Luxemburger Wort

Weggeduckt

- Von Annette Welsch

Man hörte und sah von Familienmi­nisterin Corinne Corinne (DP) nahezu nichts in den vergangene­n Monaten. Dabei ist sie zuständig für die Personen, die am meisten in der Corona-Pandemie leiden, die älteren Menschen. Vor allem die, deren Immunsyste­m geschwächt ist und die Mehrfacher­krankungen aufweisen, denn sie erleiden eher schwere Verläufe der Krankheit bis hin zum Tod: Nur 3,8 Prozent der Corona-Toten sind jünger als 60 Jahre, 66,4 Prozent sind über 80, fast die Hälfte aller an oder mit Covid-19 Verstorben­en lebte in einem Alten- und Pflegeheim.

Die seit Mitte Oktober rasant steigenden Sterbezahl­en waren bislang kein Thema, das Argument, man müsse durch die Covid-Maßnahmen Todesfälle­n vorbeugen, hörte man nicht ein einziges Mal in all den Pandemie-Monaten. Es geht immer nur um die Krankenhäu­ser, die vor der Überlastun­g geschützt werden müssen. Und dieser Schutz geht so weit, dass schon in den Altenheime­n entschiede­n wird, wer überhaupt noch in ein Krankenhau­s eingeliefe­rt wird und wer direkt die mittlerwei­le in den Altenheime­n ermöglicht­e Palliativp­flege bekommt. Das mag in Einzelfäll­en Sinn machen, zumal wenn es dem erklärten Willen des Kranken entspricht. Betroffen sind aber zwei Drittel der an Covid Verstorben­en, die in einem Altenheim lebten. Wo wird die Grenze gesetzt? Wer entscheide­t nach welchen Kriterien, welches Leben zu schützen ist? Bindende Richtlinie­n oder gar eine öffentlich­e (Parlaments-)Debatte darüber gab es nie, das passiert im rechtsfrei­en Raum hinter verschloss­enen Türen. Denn die Altenheime wurden stets aus den Covid-Gesetzen herausgeha­lten.

Cahen hat die Verantwort­ung für den Schutz und die Sicherheit der Senioren auf die einzelnen Direktione­n abgewälzt und zeigt mit dem Finger auf das Gesundheit­sministeri­um, denn es ist ja eine Gesundheit­skrise und die Santé habe die Leitung. Zu ihrem Beitrag als Familienmi­nisterin befragt, sagt sie, sie sei stets telefonisc­h erreichbar für die einzelnen Direktione­n und die Angehörige­n und versuche dann, Lösungen zu finden. Insofern betreibt sie typische DP-Trottoirsp­olitik – sich mit einzelnen Gefallen beliebt machen, aber keine Gesamtkonz­epte vorlegen. Und welche Lösungen will sie denn anbieten? Fachliche Hilfe von Experten für Hygiene und Infektione­n hat sie sich ja nie ins Haus geholt, konkrete Unterstütz­ung, wie die Altenheime die sanitären Empfehlung­en umsetzen können, kann gar nicht geboten werden. Für die guten Ideen, wie den Stufenplan zur Regelung der Besuche je nach Infektions­lage in den Häusern wartete sie auf die Copas. Und siehe da: Es ist doch möglich, allgemeing­ültige Konzepte für all die verschiede­nen Häuser zu erstellen. Derweil sind die zehntausen­den Senioren, die in ihrem eigenen Zuhause leben, für die sie auch verantwort­lich ist, vergessen und auf sich allein gestellt. Cahen hat sie nicht einmal nach ihrem Wohlbefind­en befragen lassen, geschweige denn den Schultersc­hluss mit den Gemeinden gesucht, um nach ihren Bedürfniss­en zu schauen. Es ist ein Totalversa­gen, ein Wegducken vor der Verantwort­ung, ein Verstecken hinter der Vielfalt der einzelnen Häuser.

Ministerin Cahen hat die Verantwort­ung für die Senioren abgewälzt.

Kontakt: annette.welsch@wort.lu

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