Der Prophet des Trumpismus ist verstummt
Der verstorbene rechte Radio-Talker Rush Limbaugh hetzte sein Publikum auf, lange bevor es Donald Trump tat
Viel Gutes gibt es über den Toten nicht zu sagen, dessen Ableben seine vierte Frau Kathryn (44) den 15 Millionen Zuhörern der „The Rush Limbaugh Show“am Mittwoch verkündete. „Wie ihr wünschte ich so sehr, dass Rush hinter diesem goldenen Mikrofon säße.„ Leider müsse sie bekannt geben, dass ihr „wunderbarer Mann” an den „Komplikationen von Lungenkrebs” gestorben sei.
Ein traumatischer Tag für die Fans, die sich selber „Dittoheads” nennen, weil sie unkritisch nachplappern, was der schwergewichtige Radio-Talker seit 1984 über zuletzt 650 Stationen verbreitete. Das war oft purer Hass unterlegt mit glatten Lügen und platter Hetze. Ohne Manuskript und „Sidekick“wetterte Limbaugh täglich für drei Stunden gegen „Feminazis” (Feministinnen), „Baum umarmende Irre” (Umweltschützer) und „Mitleids-Faschisten” (Sozialarbeiter). Er machte sich über AIDS-Kranke lustig, zog über die Parkinson-Erkrankung des Schauspielers Michael J. Fox her und nannte Klinken, in denen Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden, Todeslager.
Verbreiter der Lügentheorie über Geburt Obamas
Vor allem verbreitete Limbaugh in seinem Programm unverblümten Rassismus. Er machte es in rechten Kreisen hoffähig , über Schwarze und andere Minderheiten herzuziehen. Und er half Trump, die „Birther“-Lüge in Umlauf zu bringen, die behauptete, Barack Obama sei kein gebürtiger Amerikaner, sondern in Wirklichkeit in Kenia geboren. „Ohne Rush Limbaugh hätte es keinen Donald Trump gegeben”, beschreibt der demokratische Ex-Senator Al Franken den Einfluss des Zigarre rauchenden Machos auf die Republikaner. Diesen hatte der Satiriker schon 1996 in seinem Buch „Rush
Limbaugh Is a Big Fat Idiot” nachgezeichnet. Das war kurz nachdem Newt Gingrich mit seinen konservativen Revolutionären den Kapitolhügel eroberte.
Spätestens in der Obama-Ära übernahm Limbaugh de facto die Führung der kopflos gewordenen
Partei. Der College-Abbrecher, der als Talker im Jahr 85 Millionen Dollar verdiente, schürte wie kein zweiter die rechte Jammerkultur, in der sich Täter zu Opfern, Wohlhabende zu Notleidenden und Gewinner zu Verlierern stilisieren. Ein Modell, dass Trump erfolgreich kopierte. Heerscharen von Republikanern pilgerten nach Palm Beach, wo der politische Königsmacher unweit von Mar-a-Lago-Villa in einem 2.400 Quadratmeter-Anwesen am Strand samt Fuhrpark mit Luxus-Limousinen und Privatjet residierte.
Als der Ex-Präsident 2015 die goldene Rolltreppe im TrumpTower herunter schwebte, um seine Präsidentschaftskandidatur mit Tiraden gegen mexikanische Vergewaltiger und Muslime anzukündigen, erkannte Rush sein Ebenbild.
Trump dankt seinem Unterstützer
mit der höchsten Ehrung Enthusiastisch feuerte er den „Amerika Zuerst”-Präsidenten in seiner Radio-Show an, wofür Trump ihm im Februar 2020 mit der Verleihung der Freiheitsmedaille dankte – eine der beiden höchsten zivilen Auszeichnungen der Vereinigten Staaten von Amerika. Einen Tag vorher hatte Limbaugh seinen „Dittoheads” seine Diagnose mit Krebs bekannt gemacht. Bis zum bitteren Ende verbreitete der Talker hinter seinem goldenen Mikrofon die Lügen seines Spiegelbilds im Weißen Haus. Dass Covid-19 nicht mehr als eine „kleine Erkältung”, die Wahlen manipuliert und Trump um den Sieg betrogen worden sei.
Manche Kritiker erkennen in dem Zusammentreffen der Erdrutschniederlage des Ex-Präsidenten und dem Tod seines Wegbereiters den Anfang vom Ende einer toxischen Ära in Amerika. Trump dagegen lobte den im Alter von 70 Jahren verstorbenen Nachbarn hymnisch wie einen Märtyrer seiner Bewegung. Er wünsche ihm ein „besseres Jenseits”, in dem Limbaugh „frei von Schmerz und Feindseligkeiten” sei. Kein Zweifel – der Prophet des Trumpismus ist verstummt, aber der Opferkult lebt weiter.
Ohne Rush Limbaugh hätte es keinen Donald Trump gegeben. Der demokratische Ex-Senator Al Franken