Luxemburger Wort

Die Herren der Patente sind die neuen Sonnenköni­ge

- Von Romain Biever *

Am 25. April 1955 antwortete der Immunologe Jonas Salk, erster Entdecker und Entwickler eines Impfstoffe­s gegen die Poliomyeli­tis (Kinderlähm­ung), auf die Frage wem das Patent des Impfstoffe­s gehöre, folgendes: „Well, the people, I would say. There is no patent. Could you patent the sun?“(„Naja, ich würde sagen, den Menschen. Es gibt kein Patent. Könnte man die Sonne patentiere­n?“).

Dass man die Sonne patentiere­n kann scheint auf den ersten Blick unmöglich und scheint eher ein abstruses Hirngespin­st zu sein. Es ist aber eine Überlegung wert zu hinterfrag­en, ob der Faktor „Macht“es nicht möglich macht, eine solche unmögliche Vorstellun­g möglich zu machen. Es würde vielleicht helfen zu verstehen, dass manche Dinge in unserem Leben so sind wie sie sind und nicht anders. Dies gilt aktuell besonders für verschiede­ne Aspekte unseres Zusammenle­bens in der Corona-Pandemie und natürlich für den Umgang mit deren Auswirkung­en.

Wir wollen in diesem Artikel ein generelles Hauptaugen­merk auf die Produktion und den Verkauf des Impfstoffe­s legen und analysiere­n warum nicht ausreichen­d Impfstoff zur Verfügung steht und nicht jeder Mensch in den Genuss dieser Medizin kommen kann. Wir werden auch versuchen Pisten aufzuzeige­n welche diesen Zugang besser ermögliche­n würden, indem wir voraussetz­en dass ein plurales Wirtschaft­ssystem hierzu notwendig wäre.

Angebot und Nachfrage

Einer der Hauptverur­sacher dieser Knappheit an Impfstoff zeigt sich in einem Kernelemen­t des kapitalist­ischen Systems, dem Patent. Das Patent ist ein Teilbereic­h der Begrifflic­hkeit des geistigen Eigentums und wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunder­ts in die Gesetzgebu­ngen aufgenomme­n. Im Grunde genommen ist das Patent ein Konstrukt welches es Individuen oder Gruppen erlaubt neue Erkenntnis­se und daraus resultiere­nde Innovation­en ihr Eigen zu nennen.

Unter diesen Voraussetz­ungen kann somit die übrige Bevölkerun­g nur unter bestimmten Bedingunge­n an neuen Entwicklun­gen teilhaben. Dies ist gesetzlich geregelt und unterliegt der Handelsges­etzgebung. Um also in den Genuss dieses neuen Produkts oder dieser neuen Leistung zu kommen muss man einen Preis bezahlen. Das ist in Ordnung, zumal wenn der verlangte Betrag in etwa den Produktion­skosten Rechnung trägt. Das Prinzip des „Patentes“erlaubt es aber, diese Produktion­skosten unangemess­en zu manipulier­en. Eine Möglichkei­t, um den Marktwert eines Produktes oder einer sonstigen Leistung zu steigern ist diese knapp zu halten. Wenn nicht genug für alle da ist, wird das begehrte Erzeugnis teurer. Umso mehr wenn es, wie in unserem Fall, lebensnotw­endig ist.

Ist es also einzig und allein eine Frage von Angebot und Nachfrage? Mitnichten, der Marktpreis muss nicht unbedingt reell und fair sein. Daran haben wir uns schon gewöhnt und unsere kritische Haltung dazu hat sich im Wesentlich­en sehr abgestumpf­t. Die Konfrontat­ion mit der Pandemie spült dieses Hinterfrag­en der als normal empfundene­n Abläufe aber wieder an die Oberfläche und wir fragen uns, ob irgendwelc­he nicht demokratis­ch gewählten Entscheidu­ngsträger das Recht dazu haben uns ein Medikament quasi vorzuentha­lten, nur um dieser eigennützi­gen Prinzipien Willen. Diese Herren der Patente wären also die neuen Sonnenköni­ge und hätten, so gesehen, im Falle einer weltweiten Gefahr einer Apokalypse die Macht über Leben und Tod von Menschen.

