Platzverweis wieder auf dem Tisch
Minister für innere Sicherheit Henri Kox kündigt kurzfristig verbesserte Einsatzbedingungen für Polizisten an
Luxemburg. Die Polizei ist und bleibt politisch ein heißes Pflaster. Der Minister für innere Sicherheit, Henri Kox (Déi Gréng), hat sich gestern nun nach sechsmonatiger Amtszeit als politisch Verantwortlicher für die Polizei aber selbst ein gutes Zeugnis ausgestellt – übrigens in Abwesenheit von Polizeivertretern. Es gehe schließlich um den politischen Weg der Umsetzung der Polizeireform und man wolle ja nicht, dass die Polizei zwischen Hammer und Amboss gerate, wie Kox zu Beginn seines mehr als einstündigen Vortrags vor Pressevertretern klarstellte.
Positiv falle etwa die Bilanz der Zusammenlegung von kleineren Kommissariaten aus. Die Präsenz, die Reaktionszeit und die Betriebszeiten seien nun besser und man stehe in ständigem Kontakt mit den Kommunen.
Positiv sei auch die Rekrutierungskampagne angelaufen, die darauf hinzielt, den Personalbestand der Polizei bis 2026 um 621 Polizisten und 240 Zivilisten zu erhöhen. Für die 200 ausgeschriebenen Stellen hätten sich 811 Kandidaten gemeldet, wovon 764 für die Sprachtests angetreten seien und auch eine Einladung zum Sporttest erhalten hätten. Vom 1. Mai an sollen dann letztlich 140 Beamte in der B1-Laufbahn, 60 in der C1-Laufbahn und 18 in der C2-Laufbahn ausgebildet werden – und das in einem neu eingerichteten Schulgebäude in Findel.
Gleich gegenüber werde auch die Cité Policière ausgedehnt, um unter anderem der Kriminalpolizei dort Platz zu gewähren. Und mit Renovierungsarbeiten beglücke man nach der Dienststelle in Kirchberg auch die Kommissariate in Differdingen, Esch/Alzette, Syrdall, Wiltz und Redingen, die längst veraltet seien. Des Weiteren denke man über eine Renovierung
der Dienststellen Ettelbrück, Mersch, Remich, Düdelingen und Petingen/Käerjeng nach.
Bei den Polizeidatenbanken setze man künftig verstärkt auf das lange „T“, das für Transparenz stehe, so Kox. Man sei zwar noch beim Beginn der Prozedur, doch setze man auf klare und rechtsstaatliche Regeln, sehe Sanktionen für Verstöße bei unerlaubten Zugriffen vor, die für alle Personen gelten, und man schaffe ein Gleichgewicht zwischen Bürgerrechten und effizienter Polizeiarbeit, verspricht Kox. Darüber hinaus liege dem Staatsrat ein Gesetzesprojekt zur polizeilichen Kameraüberwachung Visupol vor und im kommenden Monat würde der Abgeordnetenkammer eine Studie der Polizeiinspektion zur Effizienz von Visupol vorgestellt.
Um das Problem der Überstunden in der Polizei über die Rekrutierungsmaßnahmen hinaus in den
Griff zu bekommen, habe man einen eigenen Projektmanager ernannt und nehme von Juli an die Personalplanungssoftware SP-Expert in Betrieb. Weitere Schritte bei der Digitalisierung seien im September die Inbetriebnahme einer einheitlichen internen Informatikplattform für alle in der Polizei gängigen Systeme und Datenbanken und, nach dem Sommer 2022, die Ausstattung sämtlicher Polizisten und Ermittler mit Tablets, so wie das bereits in Frankreich der Fall sei.
Überhaupt scheint Kox sich bei seinen Plänen in Frankreich inspiriert zu haben. Nach französischem Vorbild wurde nämlich im Januar auch ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, das die Arbeit der Beamten flexibler gestalten und die Bürgernähe verbessern soll. Nach dem Prinzip einer „Remise/Reprise“sollen Beamte ein Dossier nach vorgegebener Prozedur einfach an die Kollegen der nachfolgenden Schicht übergeben können. Das soll nicht nur Überstunden eingrenzen, sondern es auch Polizisten ermöglichen, länger auf dem Terrain zu bleiben – da sich so auch der administrative Aufwand verringere.
Ebenfalls nach französischem Vorbild will Henri Kox einen internen Mediator in der Polizei einsetzen, um den offenkundig mangelhaften Dialog innerhalb der Polizei zu verbessern. Kommende Woche treffe er sich deswegen mit der Mediatorin der französischen Police nationale.
Der Kampf gegen den Drogenhandel sei indes keine Herausforderung, welche die Polizei alleine bewältigen könne, fährt Henri Kox fort. „Deshalb habe ich eine Note interministerielle aufgesetzt, die nächste oder übernächste Woche dem Ministerrat vorgestellt wird und dann dem Parlament.“
Konkret handele es sich dabei um einen Bericht, der nicht nur die aktuelle Situation auf den Punkt bringe und alles aufliste, was bisher bereits unternommen worden sei, sondern auch zeige, wie künftig alle eingebundenen Stellen zusammenarbeiten könnten. Neben dem Ministerium für innere Sicherheit seien auch das Justizministerium, das Außenministerium, das Gesundheitsministerium, das Familienministerium, das Gleichstellungsministerium und die Polizei in der Verantwortung.
„Wir haben bereits ein Gesetz zum Platzverweis“
Neuigkeiten kündigte Henri Kox auch im Kontext eines langjährigen Politikums an: Der Platzverweis – im Sinne der Möglichkeit, Personen auffordern zu können, bestimmte Orte zu verlassen – solle ins Gesetz aufgenommen werden. Man habe bereits ein derartiges Gesetz, doch das setze eine Gefahrenlage voraus. Nun bemühe man sich, den Text zum Sicherheitsperimeter auch insoweit auszudehnen, als es auch möglich werden soll, jemanden, der etwa den Eingang eines Geschäfts blockiere, von diesem Ort zu verweisen.
Außerdem werde das Innenministerium auch das Gesetz über die Kompetenzen der Agents municipaux überarbeiten und diese ausdehnen und das Justizministerium befasse sich mit jenen Texten, welche die Aufgabenbereiche von privaten Sicherheitsfirmen definieren. Kox fügt hinzu, er habe bei der Polizeiinspektion ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches die Überwachung des öffentlichen Raums durch private Dienstleister und deren Auswirkung auf die Polizeiarbeit unter die Lupe nehmen soll. Ein weiteres Gutachten der Inspection générale de la police (IGP) soll sich im Übrigen auch mit der Gewaltanwendung im Polizeieinsatz befassen.
Beiden Berichten dürfte es nicht an politischer Brisanz fehlen. Wann sie vorliegen werden, hat Kox nicht präzisiert.