Die Hoffnungsträgerin der Demokraten
Als langjähriger journalistischer Beobachter hat Dan Morain den Aufstieg von Kamala Harris von der Staatsanwältin zur ersten Vizepräsidentin der USA nachgezeichnet. Seine neue Biografie beleuchtet Stärken und Schwächen der charismatischen Politikerin.
Es ist eine der prägendsten Szenen des US-Präsidentschaftswahlkampfs 2020: Mit bestimmtem Blick richtet sich die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris an den Amtsinhaber Mike Pence, der ihr gerade bei einer Äußerung ins Wort gefallen ist: „Mr. Vice President, I'm speaking“: Ich rede jetzt, macht die Herausforderin deutlich. Sie hebt ihre linke Hand abwehrend in seine Richtung und schiebt noch ein zweites „I'm speaking“hinterher. Den Satz wiederholt sie im Laufe der Vizepräsidentschafts-Debatte mehrfach – mit Erfolg: Kamala Harris gelingt es, ihr Gegenüber in Schach zu halten. Zusammenschnitte dieses starken Auftritts gehen sofort viral; sie bestätigen den Eindruck, dass Präsidentschaftskandidat Joe Biden – der selbst bei seinen TVDuellen gegen Donald Trump nur solide performen konnte – bei der Auswahl seines „Running Mate“auf das richtige Pferd gesetzt hat.
Mit 56 Jahren ist Kamala Harris als erste Vizepräsidentin und als erste schwarze Amtsinhaberin in die Geschichte der Vereinigten Staaten eingegangen. Sollte Joe Biden aus Altersgründen 2024 nicht mehr antreten, wäre sie mit dann 60 Jahren die natürliche Präsidentschaftskandidatin und große Hoffnungsträgerin der demokratischen Partei. Als sie im vergangenen September und Oktober Wahlkampf machte, saß Dan Morain am Schreibtisch, um „Kamala Harris – Die Biografie“(„Kamala's Way“) zu schreiben. Das viel beachtete Buch ist nach der Vereidigung von Biden und Harris im Januar erschienen. Es gelingt Morain, nicht nur die entscheidenden Stationen im Leben von Kamala Harris nachzuzeichnen, sondern auch, dem Leser ein Bild von den Umständen der jeweiligen Zeit zu liefern.
Er zeichnet „das Portrait einer selbstbewussten, starken Frau“, wie es der Klappentext verspricht – doch anders als viele Biographen hat sich Morain eine angenehme journalistische Distanz zu der Portraitierten behalten. So beruht das Werk weitgehend auf eigenen Recherchen und Interviews; mit Harris selbst und ihrer Familie habe er während des Schreibens nicht sprechen können, versichtert Morain. Der Journalist konnte den Aufstieg von Harris in Jahrzehnten als Redakteur bei der Los Angeles Times und bei der Sacramento Bee von Beginn an beobachten. Und er hat diesen Aufstieg kritisch begleitet: Bei Harris' Bewerbung um das Amt des kalifornischen Generalstaatsanwalts 2010 sprach er sich in einem Leitartikel für die Wahl des Gegenkandidaten aus.
Kamala Devi Harris wurde am 20. Oktober 1964 in Oakland geboren. Ihre Eltern Shyamala Gopalan (1938–2009), eine indischstämmige Biomedizinerin, und Donald J. Harris (* 1938), ein jamaikanischstämmiger Wirtschaftswissenschaftler, lebten in Berkeley und Oakland, beides Orte östlich der Bucht von San Francisco. Die Eltern trennten sich früh; mit ihrer jüngeren Schwester Maya wuchs sie bei der Mutter auf, zu der sie zeitlebens eine enge Beziehung haben sollte, während die Bindung zum Vater schwach blieb. Die Zeit, in der Harris auf die Welt kam, beschreibt Morain so: „Die Bewegung gegen den Vietnamkrieg, der Aufstieg der Umweltbewegung, Forderungen nach ethnischer Gleichbehandlung, die aufkeimende Gefangenenrechtsbewegung und vieles mehr waren Teil dieser turbulenten Zeit.“Beide Eltern waren politisch engagiert, prägten die Kinder entsprechend.
Die Wohngegenden von Weißen und People of Color waren damals weitgehend getrennt. Im Jahr 1968, als Martin Luther King ermordet wurde, ließ ein fortschrittlicher Leiter der Schulbehörde von Oakland erstmals schwarze Kinder mit Bussen zu Schulen in weiß dominierten Gegenden bringen – und umgekehrt. Zwei Jahre später, 1970, kam die kleine Kamala in die erste Klasse. Und wieder ein halbes Jahrhundert später erinnerte sie an diesen Moment: „Wissen Sie, es gab damals ein kleines Mädchen in Kalifornien, das in die zweite der Klassen ging, die an ihrer staatlichen Schule integriert werden sollten. Jeden Tag wurde sie mit dem Bus zur Schule gefahren. Und dieses kleine Mädchen war ich.“
Es ist das einzige Zitat aus jener Fernsehdebatte demokratischer Präsidentschaftskandidaten vom Juni 2019, das in Erinnerung geblieben ist. „Mit diesem Satz drückte sie der Debatte ihren Stempel auf“, schreibt Morain. Ihre Kampagne gewann für kurze Zeit eine große Dynamik; der damalige Favorit Joe Biden geriet in die Defensive. Denn Biden, selbst ab dem Jahr 1973 Senator, hatte damals mit Kollegen aus Georgia und Mississippi zusammengearbeitet,
Dan Morain, „Kamala's Way“, in deutscher Übersetzung „Kamala Harris: die Biografie“, Heyne-Verlag, 384 Seiten, 22 Euro. die für die Rassentrennung eingetreten waren.