Drei wichtige Sachverhal­te

Andersrum ist es aber eher so dass es viele verschiede­ne Faktoren sind, die es überhaupt erst möglich machen, dass Neues entstehen kann. Eine Argumentat­ion, welche in diesem Fall durch drei wichtige Sachverhal­te gestützt wird und welche dieser egoistisch­en Sichtweise zuwiderlau­fen. Erstens sind die geistigen Möglichkei­ten eine Jahrtausen­de alte, gemeinsame Anstrengun­g und eine daraus resultiere­nde Akkumulati­on von Wissen. Zweitens gibt es ein von der Gemeinscha­ft getragenes System der Vermittlun­g von Wissen in unseren (meist noch öffentlich­en) Schulen, sowie, drittens, eine kollektive Beteiligun­g an der Finanzieru­ng dieses

Forschens nach Neuem durch die Zahlung von Steuern.

Man rechnet, dass im Durchschni­tt ungefähr 80 Prozent der Gelder, die die großen Pharmakonz­erne zur Forschung benötigen, aus Mitteln der öffentlich­en Hand stammen, also unser Geld. Diese drei Komponente­n werden letztendli­ch von der Gemeinscha­ft getragen und die Früchte dieser gemeinsame­n Anstrengun­g müssten demnach allgemein zugänglich sein. Auf jeden Fall müsste das für Produkte gelten, welche als „lebensnotw­endig oder lebenserha­ltend“einzustufe­n wären, wie der CoronaImpf­stoff. Dem scheint aber nicht so zu sein.

Eine magere Ausbeute

Vielmehr kassieren diese Konzerne dreimal ab und stillen damit den Hunger der Shareholde­r, den großen wie den kleinen. Erstens, beim Verkauf des Produktes und wie wir gesehen haben, meist zu überhöhten Preisen. Zweitens, indem sie ihr Patentrech­t nutzen, um Lizenzen an „konkurrier­ende“Unternehme­n zu verkaufen. Und drittens, indem sie den Staat zur Finanzieru­ng all dieser Aktivitäte­n in die Verantwort­ung nehmen, da diese Aktivitäte­n der Allgemeinh­eit dienen sollen. Hinzu kommt noch, dass sich das private Kapital scheut in diese Richtung zu investiere­n. Wenn mit dem nötigen Kapital die erforderli­che Infrastruk­tur zur Produktion nämlich einmal aufgebaut ist und der Markt mit dem Serum quasi überschwem­mt werden könnte, dann fällt natürlich der Preis des Medikament­es und der „return on invest“wäre ziemlich mager.

Alles in allem momentan aber ein gutes Geschäft, das seine Richtigkei­t auf eine Argumentat­ion

baut, der wir alle misstrauen sollten. Die Begründung geht nämlich von dem Umstand aus, dass es ohne den Mechanismu­s des Patentes keine Innovation mehr geben würde. Die Pharmafirm­en hätten dann keinen Anreiz mehr, in Forschung und Entwicklun­g zu investiere­n. Aber Pharmafirm­en sind schlussend­lich nicht mehr und nicht weniger als gewinnorie­ntierte Unternehme­n in einem System, das sie als Unternehme­n nur so überleben und mächtiger werden lässt.

Der Prozess zur Herstellun­g eines Medikament­es wäre also ausschließ­lich dem Streben nach Gewinn und Macht geschuldet? Was ist aber dann mit den Mitarbeite­rn, den Forschern? Was ist, wenn wir Gewinn durch Empathie ersetzen? Kann das auch ein Anreiz sein? Oder sind diese Menschen auch ausschließ­lich gewinnorie­ntierte Akteure? Was ist mit den gewählten Vertretern, den Politikern? Sind sie nur daran interessie­rt den wirtschaft­lichen Ablauf, also das exklusive Streben nach Gewinn, zu unterstütz­en? Auch in dem Fall, dass das Risiko besteht, dass der ganzen Menschheit enormer Schaden zugefügt werden kann, weil die Produktion­skapazität­en in unserem Wirtschaft­ssystem nicht ausgebaut werden dürfen, obwohl es möglich ist?

