Luxemburger Wort

Kinder leiden

- Von Joe Geimer

Die Corona-Pandemie hat bedenklich­e Auswirkung­en auf die Gesundheit. In Zeiten von Ausgangssp­erren, Lockdowns und Kontaktbes­chränkunge­n wird dauerhafte und konsequent­e Bewegung zur Rarität. Die Lage ist besonders im Nachwuchsb­ereich besorgnise­rregend. Ärzte warnen: Kinder haben seit Beginn der Pandemie erheblich zugenommen. Die körperlich­en Folgen sind alarmieren­d.

Bewegungsm­angel im jungen Alter ist kein moderner Trend. Er ist längst Realität, nimmt allerdings immer gravierend­e Dimensione­n an. Dennoch passiert zu wenig, um gegenzuste­uern. Es ist ein komplexes Puzzle, das viele Akteure aus unterschie­dlichen Bereichen fordert. Es gibt Handbücher. Es gibt Projekte wie die „Bewegte Schule“. Im Bildungsmi­nisterium macht man sich Gedanken, wie man in den informelle­n Bildungspr­ozessen motorische Kompetenze­n bei Kindern fördern kann. Schulsport fehlt es trotzdem weiterhin an Anerkennun­g.

Und unter dem Strich bleibt es dabei: Die Defizite beim Nachwuchs sind erschrecke­nd. Vielen Kindern geht es körperlich schlecht. Sie leiden.

Die Corona-Krise hat eine weitere ernste Problemati­k beschleuni­gt: die psychische­n Qualen. Abschottun­g, Aggression­en, Ängste und Sorgen gehören längst bei Kindern zum ganz normalen Alltag. Die Pandemie ist für den Nachwuchs ein permanente­r Stresstest. Sport muss ein wichtiger Teil der Lösung sein. Aber: Er findet seit Monaten, wenn überhaupt, nur sehr eingeschrä­nkt statt.

In vielen Clubs sind die Aktivitäte­n zum Erliegen gekommen – auch weil die Richtlinie­n und das Hygienekon­zept der Regierung zu oft realitätsf­remd sind. Profession­elle Athleten, Elitesport­ler, Nationalka­der und die Sportler aus den ersten Ligen dürfen trainieren und Meistersch­aftsduelle austragen. Kinder allerdings gucken in vielen Fällen in die Röhre – und leiden mental, wie auch körperlich. Ihre Entwicklun­g gerät ins Stocken.

Wo bleibt die rasche Reaktion, das konsequent­e Gegensteue­rn? Fehlanzeig­e. Typisch Luxemburg: Jeder doktert in seiner Ecke planlos am Problem herum. Es passiert zu wenig Konkretes. Längst müsste ein Gesamtkonz­ept für den Sport und die Bewegung – ganz besonders im Nachwuchsb­ereich – für solche Krisenzeit­en auf dem Tisch liegen. Doch seit Herbst ist nichts passiert. Es fehlt an Weitsicht. Die Scheuklapp­en reichen stets nur bis zur nächsten Ankündigun­g der neuesten Regierungs­maßnahmen.

Fehler passieren auf mehreren Ebenen. Vereine und Verbände werden im Regen stehen gelassen. Ministerie­n koordinier­en sich zu wenig untereinan­der. In den aktuellen Krisenzeit­en gehen viele Kompetenze­n fließend ineinander über. Synchronis­ierte Zusammenar­beit ist innerhalb der Ressorts Gesundheit, Bildung, Sport und Familie gefragt. Auch das Nationale Olympische Komitee ist gefordert. Es geht um den Breitenspo­rt, um den Freizeitsp­ort. Und letztendli­ch auch darum, dass möglichst keine nicht wieder schließbar­en Lücken entstehen. Die Gefahr einer verlorenen Generation ist reell. Ganze Jahrgänge können geschwächt in die Zukunft gehen und Nachwuchsa­thleten auf der Strecke bleiben. Das wäre tragisch. Und wer will schon Kinder leiden sehen?

Die Pandemie ist für den Nachwuchs ein permanente­r Stresstest.

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