Flucht ins Paradies
Zahlreiche Influencer zieht es derzeit nach Dubai – zum Arbeiten, Urlauben oder auch zum Leben
Die Tageshöchsttemperatur beträgt zwischen 24 und 26 Grad, auch nachts wird es mit 14 bis 16 Grad nicht bitterkalt. Wettertechnisch hat die Stadt Dubai, die zugleich ein Emirat ist, die Nase vorn. Und nicht nur das: Auch in Sachen Corona-Virus scheint die Metropole auf der Arabischen Halbinsel mit rund 3,3 Millionen Einwohnern zumindest aus Sicht eines Urlaubers zu den Gewinnern zu zählen. Das Leben geht hier nahezu unverändert weiter. Zwar ist das Tragen eines Mund-NasenSchutzes obligatorisch, aber Geschäfte, Restaurants und Strände sind weiterhin geöffnet.
Diese Vorteile wissen auch Social-Media-Stars zu nutzen. Ein erforderlicher PCR-Test bei der Einreise – inklusive Quarantäne bis zum Erhalt des Ergebnisses – schrecken nicht ab. In den vergangenen Wochen überschwemmten daher einige Influencer die sozialen Netzwerke mit Beiträgen aus dem Emirat. Etwa Cathy Hummels, Ehefrau des Fußballers Mats Hummels. Sie versorgte ihre rund 606 000 Follower mit einigen netten Eindrücken aus Dubai, etwa Aufnahmen der schlanken Influencerin bei einer Fitnesseinheit im Freien.
„Stay at Home“als Reaktion Nicht bei allen Fans kam die Reise, die laut Hummels hauptsächlich geschäftlichen Zwecken diente, gut an. Mit „Stay at Home“kommentierte ein User die Fotos der Sportsession. „Hier geht es um privates Vergnügen und Urlaub – verpackt als Dienstreise“, fügte eine Instagram-Nutzerin hinzu. Trotzdem schaffte es die Influencerin, mehr als 10 000 Likes für diesen Beitrag zu generieren. Unter einem anderen Posting, einem Fitnessvideo, reagierte die 32-Jährige schließlich auf die Kritik – wenn auch etwas unprofessionell: „Also wenn's dir nicht gefällt, geh wo anders hin.“
Nicht nur die deutschen Influencer haben Dubai als Zielort für ihren Winterurlaub ausgewählt – auch Social-Media-Prominenz aus dem Großherzogtum verbrachte sonnige Tage im Emirat, das mit dem Flugzeug ab Luxemburg via Amsterdam in etwa zehn Stunden zu erreichen ist. Ticketpreise: derzeit weit unter 500 Euro.
Emilie Higle, eine in Luxemburg lebende Französin, die auf Instagram rund 112 000 Fans zählt, reiste in den vergangenen Wochen gleich zwei Mal nach Dubai. Von dort beglückte sie ihre Anhänger mit zahlreichen Aufnahmen, unter anderem mit Strandfotos. „Ich wurde in der Vergangenheit schon häufig vom Tourismusbüro Dubais eingeladen, um das Reiseziel zu bewerben, aber nicht dieses Mal“, so die Influencerin, die sich selbst als Content Creator bezeichnet, auf Rückfrage. „Ich bin kürzlich aus persönlichen Gründen nach Dubai gereist.“
Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus scheint Higle nicht zu haben. Sie fühlte sich dort stets sicher. „Alle Sicherheitsvorkehrungen
werden respektiert und vorgenommen. Zudem wird ein PCR-Test benötigt, wenn man einund ausreist. Und es wird jedes Mal, wenn man ein Hotel, ein Restaurant oder eine Mall betritt, Fieber gemessen.“
Positives Feedback
Die Kommentare unter den Postings von Emilie Higle sind überraschenderweise allesamt positiv. Ihre zumeist frankophone Anhängerschaft ist offenbar weniger kritisch als etwa die deutschsprachigen Fans von Kollegin Cathy Hummels. „Meine Follower sind wirklich nett und berichten mir, wie sehr sie meine Postings inspiriert haben“, so Higle. „Sie fühlen sich, als wären sie dank meiner Storys auch selbst verreist.“
Eine andere Social-Media-Persönlichkeit aus dem Großherzogtum mit einer Followerzahl im niedrigen fünfstelligen Bereich, die auf ihrem Profil in den vergangenen Wochen ebenfalls zahlreiche Bilder aus Dubai postete, gibt an, dort Familienmitglieder besucht zu haben. Danach habe sie sich eine Woche lang isoliert und vier Tests gemacht. „Um sicherzugehen, dass ich nichts mitgebracht habe“, so die Influencerin, die lieber anonym bleiben möchte. Auch hier: von negativen Kommentaren keine Spur. Ob die Reise in Pandemiezeiten nun notwendig war oder nicht – hinterfragt wird sie von den Fans zumindest nicht.
Noch mehr Besucher erwartet
Für den Normalbürger könnte Dubai – oder die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Allgemeinen – demnächst ebenfalls zum Urlaubsziel Nummer eins werden: Bislang wurden in den VAE bei einer Einwohnerzahl von etwas weniger als zehn Millionen bereits mehr als zwei Millionen Corona-Impfdosen verabreicht, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg vermeldete. Grund für diese hohe Zahl – im Vergleich wurden nur in Israel mehr Menschen geimpft – ist die Angst vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch: Der Tourismus spielt vor allem in Dubai eine wichtige Rolle, sichert unzählige Arbeitsplätze.
Mit rund 16 Millionen Besuchern galt Dubai bislang als eine der meistbesuchten Städte der Welt. Der Zustrom an Reisenden soll daher nicht abnehmen – oder gar gestoppt werden. Die Verantwortlichen hoffen sogar, dass die Weltausstellung, die im Oktober ihre Tore öffnen soll, wie geplant stattfinden kann und dann in sechs Monaten geschätzte 25 Millionen Menschen anlockt.
Einige Influencer müssen übrigens erst gar nicht nach Dubai reisen, um Sonne und Strand zu genießen – denn sie leben bereits dort: Seit geraumer Zeit verzeichnet das Emirat einen Zuzug von deutschsprachigen Instagram- und YouTube-Stars wie etwa Sami Slimani (Instagram: 1,4 Millionen Follower), Sarah und Dominic Harrison (2,7 und 1,1 Millionen Follower) oder Simon Desue (2,1 Millionen Follower).
Das gute Wetter und die Privatsphäre sind womöglich nicht die einzigen Gründe für die Emigrationsbewegung in Richtung Dubai: Im hochmodernen Emirat werden keine Einkommenssteuern erhoben. Auch Kapitalerträge sind steuerfrei. Zugeben will das von den Influencern, die teilweise monatlich sechsstellige Beträge einnehmen, wohl niemand.
Meine Follower sind wirklich nett und berichten mir, wie sehr sie meine Postings inspiriert haben. Emilie Higle, Influencerin
Spätestens im Sommer werden es wohl einige der neuen EmiratBewohner bereuen, ihren Lebensmittelpunkt auf die Arabische Halbinsel verlegt zu haben: Ab Mai steigen nämlich die Temperaturen gerne mal auf 40 Grad oder mehr. Dann werden nicht nur sie, sondern auch Urlauber eher europäische Destinationen bevorzugen. Zumindest bis Oktober, wenn die Temperaturen langsam sinken und die Weltausstellung womöglich ihre Türen öffnet.