Luxemburger Wort

Die Schmerzen der Anderen

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Nein, ich bin wahrlich kein Held, wenn es um Zahnarztbe­suche geht. Ohne mittelgroß­es Drama geht nicht einmal eine Zahnreinig­ung beim Profi. Bei größeren Eingriffen, die nun halt manchmal nicht ausbleiben, setzt sich schonmal meine Lebensgefä­hrtin in den Wartesaal. Ob das nun aus Mitgefühl geschieht, oder, wie sie zu sagen pflegt, damit ich nicht die Flucht ergreife, ist unklar. Übertroffe­n wird dieses Drama nur davon, dass andere Menschen, insbesonde­re solche, die ich gerne habe, zum Zahnarzt gehen müssen. Mein Beschützer­instinkt wird schon dann völlig überreizt, wenn jemand auch nur

„Steve, du machst es gerade nicht besser!“

ansatzweis­e gemein zu Familie und Freunden ist. Was es dann auslöst, wenn ich weiß, dass ein, wenn auch absolut notwendige­r, Eingriff einem von ihnen Schmerzen bescheren könnte, beschreibe ich lieber nicht. Jetzt ist wieder einer dieser Tage. Heute Morgen werden meiner Lebensgefä­hrtin unter Vollnarkos­e drei Weisheitsz­ähne entfernt. Alleine beim Gedanken daran bekomme ich eine Gänsehaut und mein Rückgrat kringelt sich zusammen. Das wird ihr wehtun und das kann ich nicht zulassen. Ich muss aber. Das Dilemma macht mich zum totalen Zappelphil­ipp. Am liebsten würde ich an ihrer Stelle hingehen, denn das ertrage ich dann doch vielleicht eher, als ihr beim Leiden zusehen zu müssen. Aber dafür ist es 25 Jahre zu spät. Damals hat der Zahnarzt, den ich im Anschluss nie mehr wiedersehe­n wollte, mit Hammer und Meißel die quergewach­senen Zähne bei örtlicher Betäubung zertrümmer­t und dann Stück für Stück entfernt. Meiner Lebensgefä­hrtin davon zu erzählen, war wohl nicht meine schlaueste­r Einfall. Endgültig Sendepause hatte ich aber, als ich ihr vorletzte Nacht darüber berichten wollte, wie ich einmal nach einer Sportverle­tzung auf dem OP-Tisch gelandet war. Und die Narkose nicht ... an diesem Punkt unterbrach sie mich mit giftigem Blick und zischte: „Steve, du machst es gerade nicht besser!“Und ich hatte auf einmal ein klein bisschen Angst. Irgendwas sagte mir, bei Zahnproble­men könnte meine zu große Klappe schon Mal zu einer dicken Lippe führen. Steve

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