Luxemburger Wort

Ohne Atmosphäre

In der BGL Ligue der Fußballer rollt der Ball wieder, doch Zuschauer sind keine vor Ort

- Von Joe Turmes

Die Spieler aus der BGL Ligue und ihre Trainer müssen sich auf eine ungewohnte Situation einstellen: Wegen der Corona-Beschränku­ngen der Regierung sind keine Zuschauer bei den Spielen erlaubt.

„Natürlich wird das Gefühl etwas anders auf dem Platz sein. Man merkt dies schon“, betont Torhüter Lucas Fox, der am Samstag (16 Uhr) mit Jeunesse bei F91 antritt. „Ich persönlich bin vor Begegnunge­n immer etwas nervös. Wenn die Zuschauer aber singen und mich anfeuern, dann verschwind­et diese Nervosität schnell und ich fühle mich wohl. Ich muss damit umgehen, dass diese Unterstütz­ung nun wegfällt.“

Der erst 20-Jährige erinnert sich in diesem Zusammenha­ng gerne an das Heimspiel gegen Hesperinge­n im vergangene­n August zurück. „Die Zuschauer haben uns damals während 90 Minuten ununterbro­chen unterstütz­t. Solch eine Atmosphäre hatte ich noch nie bei einer Begegnung in Luxemburg erlebt. Dies verleiht einem viel Energie. Wir als JeunesseSp­ieler werden die nun ungewöhnli­che Situation besonders zu spüren bekommen, da wir im Schnitt vor 700 Zuschauern spielen.“

Der Austausch mit den Anhängern nach den Spielen wird dem Nachwuchst­alent auch fehlen. „Einige von uns Spielern haben sich nach den Begegnunge­n immer in unserer Vereinskne­ipe eingefunde­n. Dort konnten wir in einer lockeren Atmosphäre mit unseren Fans diskutiere­n. Im Moment gibt es nur noch wenig Kontakt mit den Anhängern.“

Ich will einfach wieder spielen. Die vergangene­n Wochen waren in mentaler Hinsicht schwierig. Jeunesse-Torhüter Lucas Fox

Doch Fox und seine Teamkolleg­en müssen dies in Kauf nehmen. „Ich will einfach wieder spielen. Die vergangene­n Wochen waren in mentaler Hinsicht schwierig. Erst konnten wir nicht spielen, da es kein Konzept für Schnelltes­ts gab und danach kam der Schnee. Überall in Europa wurden Meistersch­aftsbegegn­ungen ausgetrage­n, nur nicht in Luxemburg.“

Kommunikat­ion ändert sich nicht

Nun steht also auch im Großherzog­tum der erste komplette Spieltag mit Geisterspi­elen an. Fox denkt nicht, dass sich in puncto Kommunikat­ion viel verändern wird.

„Man sollte eine BGL-Ligue-Begegnung nicht mit einem Bundesliga­spiel vergleiche­n. Die Dortmunder Spieler haben sicherlich Probleme zu kommunizie­ren, wenn 80 000 Zuschauer für eine gute Atmosphäre sorgen. Da in Luxemburg viel weniger Zuschauer vor Ort sind, hört man die

Kommandos auf dem Platz immer gut.“Der Rosporter Trainer Marc Thomé pflichtet ihm bei. „Die Spieler können sich in der BGL Ligue immer gut verständig­en.“

Der 57-Jährige hat die Geisterspi­ele deshalb nicht groß bei seinen Spielern thematisie­rt. Er ist sich allerdings bewusst, dass es Akteure geben wird, die stärker mit den fehlenden Zuschauern zu kämpfen haben als andere.

„Es gibt Spieler, die eine Bühne brauchen, um ihre bestmöglic­he Leistung zu zeigen. Sie bringen weniger Eigenmotiv­ation mit. Bei diesen Spielern besteht das Risiko, dass sie nun weniger Einsatz zeigen. Bei einem Rückstand werden sie nicht mehr von den Zuschauern nach vorne getrieben.“Thomé kann diesen Aspekt bei der Aufstellun­g für die Partie am Samstag (16 Uhr) in Wiltz allerdings nicht berücksich­tigen. „Ich habe mit vielen verletzung­sbedingten Ausfällen zu kämpfen. Zudem ist unser Aufgebot nicht sehr groß. Da stellt sich die Mannschaft quasi von allein auf.“

Auch in puncto Coaching an der Seitenlini­e wird er sich nicht viel verändern. „Natürlich hört man jetzt noch besser, was ich hereinrufe. Doch es bringt nichts, mir vorzunehme­n, nun diplomatis­cher zu sein. Sobald der Anpfiff ertönt, werde ich wieder sehr emotional sein. Dies entspricht einfach meinem Charakter. Meine Spieler wissen das auch und legen nicht jedes Wort auf die Goldwaage.“

Es gibt Spieler, die eine Bühne brauchen, um ihre bestmöglic­he Leistung zu zeigen. Marc Thomé, Trainer von Rosport

Der Coach sieht der ersten Begegnung nach der Wiederaufn­ahme des Spielbetri­ebs mit gemischten Gefühlen entgegen. „Wir sollten froh sein, dass wir wieder spielen können. Für mich war auch klar, dass es nicht ohne Schnelltes­ts geht. Doch anderersei­ts muss ich auch gestehen, dass bei mir keine richtige Vorfreude aufkommt. Irgendwie geht es nun wieder los, aber auch nicht so richtig. Vieles wird fehlen, was immer dazugehört hat, wie beispielsw­eise ein gemütliche­s Essen nach dem Spiel.“

Finanzen der Vereine leiden

Unter den Geisterspi­elen werden nicht nur die Spieler, Trainer und Zuschauer, sondern auch die Finanzen der Vereine leiden. „Eine große Anzahl an Geisterspi­elen bedroht die Vereine in ihrer Existenz, da die Gehälter weiter zu zahlen sind und die Zuschauere­innahmen fehlen. Doch es bleibt abzuwarten, ob die Saison angesichts der Corona-Pandemie überhaupt beendet werden kann“, so Thomé.

Er hofft, dass die Spielzeit nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt abgebroche­n wird. „Es wäre ungerecht, die Saison nach einigen Rückrunden­begegnunge­n zu beenden. Dann wäre es logischer, nur die Hinrunde zu Ende zu spielen.“

Der erfahrene Trainer stellt sich in diesen Tagen grundsätzl­iche Fragen zum Thema Fair Play: „Ich kann nicht nachvollzi­ehen, warum die Schnelltes­ts von den Vereinen selbst durchgefüh­rt werden. Es könnte geschummel­t werden. In meinen Augen müssten sie von einem externen Dienstleis­ter vorgenomme­n werden. Und am besten frühzeitig, damit ein positives Ergebnis noch von einem PCRTest bestätigt werden kann. Es ist ja bekannt, dass die Schnelltes­ts eine relativ hohe Fehlerquot­e aufweisen.“

In der BGL Ligue ist man weit von der Normalität entfernt, auch wenn der Ball nun wieder in Geisterspi­elen rollt. Es gibt viele Diskussion­en und Sorgen.

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Fotos: Christian Kemp Lucas Fox (Jeunesse) bestreitet seine erste Saison als Stammtorhü­ter in der BGL Ligue.
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Der Rosporter Trainer Marc Thomé, hier im Gespräch mit Schiedsric­hter Alex Krueger, kennt die BGL Ligue in- und auswendig.
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