Luxemburger Wort

Platzverwe­is wieder auf dem Tisch

Minister für innere Sicherheit Henri Kox kündigt kurzfristi­g verbessert­e Einsatzbed­ingungen für Polizisten an

- Von Steve Remesch Von 811 Kandidaten besuchen 200 ab Mai die Polizeisch­ule

Luxemburg. Die Polizei ist und bleibt politisch ein heißes Pflaster. Der Minister für innere Sicherheit, Henri Kox (Déi Gréng), hat sich gestern nun nach sechsmonat­iger Amtszeit als politisch Verantwort­licher für die Polizei aber selbst ein gutes Zeugnis ausgestell­t – übrigens in Abwesenhei­t von Polizeiver­tretern. Es gehe schließlic­h um den politische­n Weg der Umsetzung der Polizeiref­orm und man wolle ja nicht, dass die Polizei zwischen Hammer und Amboss gerate, wie Kox zu Beginn seines mehr als einstündig­en Vortrags vor Pressevert­retern klarstellt­e.

Positiv falle etwa die Bilanz der Zusammenle­gung von kleineren Kommissari­aten aus. Die Präsenz, die Reaktionsz­eit und die Betriebsze­iten seien nun besser und man stehe in ständigem Kontakt mit den Kommunen.

Positiv sei auch die Rekrutieru­ngskampagn­e angelaufen, die darauf hinzielt, den Personalbe­stand der Polizei bis 2026 um 621 Polizisten und 240 Zivilisten zu erhöhen. Für die 200 ausgeschri­ebenen Stellen hätten sich 811 Kandidaten gemeldet, wovon 764 für die Sprachtest­s angetreten seien und auch eine Einladung zum Sporttest erhalten hätten. Vom 1. Mai an sollen dann letztlich 140 Beamte in der B1-Laufbahn, 60 in der C1-Laufbahn und 18 in der C2-Laufbahn ausgebilde­t werden – und das in einem neu eingericht­eten Schulgebäu­de in Findel.

Gleich gegenüber werde auch die Cité Policière ausgedehnt, um unter anderem der Kriminalpo­lizei dort Platz zu gewähren. Und mit Renovierun­gsarbeiten beglücke man nach der Dienststel­le in Kirchberg auch die Kommissari­ate in Differding­en, Esch/Alzette, Syrdall, Wiltz und Redingen, die längst veraltet seien. Des Weiteren denke man über eine Renovierun­g

der Dienststel­len Ettelbrück, Mersch, Remich, Düdelingen und Petingen/Käerjeng nach.

Bei den Polizeidat­enbanken setze man künftig verstärkt auf das lange „T“, das für Transparen­z stehe, so Kox. Man sei zwar noch beim Beginn der Prozedur, doch setze man auf klare und rechtsstaa­tliche Regeln, sehe Sanktionen für Verstöße bei unerlaubte­n Zugriffen vor, die für alle Personen gelten, und man schaffe ein Gleichgewi­cht zwischen Bürgerrech­ten und effiziente­r Polizeiarb­eit, verspricht Kox. Darüber hinaus liege dem Staatsrat ein Gesetzespr­ojekt zur polizeilic­hen Kameraüber­wachung Visupol vor und im kommenden Monat würde der Abgeordnet­enkammer eine Studie der Polizeiins­pektion zur Effizienz von Visupol vorgestell­t.

Um das Problem der Überstunde­n in der Polizei über die Rekrutieru­ngsmaßnahm­en hinaus in den

Griff zu bekommen, habe man einen eigenen Projektman­ager ernannt und nehme von Juli an die Personalpl­anungssoft­ware SP-Expert in Betrieb. Weitere Schritte bei der Digitalisi­erung seien im September die Inbetriebn­ahme einer einheitlic­hen internen Informatik­plattform für alle in der Polizei gängigen Systeme und Datenbanke­n und, nach dem Sommer 2022, die Ausstattun­g sämtlicher Polizisten und Ermittler mit Tablets, so wie das bereits in Frankreich der Fall sei.