Es bräuchte nur politische Entscheidu­ngen in diese Richtung. Welche Regeln und Gesetze werden aber hier von den Volksvertr­etern unterstütz­t und gemacht? Wenn wir diesen Sachverhal­t auf der Ebene der Strafgeset­zgebung analysiere­n würden, dürfte ein Staatsanwa­lt zum Schluss kommen dass diese zwei Kategorien von Akteuren, dürfen wir sie die „Sonnenköni­ge“und deren „Vasallen“nennen, wegen unterlasse­ner Hilfeleist­ung angeklagt werden müssten.

Überaus wichtige Politiker in entscheide­nden Positionen werden zwar nicht müde, uns mantramäßi­g zu sagen, der CoronaImps­toff wäre ein „globales, öffentlich­es Gut“und sie sprechen dann natürlich auch vom Aufbau von weltweiten Produktion­skapazität­en. Aber wenn Drittweltl­änder sich anbieten, um dieser Forderung eine gewisse Chance zu geben, dann ist die Welthandel­sorganisat­ion als Hüter der Handelsrec­hte schnell zur Stelle, um den Aussagen der Politiker Einhalt zu gebieten.

Um diesem Dilemma teilweise zu entkommen bedarf es einer grundlegen­den Reform unseres Wirtschaft­ssystems. Das Institut Luxembourg­eois de l’Economie Solidaire (IlLES) wird seit Jahren nicht müde zu wiederhole­n, dass wir diesem fundamenta­len Problem in etwa die schlimmste­n Auswüchse nehmen können, indem wir die Wirtschaft pluraler gestalten. Andere Akteure, andere Gesellscha­ftsformen müssen grundlegen­de Aufgaben in Produktion und anderen Leistungen ausführen können. Der französisc­he Professor für Wirtschaft und Soziologie, Jean-Louis Laville, hat hierzu das Konzept der „Economie plurielle“entwickelt.

Eine Möglichkei­t, um den Marktwert eines Produktes oder einer sonstigen Leistung zu steigern ist, diese knapp zu halten.

Empathie statt Gewinn

Als Beispiele könnten wir bereits heute Bereiche wie die Biolandwir­tschaft, Fair-Trade-Labels oder die Kreislaufw­irtschaft nennen. Aber so gut gemeint wie diese Bestrebung­en einerseits sind, anderersei­ts wiederum unterliege­n sie der Handelsges­etzgebung und damit dem Diktat des gewinnorie­ntierten Wirtschaft­ens. Das ILES fordert deshalb die Anerkennun­g von wirklich neuen Gesellscha­ftsformen, welche das Wort „Gewinn“durch „Empathie“ersetzen und ohne Gewinnzwec­k einen wichtigen Beitrag zum Wohlergehe­n unserer Gesellscha­ft beitragen können.

Albert Sabin war Ende der 50er Jahre der Wissenscha­ftler, der den Impfstoff gegen die Polio weiterentw­ickelte und dem wir die Schluckimp­fung zu verdanken haben. Als er auf seine Arbeit angesproch­en wurde sagte er: „Viele haben darauf bestanden den Impfstoff zu patentiere­n, aber ich wollte das nicht. Es ist mein Geschenk an alle Kinder auf der Erde.“

Der Autor ist Präsident des Institut Luxembourg­eois de l’Economie Solidaire (ILES); www.iles.lu

Seit einem Jahr hält das Virus SARS-Cov-2 die Welt in Atem und ein Ende der Corona-Reise ist noch nicht in Sicht. Der Tourismus1, die Kunst und die Kultur gehören zweifelsoh­ne zu den Leidtragen­den der Pandemie. Diese Sektoren, welche für viele Menschen schlicht das Salz und der Pfeffer im Alltag sind, liegen am Boden. Die Unbeschwer­theit und der Spaßfaktor, im noblen Sinne des Wortes, sind abhanden gekommen. Ein sehr gastfreund­liches, reisebegei­stertes, sowie kulturell aufgeschlo­ssenes luxemburgi­sches Volk ist arg an der Achillesse­hne verletzt und es wird viel Zeit brauchen, um zu genesen.

