Drei kleine Spritzen sorgen für großen Wirbel
Die Hôpitaux Robert Schuman stehen wegen der vorzeitigen Impfung des Verwaltungsrats in der Kritik
Seit der Radiosender 100,7 berichtet hatte, dass drei Verwaltungsratsmitglieder der Hôpitaux Robert Schuman (HRS) bereits am 15. Januar geimpft wurden, hagelt es Kritik. In einer ersten Stellungnahme hatte Pressesprecher Marc Glesener versucht, die Vorwürfe zu entkräften. Präsident Jean-Louis Schiltz und die beiden Vizepräsidenten Michel Wurth und Claude Seywert hätten das Vakzin erhalten, bevor der Dachverband der Krankenhäuser (FHL) mitgeteilt habe, dass Mitglieder der Verwaltungsräte nicht prioritär geimpft werden dürfen.
Später stellte sich heraus, dass die Mitteilung bereits am 13. Januar bei einer Besprechung zwischen der Santé, der FHL und den Krankenhäusern mündlich erfolgt war. Am 18. Januar wurde sie schriftlich nachgereicht. Zudem sieht die Konvention zwischen dem Gesundheitsministerium und den Krankenhäusern vom 8. Januar vor, dass nur Personen, die vertraglich an eine Klinik gebunden sind, Priorität genießen. Laut Impfstrategie sind die Verwaltungsräte erst zum Schluss der zweiten Phase an der Reihe.
HRS-Generaldirektor Claude Schummer betonte, die Konvention sei vage formuliert. Man habe die Mitglieder des Verwaltungsrats geimpft, weil sie sich oft in den Kliniken aufhalten würden. Man müsse dafür sorgen, dass die Krankenhäuser reibungslos funktionieren können. Die „Business continuity“müsse garantiert sein. Wenn die anderen Kliniken, ihre Verwaltungsräte nicht impfen würden, dann sei das deren Problem, so Schummer gegenüber RTL.
Interpretationsdivergenzen
Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) sprach am Dienstag bei einer Pressekonferenz von „Interpretationsdivergenzen“.
Man habe sich ausgesprochen. Damit sei die Sache vom Tisch.
Das sehen die Abgeordneten anders. Man dürfe seine Position nicht ausnützen, um sich einen
Vorteil zu verschaffen, so die CSVFraktionsvorsitzende Martine Hansen: „Die Reihenfolge muss konsequent eingehalten werden.“Allerdings sei noch unklar, wie seitens der Santé kommuniziert worden sei. Das Ministerium müsse die Reihenfolge ganz genau festlegen. Dann gebe es keine Schlupflöcher. Wer sich dann trotzdem einen Vorteil verschaffe, müsse auch die
Der Vorsitzende des HRS-Verwaltungsrats Jean-Louis Schiltz, wurde bereits am 15. Januar geimpft.
Konsequenzen tragen. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Mars Di Bartolomeo (LSAP), spricht von einem „Fehler“. Wenn die Betroffenen Zweifel ob der Reihenfolge gehabt hätten, hätten sie nachfragen müssen. Allerdings dürfe man wegen des Vorfalls nicht die gesamte Impfstrategie infrage stellen. Auch Josée Lorsché sieht die Vorgehensweise der HRS kritisch: „Es ist nicht das, was die Regierung geplant hat. Priorität hat das medizinische Personal“, so die Fraktionsvorsitzende von Déi Gréng. Lorsché verweist darauf, dass noch nicht alle Fakten bekannt seien und sie sich daher kein abschließendes Urteil bilden könne. Ähnlich sieht es auch ihr Kollege von der DP. Egal wie es zu der Impfaktion gekommen sei, sei das Ganze „sehr unglücklich“, sagt Gilles Baum. Sollte der Impfstoff den Mitgliedern des Verwaltungsrates von der Klinik angeboten worden sein, hätten sie den Reflex haben müssen, das Angebot abzulehnen.
Marc Baum (Déi Lénk) spricht von einem „mittelgroßen Skandal“. Die Mitglieder des HRS-Verwaltungsrats hätten von ihrer Machtposition profitiert, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Da es sich um ein privat geführtes Krankenhaus handele, könne allerdings niemand zum Rücktritt gezwungen werden. Man sollte aber in Erwägung ziehen, ob man nicht Sanktionen einführen müsse.
Sven Clement (Piraten) geht mit seiner Kritik einen Schritt weiter. Gegenüber RTL sprach er gestern sogar von „Diebstahl“. Der Impfstoff sei mit Steuergeldern bezahlt und an die Krankenhäuser ausgeliefert worden, damit das vertraglich gebundene Gesundheitspersonal geimpft werden könne. Schiltz, Wurth und Seywert seien weder über einen Vertrag an die HRS gebunden noch stünden sie in direktem Kontakt mit den Patienten. Für Fernand Kartheiser (ADR) ist der Vorfall „deontologisch inakzeptabel“, es sei eindeutig ein Fall von Machtmissbrauch. DS