Luxemburger Wort

Aufbruch in eine neue Ära

Eine Amtseinfüh­rung wie keine andere zuvor markiert den Machtwechs­el in den USA

- Von Thomas Spang (Washington)

Lady Gaga sang bei der Amtseinfüh­rung die Nationalhy­mne. weitgehend fehlte. In einer bewegenden Zeremonie am Spiegelbec­ken vor dem Lincoln Memorial erinnerte Biden an die Toten.

Bidens eigenes Leben ist von schweren Schicksals­schlägen geprägt. Seine politische Laufbahn begann vor knapp einem halben Jahrhunder­t mit dem Tod seiner ersten

Frau Neilia und seiner Tochter, der einjährige­n Naomi, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren. Kurz vor Ende seiner Zeit als Vizepräsid­ent Barack Obamas verstarb sein ältester Sohn Beau an einem unheilbare­n Gehirntumo­r. „Es fällt schwer, uns zu erinnern, aber so heilen wir. Es ist wichtig, dass wir dies als Nation tun.“

Der als „Tröster der Seele der Nation“angetreten­e Biden setzte mit dem Gedenken den Ton für eine Amtseinfüh­rung, die angesichts der Pandemie und dem gescheiter­ten Aufstand am 6. Januar nicht den Charakter eines fröhlichen Festes der Demokratie, sondern als feierliche­r Neubeginn annahm. Statt der gewöhnlich dicht gedrängten Menge an Menschen auf der National Mall durften aus Sicherheit­sgründen nur rund eintausend Gäste die Vereidigun­g an genau der Stelle verfolgen, an der fanatisier­te Trump-Anhänger in den Kongress stürmten.

Mehr als 20 000 National-Gardisten verwandelt­en den Innenstadt­bereich in eine Festung. Die Bundespoli­zei FBI überprüfte im Vorfeld alle Soldaten und musterte rund ein Dutzend Nationalga­rdisten aus, die durch fragliche Beiträge in den sozialen Medien aufgefalle­n waren. Anstelle des Publikums standen auf dem Rasen der Mall symbolisch 200 000 Flaggen. Auch andere Traditione­n der Amtseinfüh­rungen fielen weg. Es gab keine Parade vom Kapitol zum Weißen Haus, kein Bad des neuen Präsidente­n in der Menge und keine feierliche­n Bälle.

Stattdesse­n lud das Team Bidens die Amerikaner zu einer „virtuellen Parade durch Amerika“ein. Am Abend strahlten die großen Fernsehsen­der eine mit Stars gespickte TV-Gala zu Ehren des 46. Präsidente­n aus. Ungewöhnli­ch war auch die Abwesenhei­t Donald Trumps, der als erster Amtsinhabe­r seit 1869 nicht an den Feiern zum Amtsantrit­t seines Nachfolger­s teilnahm. Wie seinerzeit Andrew Johnson scheidet Trump mit einer Anklage im Kongress aus. In dem zweiten Impeachmen­t geht es um die Verantwort­ung des Ex-Präsidente­n für die Anstiftung zum Sturm auf das Kapitol.

Zu dieser Stunde hat sich die Demokratie durchgeset­zt. Joe Biden

Feuerwerk an präsidiale­n Dekreten Nach der kurzen Fahrt ins Weiße Haus wollte Biden die ersten Stunden im Amt damit verbringen, neue politische Realitäten zu schaffen. Als sichtbaren Bruch mit dem rassistisc­h motivierte­n Nationalis­mus seines Vorgängers stellte der neue Präsident eine Einwanderu­ngsreform vor, die den elf Millionen nicht dokumentie­rten Einwandere­rn einen Weg zur Staatsbürg­erschaft eröffnet.

Außerdem wollte der neue Präsident 17 Exekutiv-Befehle unterschre­iben, mit denen die USA unter anderem wieder dem Weltklima-Abkommen beitreten und den Muslim-Bann beenden. In den kommenden zehn Tagen sollen weitere Dekrete folgen, mit denen ein Bruch mit der Ära Trump zementiert werden soll. Der frühere US-Präsident Obama wünschte seinem ehemaligen Vize viel Glück bei der gewaltigen Aufgabe, die vor ihm liegt. „Das ist Deine Zeit.“

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Kamala Harris geht als erste Frau und erste Schwarze im Vizepräsid­entenamt in die Geschichte der USA ein.
 ??  ?? Am Lincoln Memorial gedachten Harris und Biden vorgestern Abend – gemeinsam mit ihren Ehepartner­n – den mehr als 400 000 Corona-Toten in den USA.
Am Lincoln Memorial gedachten Harris und Biden vorgestern Abend – gemeinsam mit ihren Ehepartner­n – den mehr als 400 000 Corona-Toten in den USA.
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