Links, zwo, drei
Die deutschen Linken wählen wohl zwei Frauen an die Spitze
Glaubt man den Umfragen, ist Deutschland ein Land, das auf Die Linke – großes D, denn so heißt die Partei – im Großen und Ganzen gut verzichten kann. Am Montag erklärt Susanne Hennig-Wellsow: „Wir sind für alle da, die uns brauchen.“Und zählt dann auf: Geflüchtete, Menschen, die um ihren Arbeitsplatz fürchten, die gegen Rassismus und Rechtsextremismus kämpfen, die Pflege brauchen, die wegen ihrer geschlechtlichen Identität diskriminiert werden. Hennig-Wellsow, 43, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am kommenden Wochenende zur einen neuen Parteichefin der Linken gewählt werden – digital. Zur anderen Janine Wissler, 39. Die sagt am Sonntag: „Wir müssen erreichen, dass uns viel mehr Menschen als die Kraft wahrnehmen, die ihre Interessen vertritt.“
Aktuell sind das im Schnitt der Umfragen seit Jahresbeginn gerade mal 7,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Bei einer Fehlermarge von zwei bis drei und angesichts der Fünf-Prozent-Hürde keine wirklich beruhigende Perspektive für die Bundestagswahl Ende September. Und satte 1,7 Prozent weniger als 2017.
„Wir stehen in den Umfragen stabil, schöpfen aber unser Potenzial nicht aus.“Auch das sagt Wissler. Und man darf es für die Wahrheit halten; erst recht, wenn man bedenkt, dass die andere linke Partei Deutschlands, die SPD, seit scheinbaren Ewigkeiten bei 16 Prozent festhängt. Dass nicht einmal mehr ein Viertel der Deutschen mehr oder weniger linke Politik favorisieren: Das glaubt nicht einmal die politische Konkurrenz, der die Baisse ja sehr zupass kommt. Es muss also an den Parteien liegen.
Über die Malaisen der Sozialdemokratie wird zwar nicht mehr täglich, aber immer noch höchst regelmäßig öffentlich räsoniert. Die Linke steht dabei schwer im
Schatten. Was ihr nicht ganz unlieb ist; denn je weniger das Publikum von ihren inneren Verwerfungen hört, umso ungefährlicher für die Wahlresultate.
Hoffnung auf ein Ende des Streits Es gibt Linke, die tatsächlich glauben, dass Streit und Selbstzerfleischung mit Hennig-Welsow und Wissler enden könnten. Die meisten pflegen zumindest die Hoffnung auf etwas friedlichere Zeiten. Und fast niemand glaubt, dass die beiden sich fetzen könnten wie früher Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Oder so gering schätzen wie die nun scheidenden Katja Kipping und Bernd Riexinger.
Die persönlichen Missliebigkeiten haben – nicht nur, aber auch – mit grundsätzlichen Spannungsverhältnissen zu tun. Die wiederum ergeben sich – nicht nur, aber auch – aus der Entstehungsgeschichte der Linken. Zu ihr fusionierten im Jahr 2007 die PDS, die Nachfolgerin der DDR-Regimepartei SED; und die WASG, zu der sich
Die VorsitzendenKandidatin Janine Wissler beim Politischen Aschermittwoch mit dem bayerischen Parteichef Ates Gürpinar. einstige SPD-Mitglieder unter der Führung des davongelaufenen ExVorsitzenden Lafontaine zusammentaten, aus Frust über die Sozialreformen des SPD-Bundeskanzlers Gerhard Schröder. Grob gesagt teilt sich Die Linke bis heute in zwei Lager wie einst die Grünen: die Fundis und die Realos. Ers