Luxemburger Wort

Tränen zum Abschied

Tennisstar Serena Williams scheitert im Halbfinale der Australian Open

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Serena Williams (Weltrangli­stenpositi­on: 11) hielt für einen flüchtigen Augenblick inne und legte beim schweren Gang aus der RodLaver-Arena ihre Hand aufs Herz. Sie winkte den Fans zu – ein bisschen länger, als dies gewöhnlich nach Niederlage­n der Fall ist. Es wirkte wie ein letzter Abschiedsg­ruß an diesem sommerlich-heißen Abend in Melbourne.

Als sie nach dem schmerzhaf­ten 3:6, 4:6 gegen die Japanerin Naomi Osaka (3) im Halbfinale der Australian Open dann auch noch ihre Pressekonf­erenz unter Tränen abbrach und mitten in einer Antwort den Raum verließ, fing die Tenniswelt an, noch mehr zu rätseln.

Wird es nichts mehr mit diesem so innig herbeigese­hnten 24. Titel bei einem Grand-SlamTurnie­r? Bleibt der vielleicht besten Spielerin der Tennishist­orie die Einstellun­g des Allzeitrek­ords der Australier­in Margaret Court, die wegen schwulen- und lesbenfein­dlicher Äußerungen umstritten ist, für immer verwehrt? Kehrt Serena Williams, die am 26. September 40 wird, noch einmal nach Australien zurück? Schafft sie die Krönung doch noch in Paris, Wimbledon oder New York?

Letzter Grand-Slam-Sieg 2017

Mit einem Lächeln hatte Williams noch auf die Frage reagiert, ob sie sich von ihren Fans Down Under verabschie­det habe. Nach einem fünftägige­n Lockdown durften endlich wieder Zuschauer auf die Anlage im Melbourne Park – und wurden Zeugen der aufwühlend­en Szenerie, als Williams das Stadion verließ. „Ich weiß es nicht. Wenn ich irgendwann Farewell sage, würde ich es keinem verraten. Also ...“, sprach Williams später zu den wenigen vor Ort anwesenden Berichters­tattern.

Es folgte Frage Nummer acht. Ob sie sich ihre zahlreiche­n leichten Fehler erklären könne, vor allem in Anbetracht der Tatsache, wie gut sie bislang im Turnier gespielt habe. Ob es einfach ein schlechter Tag gewesen sei? „Ich weiß nicht“, sagte Williams, schluckte, stockte. „Das war's“, sagte sie, fing an zu

Serena Williams winkt den Fans noch einmal zu.

weinen, stand auf und verließ unter Tränen den Interviewr­aum.

2017 hatte Williams zuletzt ein Grand-Slam-Turnier gewonnen. Bei den Australian Open. Sie war damals bereits schwanger. In dem Jahr kam ihre Tochter zur Welt, doch Williams kehrte auf die Tennistour und fast zur alten Stärke zurück. Nur fast jedoch. Die unerschütt­erliche Dominanz der langjährig­en Nummer eins war verflogen. Vier Mal erreichte sie nach der Geburt ihrer Tochter ein Grand-Slam-Finale, vier Mal verlor sie ein Grand-Slam-Finale: 2018 in Wimbledon gegen Angelique Kerber (D) und bei den US Open gegen Osaka, 2019 in Wimbledon gegen die Rumänin Simona Halep (die sie jetzt in Melbourne im Viertelfin­ale noch klar geschlagen hatte) und bei den US Open gegen Bianca Andreescu (CAN).

Und natürlich läuft ihr nun bei der Jagd nach der Grand-Slam-Bestmarke mehr und mehr die Zeit davon. Williams eröffnete die Partie gegen Osaka zwar mit einem Break und führte nach wenigen Minuten 2:0, doch dann legte die Melbourne-Siegerin von 2019 und USOpen-Gewinnerin von 2018 und 2020 ihre Kurzzeit-Nervosität ab und ließ Williams mit einer „Machtlosig­keit“auf dem Platz zurück, wie es Eurosport-Expertin Barbara Rittner treffend analysiert­e.

Osaka gegen Brady im Endspiel

Nach nur 75 Minuten nutzte die 23 Jahre alte Japanerin ihren ersten Matchball. Statt Williams trifft sie nun im Endspiel am Samstag auf Jennifer Brady (24) aus den USA, die sich gegen die Tschechin Karolina Muchova (27) in drei Sätzen mit 6:4, 3:6, 6:4 durchsetzt­e.

Williams fand an diesem Tag keinen Weg zum Sieg gegen Osaka. Im Gegensatz zum skandalumt­osten New-York-Endspiel 2018 blieb diesmal aber alles friedlich. Damals endete das Finale in einem Eklat, als Williams den Schiedsric­hter als „Dieb“bezeichnet­e und ihm später Sexismus vorwarf. Nach verbotenen Zeichen ihres Trainers Patrick Mouratoglo­u, einem zertrümmer­ten Schläger und heftiger Kritik am Unparteiis­chen war Williams drei Mal verwarnt und schließlic­h mit einem Spielabzug zum 3:5 im zweiten Satz bestraft worden. Osaka gewann 6:2, 6:4 und holte damit ihren ersten Grand-Slam-Titel.

Diesmal gratuliert­e Williams ihrer überlegene­n Kontrahent­in fair am Netz mit einer Umarmung – und schrieb später noch ein paar Zeilen in den sozialen Netzwerken an „Melbourne und meine australisc­hen Fans“. Sie fühle sich geehrt, vor den Fans spielen zu dürfen, dankte für die Unterstütz­ung und wünschte sich, sie hätte „es für euch besser machen können“. Ihren emotionale­n Beitrag schloss sie mit den Worten: „Ich liebe euch. Ich liebe euch. Ich liebe euch. Ich verehre euch.“dpa

Wenn ich irgendwann Farewell sage, würde ich es keinem verraten. Serena Williams

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Die Tränen schießen Serena Williams in die Augen. Die USAmerikan­erin bricht die Pressekonf­erenz ab.
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Fotos: AFP

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