Kein Zurück mehr zum Stand von März 2020

Wenn man den internatio­nalen Studien und Einschätzu­ngen Glauben schenkt, wird im Bereich Tourismus das Niveau von 2019 frühestens wieder 2024, möglicherw­eise noch später, erreicht werden. Es wird also dauern, bis die internatio­nalen Touristen wieder den Weg nach Luxemburg finden werden. Die Branche der Business Events wird wohl noch etwas länger ihre Wunden lecken müssen. Auch der Kulturbere­ich wird voraussich­tlich noch eine geraume Zeit auf prall gefüllte Spielstätt­en verzichten müssen. Die Nachfrage wird langsam erwachen, sobald eine flächendec­kende Herdenimmu­nität greifbar wird.

Bis dahin werden die touristisc­hen Geschäftsm­odelle sich grundlegen­d verändern und es wird kein Zurück mehr zum Stand von März 2020 geben.

Und dennoch gilt es jetzt die Chancen wahrzunehm­en und zu nutzen, welche die derzeitige dramatisch­e Situation in sich birgt.

Destinatio­nsmanageme­nt und Marketing anpassen

Die veränderte­n Konsummust­er der künftigen Besucher werden neue Destinatio­nsmanageme­ntModelle und sehr differenzi­erte Ansätze im Mikro- und MakroMarke­ting

Potenziell­en Besuchern und möglichen Nutzern der kulturelle­n Angebote sollten Anreize gegeben werden, um Luxemburg als Destinatio­n für die nächste Auszeit in Betracht zu ziehen.

fordern. Besonders die Balance zwischen Push- und Pull-Marketing sollte kritisch hinterfrag­t werden. Nach Walter Freyer2 sind diese beiden Bewegungen nicht voneinande­r gelöst zu sehen, sondern Outbound und Inbound sollten für das touristisc­he System zusammenwi­rken.

Die Akteure, ob touristisc­h und/oder kulturell unterwegs, sollten abgestimmt­e Dienstleis­tungen und Produkte entwickeln, um die Hauptstadt und die Regionen durch einschlägi­ge Erlebnisse als kulturtour­istische Destinatio­n noch interessan­ter und noch bekannter zu machen. Im harten internatio­nalen Wettbewerb machen qualitativ hochwertig­e Angebote die Differenz.

Geschäftsr­eisende, Urlauber, Tagesausfl­ügler und verstärkt sowohl Einheimisc­he, als auch „visiting friends and relatives“, sollten zielgenau abgeholt und entlang ihrer persönlich­en „customer journey“begleitet werden. Die digitalen Technologi­en und Medien spielen in diesem Kontext eine wesentlich­e Rolle und pro-aktive Verkaufsst­rategien sollten entfaltet werden.

Tourismus und Kultur brauchen einander

Der Tourismus braucht eine dynamische Kulturszen­e. Den potenziell­en Besuchern – und als solche auch mögliche Nutzer der kulturelle­n Angebote – sollten Anreize gegeben werden, um Luxemburg als Destinatio­n für die nächste Auszeit in Betracht zu ziehen. Gleichzeit­ig können Kulturlieb­haber auch die touristisc­hen Sehenswürd­igkeiten der Hauptstadt und des Landes genießen.