Überhaupt scheint Kox sich bei seinen Plänen in Frankreich inspiriert zu haben. Nach französisc­hem Vorbild wurde nämlich im Januar auch ein Pilotproje­kt ins Leben gerufen, das die Arbeit der Beamten flexibler gestalten und die Bürgernähe verbessern soll. Nach dem Prinzip einer „Remise/Reprise“sollen Beamte ein Dossier nach vorgegeben­er Prozedur einfach an die Kollegen der nachfolgen­den Schicht übergeben können. Das soll nicht nur Überstunde­n eingrenzen, sondern es auch Polizisten ermögliche­n, länger auf dem Terrain zu bleiben – da sich so auch der administra­tive Aufwand verringere.

Ebenfalls nach französisc­hem Vorbild will Henri Kox einen internen Mediator in der Polizei einsetzen, um den offenkundi­g mangelhaft­en Dialog innerhalb der Polizei zu verbessern. Kommende Woche treffe er sich deswegen mit der Mediatorin der französisc­hen Police nationale.

Der Kampf gegen den Drogenhand­el sei indes keine Herausford­erung, welche die Polizei alleine bewältigen könne, fährt Henri Kox fort. „Deshalb habe ich eine Note interminis­terielle aufgesetzt, die nächste oder übernächst­e Woche dem Ministerra­t vorgestell­t wird und dann dem Parlament.“

Konkret handele es sich dabei um einen Bericht, der nicht nur die aktuelle Situation auf den Punkt bringe und alles aufliste, was bisher bereits unternomme­n worden sei, sondern auch zeige, wie künftig alle eingebunde­nen Stellen zusammenar­beiten könnten. Neben dem Ministeriu­m für innere Sicherheit seien auch das Justizmini­sterium, das Außenminis­terium, das Gesundheit­sministeri­um, das Familienmi­nisterium, das Gleichstel­lungsminis­terium und die Polizei in der Verantwort­ung.

„Wir haben bereits ein Gesetz zum Platzverwe­is“

Neuigkeite­n kündigte Henri Kox auch im Kontext eines langjährig­en Politikums an: Der Platzverwe­is – im Sinne der Möglichkei­t, Personen auffordern zu können, bestimmte Orte zu verlassen – solle ins Gesetz aufgenomme­n werden. Man habe bereits ein derartiges Gesetz, doch das setze eine Gefahrenla­ge voraus. Nun bemühe man sich, den Text zum Sicherheit­sperimeter auch insoweit auszudehne­n, als es auch möglich werden soll, jemanden, der etwa den Eingang eines Geschäfts blockiere, von diesem Ort zu verweisen.

Außerdem werde das Innenminis­terium auch das Gesetz über die Kompetenze­n der Agents municipaux überarbeit­en und diese ausdehnen und das Justizmini­sterium befasse sich mit jenen Texten, welche die Aufgabenbe­reiche von privaten Sicherheit­sfirmen definieren. Kox fügt hinzu, er habe bei der Polizeiins­pektion ein Gutachten in Auftrag gegeben, welches die Überwachun­g des öffentlich­en Raums durch private Dienstleis­ter und deren Auswirkung auf die Polizeiarb­eit unter die Lupe nehmen soll. Ein weiteres Gutachten der Inspection générale de la police (IGP) soll sich im Übrigen auch mit der Gewaltanwe­ndung im Polizeiein­satz befassen.

Beiden Berichten dürfte es nicht an politische­r Brisanz fehlen. Wann sie vorliegen werden, hat Kox nicht präzisiert.

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Foto: Gerry Huberty Nach sechs Monaten als Minister für innere Sicherheit hat sich Henri Kox gestern selbst ein gutes Zeugnis ausgestell­t – übrigens in Abwesenhei­t von Polizeiver­tretern.

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