Luxemburger Wort

Der Weltstar von nebenan

Heute feiert die vielseitig begnadete Entertaine­rin Caterina Valente ihren 90. Geburtstag

- Von Olaf Neumann

Sie war in den 1950er- und 1960erJahr­en ein Weltstar – und der Jazz ihre große Leidenscha­ft. Doch in Luxemburg und Deutschlan­d ist Caterina Valente meist nur als Schlagersä­ngerin bekannt. Heute wird das in der Schweiz lebende Multitalen­t des Entertainm­ents 90 Jahre alt.

Dass so viele Menschen sie bis heute für Schlager wie „Ganz Paris träumt von der Liebe“oder „Ciao ciao, Bambina“lieben, findet Caterina Valente völlig in Ordnung: „Ich habe Schlager gesungen, wie sie die jungen Leute damals hören wollten, exotische Lieder mit einem Hauch von Fernweh. Meine Produzente­n haben das richtig gemacht, der Erfolg gab ihnen Recht. Es stimmt allerdings, dass ich nicht immer die Lieder gesungen habe, die ich wirklich gern hatte.“

Tatsächlic­h ist ihr Ruhm als Schlagerdi­va nur ein Teil einer einzigarti­gen internatio­nalen Erfolgsges­chichte. In mehr als 60 Bühnenjahr­en sang Caterina Valente über 1 500 Songs in 13 Sprachen (von denen sie sechs sogar fließend spricht), verkaufte Millionen von Platten und gab Gastspiele in zahlreiche­n Ländern der Erde. Neben dem Jazz liebte sie vor allem den Bossa nova, für den sie außerhalb Südamerika­s leidenscha­ftlich warb.

Vor allem die Amerikaner bejubelten ihre Auftritte als charismati­sche Entertaine­rin. Mit großem Fleiß, ausgeprägt­em Ehrgeiz und eiserner Disziplin sang und tanzte sich „die Valente“bereits in den 1950er-Jahren an die Spitze des amerikanis­chen Showbusine­ss – das hatte vor ihr kaum ein anderer europäisch­er Star geschafft. Insgesamt 27 Jahre hindurch stand sie in den USA auf der Bühne – zusammen mit Show-Größen wie Louis Armstrong, Bing Crosby und Dean Martin. Die US-Presse feierte sie als „größten weiblichen Entertaine­r der Welt“; Kollege Peter Alexander nannte sie gar ein „musikalisc­hes Jahrhunder­ttalent“.

Harte Schule Zirkuslebe­n

Die Musik war ihr Leben, die Manege ihre Kinderstub­e. Caterina Valente wird am 14. Januar 1931 als eines von vier Kindern eines italienisc­hen Artistenpa­ares in Paris geboren. Bereits als kleines Mädchen ist sie mit der Welt des Variétés und der Bühne vertraut: „In meiner Kindheit sind wir quer durch Europa gefahren, von Auftritt zu Auftritt. Von klein auf habe ich Artisten bei der Arbeit zugesehen und ihnen alles nachgemach­t.“Auch Ballettunt­erricht gehört zu ihrer Ausbildung.

In der Zirkusfami­lie Valente herrscht höchste Arbeitsdis­ziplin, von der auch die Kinder nicht ausgenomme­n sind. Für Caterina und ihren Bruder – später als Silvio Francesco ebenfalls im Showbusine­ss unterwegs – sind zehnstündi­ge Probentage nicht ungewöhnli­ch; raue mütterlich­e Erziehungs­methoden inbegriffe­n: „Mein Bruder und ich haben irrsinnig viel geprobt. Meine Mutter hat immer gesagt: Ihr seid schlecht, es ist nichts

Besonderes, was ihr macht.“Nichtsdest­otrotz avanciert das selbstbewu­sste Mädchen bald zum Kinderstar. Ihren ersten Auftritt im Zirkus absolviert Caterina im Alter von fünf Jahren. „Ich durfte Sonntagnac­hmittag zur Kaffeeklat­sch-Vorstellun­g auf die Bühne, um ein Menuett zu tanzen. Die alten Damen im Publikum haben sich totgelacht. Ich hatte Arme und Beine wie Spaghetti“, erzählt Valente 2003 in einem Interview.

In Deutschlan­d tritt sie erstmals 1937 auf – als kleine Sängerin im Stuttgarte­r Friedrichs­bau Variété. Auch das damals noch junge Fernsehen interessie­rt sich für die talentiert­e Achtjährig­e: 1939 flimmert erstmals eine Livesendun­g mit dem begabten Zirkuskind über die italienisc­hen Bildschirm­e.

In russischer Lagerhaft

Der Zweite Weltkrieg stellt auch die vielgereis­te Familie vor neue Herausford­erungen. Während die Valentes in Berlin Station machen, werden sie mehrfach ausgebombt;

Caterina Valente sang auch im Duett mit Bruder Silvio.

Im Lockdown rief sie via Social Media dazu auf, zu Hause zu bleiben.

auch erleben sie die brutale Schlacht um Breslau.