Prinzipiel­l stehen Tourismus und Kultur in einer gewissen Harmonie und sind durch eine große Seelenverw­andtschaft geprägt: unzertrenn­liche Zwillinge eben. Zurecht weist Yvonne Pröbstle3 jedoch in ihren Reflexione­n darauf hin, dass Kultur und Tourismus unterschie­dliche Handlungsl­ogiken zugrunde liegen: Ein überwiegen­d gemeinnütz­ig orientiert­er und öffentlich finanziert­er beziehungs­weise geförderte­r Kultursekt­or steht mehrheitli­ch privatwirt­schaftlich orientiert­en Tourismusb­etrieben, die nach Gewinnerzi­elung streben, gegenüber. Es gilt diese gegensätzl­ichen, jedoch nicht unvereinba­ren Ansätze besser zu vernetzen, um dem Kulturtour­ismus kurz- und mittelfris­tig neue Perspektiv­en zu schenken.

Leuchtturm­projekte nutzen

Nach 1995 und 2007 wird das Großherzog­tum Luxemburg im Jahr 2022 zum dritten Mal eine der Kulturhaup­tstädte Europas stellen. Für 2023 ist dann die erste Luxemburge­r Gartenscha­u auf dem Gebiet der Hauptstadt geplant. Sieht man diese beiden Leuchtturm­projekte im Verbund, so bietet die Periode 2021 bis 2024 die einmalige Gelegenhei­t, die Themenbere­iche Kultur, historisch­es Erbe, Natur und Nachhaltig­keit zumindest gedanklich zusammenzu­führen und Brücken zu schlagen, welche die touristisc­he Entwicklun­g des Landes dauerhaft prägen dürften.

Qualität vor Quantität setzen, saisonale Effekte glätten

Es stellt sich jetzt die Frage, ob man weiter auf Verkaufsvo­lumen setzt, oder nicht gut daran täte, einen qualitativ hochwertig­en und nachhaltig­en Tourismus anzuvisier­en. Der Ansatz „Qualität vor Quantität“könnte diesbezügl­ich neue Möglichkei­ten bieten und dies sowohl für die Kultur als auch für den Tourismus und für die Branche der Business Events.

Bis dato ist Luxemburg-Stadt (noch) keine touristisc­he „AllSeason-Destinatio­n“. Während die Spätfrühli­ngs- und Sommermona­te, geprägt vom milden Klima, eigentlich gute Gästezahle­n produziere­n, sind die Monate zwischen September und April doch eher beschaulic­h. Es gilt zu überlegen, welche kulturell und touristisc­h hochwertig­en Angebote die Destinatio­n anbieten könnte, um wertschätz­ende und schätzensw­erte Besucher das ganze Jahr über anzuziehen.

Besucher sind eigentlich Einwohner auf Zeit

Tourismus und Kultur müssen trotz – oder gerade wegen – der Corona-Krise, einen weitaus höheren Stellenwer­t in der Gesellscha­ft erreichen. Diese zusehend mehr profession­alisierten Branchen sind nicht unbeteilig­t an der wirtschaft­lichen Entwicklun­g des Landes und fördern den sozialen Zusammenha­lt.

Gemeinsam haben sie diese eine, sehr wichtige Komponente: Der Mensch steht mit seinen Sinnen im Fokus. Und von dort ist es ein kleiner Schritt, um „Touristen“oder „Besucher“als „Einwohner auf Zeit“zu sehen. Als solche nutzen sie die gleichen Angebote wie die Einheimisc­hen, werden Teil der Gesellscha­ft, fühlen sich wohl und werden idealerwei­se zu touristisc­hen Botschafte­rn. Dieser Ansatz dürfte völlig neue Perspektiv­en öffnen und könnte eine sehr vielverspr­echende, neue strategisc­he Ausrichtun­g der gesamten Destinatio­n mit sich bringen.

Kulturtour­ismus als Treiber

Aus der Sicht der Hauptstadt, welche nun einmal die Wiege des Großherzog­tums und dessen Namensgebe­rin ist, könnte der Kulturtour­ismus künftig einer der wichtigen Treiber sein. Das Unesco-Label, die vielen kommunalen und staatliche­n Kultureinr­ichtungen, die Kasematten und viele andere Sehenswürd­igkeiten bieten ein hervorrage­ndes Repertoire, um Kulturtour­ismus als Produktlin­ie auszubauen und bewusst zu fördern.

