Aufbruch in eine neue Ära
Eine Amtseinführung wie keine andere zuvor markiert den Machtwechsel in den USA
Lady Gaga sang bei der Amtseinführung die Nationalhymne. weitgehend fehlte. In einer bewegenden Zeremonie am Spiegelbecken vor dem Lincoln Memorial erinnerte Biden an die Toten.
Bidens eigenes Leben ist von schweren Schicksalsschlägen geprägt. Seine politische Laufbahn begann vor knapp einem halben Jahrhundert mit dem Tod seiner ersten
Frau Neilia und seiner Tochter, der einjährigen Naomi, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Kurz vor Ende seiner Zeit als Vizepräsident Barack Obamas verstarb sein ältester Sohn Beau an einem unheilbaren Gehirntumor. „Es fällt schwer, uns zu erinnern, aber so heilen wir. Es ist wichtig, dass wir dies als Nation tun.“
Der als „Tröster der Seele der Nation“angetretene Biden setzte mit dem Gedenken den Ton für eine Amtseinführung, die angesichts der Pandemie und dem gescheiterten Aufstand am 6. Januar nicht den Charakter eines fröhlichen Festes der Demokratie, sondern als feierlicher Neubeginn annahm. Statt der gewöhnlich dicht gedrängten Menge an Menschen auf der National Mall durften aus Sicherheitsgründen nur rund eintausend Gäste die Vereidigung an genau der Stelle verfolgen, an der fanatisierte Trump-Anhänger in den Kongress stürmten.
Mehr als 20 000 National-Gardisten verwandelten den Innenstadtbereich in eine Festung. Die Bundespolizei FBI überprüfte im Vorfeld alle Soldaten und musterte rund ein Dutzend Nationalgardisten aus, die durch fragliche Beiträge in den sozialen Medien aufgefallen waren. Anstelle des Publikums standen auf dem Rasen der Mall symbolisch 200 000 Flaggen. Auch andere Traditionen der Amtseinführungen fielen weg. Es gab keine Parade vom Kapitol zum Weißen Haus, kein Bad des neuen Präsidenten in der Menge und keine feierlichen Bälle.
Stattdessen lud das Team Bidens die Amerikaner zu einer „virtuellen Parade durch Amerika“ein. Am Abend strahlten die großen Fernsehsender eine mit Stars gespickte TV-Gala zu Ehren des 46. Präsidenten aus. Ungewöhnlich war auch die Abwesenheit Donald Trumps, der als erster Amtsinhaber seit 1869 nicht an den Feiern zum Amtsantritt seines Nachfolgers teilnahm. Wie seinerzeit Andrew Johnson scheidet Trump mit einer Anklage im Kongress aus. In dem zweiten Impeachment geht es um die Verantwortung des Ex-Präsidenten für die Anstiftung zum Sturm auf das Kapitol.
Zu dieser Stunde hat sich die Demokratie durchgesetzt. Joe Biden
Feuerwerk an präsidialen Dekreten Nach der kurzen Fahrt ins Weiße Haus wollte Biden die ersten Stunden im Amt damit verbringen, neue politische Realitäten zu schaffen. Als sichtbaren Bruch mit dem rassistisch motivierten Nationalismus seines Vorgängers stellte der neue Präsident eine Einwanderungsreform vor, die den elf Millionen nicht dokumentierten Einwanderern einen Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnet.
Außerdem wollte der neue Präsident 17 Exekutiv-Befehle unterschreiben, mit denen die USA unter anderem wieder dem Weltklima-Abkommen beitreten und den Muslim-Bann beenden. In den kommenden zehn Tagen sollen weitere Dekrete folgen, mit denen ein Bruch mit der Ära Trump zementiert werden soll. Der frühere US-Präsident Obama wünschte seinem ehemaligen Vize viel Glück bei der gewaltigen Aufgabe, die vor ihm liegt. „Das ist Deine Zeit.“