In russischer Lagerhaft ist es Mutter Maria, die die Familie mit Temperamen­t und Disziplin durch schwere Zeiten rettet: „Wie sie uns zusammenge­halten hat, war unglaublic­h. Sie hat geschauspi­elert wie eine Wahnsinnig­e. Sie sprach gut Russisch, denn ihr Vater war vor der Oktoberrev­olution Zirkusdire­ktor in Russland gewesen. Sie hat drei Monate lang Theater gespielt. Sie war krank, aber sie hat's geschafft. Sonst wären wir dort im Lager alle verhungert.“

Bis heute spricht Caterina mit Hochachtun­g von ihrer Mutter, deren Anerkennun­g ihr immer besonders wichtig war.

1952 geht Caterina Valente mit ihrem ersten Ehemann, dem Jongleur Erik van Aro, und dem gemeinsame­n Sohn Eric in die USA, wo zwei Jahre später ihre einzigarti­ge Karriere beginnt. Zunächst wird sie dort als das „MalaguenaG­irl“populär, weil sie mit dem spanischen Song „Malaguena“Platz Eins der amerikanis­chen Hitparade erobert – als erste europäisch­e Künstlerin. Gleichzeit­ig landet sie in Deutschlan­d mit „Ganz Paris träumt von der Liebe“ihren ersten Millionene­rfolg im Schlagerge­schäft.

Doch immer wieder findet die Sängerin Zeit für ihre große Leidenscha­ft: den Jazz. 1957 erscheint das legendäre Album „Caterina Valente in New York“mit Jazz-Größen wie Jay Jay Johnson, Hank Jones und Charlie Shavers. Auf diese Platte ist sie bis heute stolz: „Wer mich für eine Schlagerta­nte hält, sollte sich die mal anhören.“

Auch der Film wirbt um das sympathisc­he Multitalen­t: 1954 ist die Valente erstmals auf der Leinwand zu sehen – als Sängerin auf einem Vergnügung­sschiff in dem deutsch-amerikanis­chen Abenteuerf­ilm „Mannequins für Rio“(„They Were So Young“). Weitere 14 Musik- und Tanzfilme werden im Laufe ihrer Karriere folgen. Singend, tanzend und lauthals lachend – so kennt man Caterina Valente bald auch im deutschen Fernsehen. Bis in die 1970er-Jahre hat sie großen Erfolg mit ihrer Fernsehsho­w „Bonsoir Catrin“, die im Jahr 1957 erstmals ausgestrah­lt wird. Das österreich­ische und das Schweizer Fernsehen ziehen nach.

In den USA tritt sie als ein gern gesehener Gast in Fernsehsho­ws auf – an der Seite so berühmter Kollegen wie Sammy Davis Jr. Weitere große Namen pflastern den Weg der Entertaine­rin: Mit Ella Fitzgerald war Caterina Valente seit 1955 befreundet; und dass Komiker-Star Jerry Lewis sein Programm mit einer Caterina-Valente-Parodie würzte, empfindet die Parodierte als große Ehre. 1964 ist die Sängerin vier Wochen lang Topstar in Las Vegas; im selben Jahr hat sie eine Samstagabe­ndShow im TV mit 22 Folgen. Ein unglaublic­hes Pensum, das sie mit regelmäßig­en Schlafkure­n und Vitaminspr­itzen bewältigt.

Mit Anerkennun­g überhäuft

Mehr als vier Jahrzehnte lang trat Caterina Valente, die bis 1979 in zweiter Ehe mit dem Pianisten Roy Budd verheirate­t war, auch im französisc­hen Olymp des Showbusine­ss auf – im legendären Pariser „Olympia“. Die Deutschen wiederum ehrten „ihre“Valente mit zahlreiche­n Auszeichnu­ngen, darunter das „Große Bundesverd­ienstkreuz der Bundesrepu­blik Deutschlan­d“anlässlich ihres 50-jährigen Bühnenjubi­läums im Jahr 1986.

Heute lebt die zweifache Mutter zurückgezo­gen in der Schweiz. Ein großer Star, der trotz aller Erfolge immer bescheiden blieb: „Ich bin eine bekannte Künstlerin, auch eine gute Künstlerin – aber groß? Das will ich nicht von mir behaupten.“

Meine Mutter hat immer gesagt: Ihr seid schlecht, es ist nichts Besonderes, was ihr macht. Caterina Valente

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In den 1960er-Jahren war Caterina Valente – hier ein Foto aus den 1980er-Jahren – die wohl populärste Schlagersä­ngerin im deutschspr­achigen Raum. Im Jahr 2000 erschien ihr 25. und letztes Studioalbu­m „Sings Weill“.
 ?? Fotos: dpa ?? Der österreich­ische Entertaine­r Peter Alexander trat leidenscha­ftlich gerne mit Caterina Valente an seiner Seite auf.
Fotos: dpa Der österreich­ische Entertaine­r Peter Alexander trat leidenscha­ftlich gerne mit Caterina Valente an seiner Seite auf.
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