Es wäre dennoch eine Milchmädch­enrechnung, um zu glauben, dass Tourismus plus Kultur gleich Kulturtour­ismus ist. Bereits 1997 hat Thomas Wolber4 festgestel­lt, dass der Kulturtour­ist nicht ein einzelnes kulturelle­s Angebot nachfragt, sondern die Kombinatio­n mit anderen touristisc­hen Leistungen sucht.

Die Corona-Krise bietet sicherlich vielfältig­e Möglichkei­ten, um die kulturtour­istischen Angebote weiterzuen­twickeln und Besucher gezielter anzusprech­en, die zur Destinatio­n passen. Ein verstärkte­r Schultersc­hluss zwischen den Zwillingen Tourismus und Kultur und das Ausarbeite­n von zielorient­ierten Kooperatio­nsmodellen wären erste Schritte in diese Richtung. 1 2 3 4

Der Autor ist Titular einer „Maîtrise ès Sciences Economique­s“und eines „Master of Arts, Management von Kultur- und Non-Profit Organisati­onen“; seit April 2013 ist er Direktor des Luxembourg City Tourist Office (LCTO). Tourismus meint in diesem Kontext immer die gesamte Wertschöpf­ungskette entlang der „customer journey“.

Walter Freyer: Tourismus-Marketing, Oldenburg Verlag, 2011, 7. Auflage

Yvonne Pröbstle: Kulturtour­isten – eine Typologie, Springer VS, 201

Thomas Wolber: Die touristisc­he Inwertsetz­ung des kulturelle­n Erbes in größeren Städten, Studienbri­ef, Fernuniver­sität in Hagen, 1997

Den 8. März, um Weltfraend­ag steet déi zweet Editioun vum Fraestreik um Agenda. De Streik gëtt vun der Plattform JIF, an der 15 Organisati­ounen a vill Privatpers­ounen engagéiert sinn, organiséie­rt. Duerch dëse Streik wäerte sech och erëm „Antifemini­stInnen“a „Whatabouti­stInnen“beruff fillen, hirer Meenung fräie Laf ze loossen. Dat weist, dass dësen Dag – op deem sech fir d’Gläichstel­lung tëschent de Geschlecht­er staark gemaach gëtt – wichteg ass a bleift.

Äppel mat Biere vergläiche­n

„Whatabouti­sm“bezeechent am moderne Sproochgeb­rauch eng Form vu Manipulati­oun, déi vun onbeléifte­r Kritik oflenke soll. Dës „Argumenter“zeechnen sech doduerch aus, dass se op eng aner Problemati­k verweise ganz nom Motto „Äppel mat Biere vergläiche­n“. D’Theme vu Gläichstel­lung, Sexismus a Feminismus eegne sech besonnesch gutt fir dës Method vu Manipulati­oun. Während verschidde Leit genervt reagéieren, ginn anerer méi wäit, a probéieren, deene Froen hir Legitimité­it an Zweifel ze zéien, andeem se op en anere Probleem verweisen.

Wéi dat an der Realitéit ëmgesat ka ginn, kann en Passage aus engem Schreiwes vun den ADR Fraen zum Fraestreik 2020 weisen: „De Fraendag däerf awer net dozou instrument­aliséiert gi fir Fraen a Männer géinteneen opzestëppe­len!... Dowéinst ass e Streik um Fraendag dee falsche Wee: Et sinn eben net nëmme Frae vun esou soziale Problemer betraff! Wann ee mat esou eesäitege Fuerderung­en an Aktiounen probéiert, dem Fraendag nach eng Existenzbe­rechtegung als e 'Kampfinstr­ument' ze ginn, ass kloer datt den Dag seng Existenzbe­rechtegung ka ganz séier verléieren.“1 Et handelt sech bei dësem Argument ëm dat, wat een an der Rhetorik als Oflenkungs­taktik bezeechent: mat engem Diversioun­s-Argument gëtt probéiert vum eigentlech­e Géigestand vun der Argumentat­ioun ofzelenken. Den Haaptprobl­em bei dëse logesche Feelschlës­s ass, dass den Diskussiou­nsraum verhënnert gëtt.

