilienhauses in Belair zu Boden gestoßen und massiv mit Pfefferspray besprüht wird. Die Täter erbeuten Schmuck im Wert von rund 890 000 Euro.
Bedrückend: Das Ehepaar ist bereits 2015 Opfer eines Überfalls mit vergleichbarem Modus Operandi geworden. Es gibt aber Unterschiede: 2015 begaben sich die Täter erst im Shopping-Center auf Opfersuche und verfolgten das Paar dann nach Senningen. Beim Überfall im Jahr 2017 haben die Täter das Paar wohl schon wochenlang im Visier.
Logdaten, DNS und ein GPS-Tracker
Viel ist am ersten Prozesstag nicht über den Verlauf der Ermittlungen zu erfahren. Zur Sprache kommt allerdings, dass die Verdächtigen bei mutmaßlichen Tatvorbereitungen mehrfach von Radarfallen im Großherzogtum geblitztwurden. Zudem hat wohl auch dieAuswertung der HandyLogdaten weitere Erkenntnisse ergeben. Es wurden Mischspuren mit DNS-Anhaftungen von mindestens einem Angeklagten gesichert. Und bei den Ermittlungen wurdeein GPS-Tracker sichergestellt.
Im Prozess geht es um drei Homejackings in Hesperingen, Belair und Strassen, drei Einbrüche und einen Einbruchsversuch. Die zwei Angeklagten aus Paris sind wegen bewaffneter Raubüberfälle, teils mit Freiheitsberaubung, vorbestraft. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich die beiden Männer in Haft kennengelernt haben.
Yassine E. befand sich zum Tatzeitpunkt des Homejackings in Hesperingen in Haft. Ein zweiter Tatverdächtiger zu dieser Tat konnte bislang nicht identifiziert werden. Es gibt allerdings ein Radarfoto eines möglichen weiteren Täters. Der Prozess ist auf zwei Wochen angesetzt und geht heute weiter.