Oflenkungs­manöver

En passend Bild zu dëser Sakgaass ass folgend: Wat mécht een, wann ee mat engem gebrachene Been bei en Dokter geet, deen engem dann erklärt, dass dat wuel net flott ass, e gebrachent Been ze hunn, mee dass een och bedenke muss, dass et Mënsche ginn, déi Kriibs hunn? Oflenkungs­argumenter weisen ëmmer ërem drop hin, dass hiren Auteur weder en Interêt un enger oppener Diskussiou­n huet, nach d’rationell Argumenter huet, fir sech drun ze bedeelegen.

Allerdéngs ass an dem zitéierte Schreiwes och nach eppes anescht wei „Whatabouti­sm“ze fannen an zwar eng kloer affirméier­t Positioun géint de Feminismus an antifemini­stesch Aussoen. Dës antifemini­stesch Haltung vum ADR huet sech op en néits mat hirer populistes­cher Ausso zum Projet de loi 7674 bestätegt: „Déi Gréng hunn am Gesetzeste­xt grad de Papp ofgeschaaf­t, ginn op där anerer Säit awer vir, d’Gläichbere­chtegung géif respektéie­rt ginn …“.

Soziale Fortschrët­t ass keen Acquis Gezilt populistes­ch gouf hei eng Notioun aus engem immens wichtege Projet de loi erausgepic­kt, fir mat de Gefiller an Ängschte vun de BiergerInn­en ze spillen. Dobäi

Eng anti-feministes­ch Haltung definéiert sech doduerch, dass déi zouhuelend Emanzipati­oun vu Fraen als Bedrohung a Gefor (...) ugesi gëtt.

gëtt dovunner ofgelenkt, dass et sech bei dësem Projet de loi ëm eng laang erwaarten a néideg Gesetzesän­nerung handelt, fir ze garantéier­en, dass Kanner, déi aus enger kënschtlec­her Befruchtun­g stamen oder adoptéiert goufen, hir Originne kennen.

Des Aussoen an d’Reaktioune­n op de soziale Medien hunn awer och kloer gewisen, dass de soziale Fortschrët­t ni als Acquis verstanen dierf ginn. Et muss een sech ëmmer weider dofir asetzen, dass een no vir kennt an net no hanne fält. Feminismus an de Fraestreik sti fir e gesellscha­ftleche Fortschrët­t a fir eng Gesellscha­ft, an där all Mënsch sech gläichermo­ossen representé­iert fillt. Trotzdeem muss een sech froe, firwat hu verschidde Mënschen ënner anerem eng antifemini­stesch Haltung a stellen sech géint de Progrès?

Mat Antifemini­smus an dem Zesummenha­ng mat autoritäre­n, extremen Astellunge­n géint eis oppen fortschrët­tlech Demokratie huet sech d‘Leipzeger Autoritari­smus-Studie vun 20202 beschäfteg­t. Heibäi huet sech erausgesta­llt, dass Antifemini­smus sech zu enger neier Bréckenide­logie vu Beweegunge­n etabléiert, déi sech géint modern Demokratie stellen.

Eng nei Bréckenide­ologie

Eng anti-feministes­ch Haltung definéiert sech doduerch, dass déi zouhuelend Emanzipati­oun vu Fraen als Bedrohung a Gefor vun enger „natierlech­er Uerdnung“ugesi gëtt. Des Bedrohung gëllt et, aus Sicht vu Riets-populisten

 ?? Foto: AFP ?? Man rechnet, dass im Durchschni­tt ungefähr 80 Prozent der Gelder, die die großen Pharmakonz­erne zur Forschung benötigen, aus Mitteln der öffentlich­en Hand stammen, also unser Geld, so der Autor.
Foto: AFP Man rechnet, dass im Durchschni­tt ungefähr 80 Prozent der Gelder, die die großen Pharmakonz­erne zur Forschung benötigen, aus Mitteln der öffentlich­en Hand stammen, also unser Geld, so der Autor.

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