Bevor sie konsequent an ihrer politischen Karriere arbeitete, zog es Harris in die Welt der Justiz. Ihr Jurastudium absolvierte sie an der Howard University in Washington, D.C., einer historischen afroamerikanischen Privatuniversität. Dort trat sie „Alpha Kappa Alpha“bei, der ersten Studentinnenverbindung ausschließlich für schwarze Frauen. Als Tribut an diese Verbindung sei Harris am Wahlabend 2020 in einem weißen Hosenanzug und mit Perlenohrringen aufgetreten. Während des Studiums engagierte sie sich zivilgesellschaftlich: „Freitagabends gingen wir tanzen und samstagmorgens demonstrieren“, erinnerte sie sich später zurück. Eine überragende Studentin sei Harris nicht gewesen, sagen Kommilitonen von damals. Doch sie schaffte im zweiten Anlauf das harte juristische Staatsexamen Kaliforniens und trat 1990 eine Stelle bei der Bezirksstaatsanwaltschaft von Alameda in der Nähe von San Francisco an. Die 25-jährige sei tatkräftig, ehrgeizig und fokussiert gewesen, erinnert sich eine frühere Vorgesetzte. Harris ging damals eine Beziehung mit einem deutlich älteren und verheirateten Politiker ein, der ihr 1994 einen gut dotierten Posten in einem Landesausschuss zuschustert. Es war der Moment, als sich Dan Morain erstmals journalistisch mit Kamala Harris befasste – er versuchte, ein Interview zu bekommen, wurde jedoch abgewiesen.
„Und dieses kleine Mädchen war ich“
Sprungbrett für höhere Ämter
2003 gewann Harris als Kandidatin der Demokraten die Wahl zur Bezirksstaatsanwältin im liberalen San Francisco. Obwohl noch neu im Amt und unerfahren, blieb sie ihren Prinzipien treu und weigerte sie sich, die Todesstrafe für einen Polizistenmörder zu beantragen, was ihr erheblichen öffentlichen Widerstand einbrachte. Doch Harris blieb standhaft. 2004 freundete sie sich mit dem demokratischen Hoffnungsträger Barack Obama an, der vier Jahre später Präsident werden sollte. Damals gab es Spekulationen, dass Harris eine Stelle in Washington antreten würde – doch zu dieser Zeit plante die frisch wiedergewälte Bezirksstaatsanwältin ihren nächsten Karriereschritt an der Westküste.
2010 kandidierte Kamala Harris als Generalstaatsanwältin von Kalifornien – „ein Posten, der als Sprungbrett ins Amt des Gouverneurs dienen kann“, so Morain. Trotz eines starken republikanischen Gegenkandidaten, der als klarer Favorit ins Rennen gegangen war, siegte die Demokratin. Ausführlich beschreibt Morain, wie sich Harris, obwohl persönlich Gegnerin der Todesstrafe, im Amt darum drückte, klar für deren Abschaffung einzutreten, als Volksabstimmungen darüber stattfanden.
Doch auch das Amt als Generalstaatsanwältin war nur ein weiterer Schritt in der politischen Karriere von Kamala Harris, die zunehmend an Fahrt gewann. 2015 kündigte sie an, bei der Wahl im folgenden Jahr für den US-Senat zu kandidieren, was sie mit Unterstützung
La maladie parfois provoque une régression, qui fait du malade adulte un enfant. Car les soins et prévenances qu’on lui prodigue, à l’adulte régressant, comblent ce besoin dont jamais il ne s’est libéré tout-à-fait: être choyé, dorloté, objet de sollicitude au coeur chaud d’une souveraineté originelle. La maladie, c’est l’ultime opportunité d’en appeler à maman.
Le malade du Covid peut céder à l’illusion d’une sollicitude à grande échelle, quand le monde entier est convié à son chevet, à se pencher sur son état de santé, son «état d’exception», même si la contamination est, par définition, une affection que nul ne peut accomplir seul. Les médias, par leur empressement à exposer les «cas», les cas «sévères» surtout, ont encouragé un narcissisme victimaire, de malades auxquels le passage à la télé, forme profane aujourd’hui de l’Election, confère le sentiment d’avoir «attrapé» le virus comme on décroche un pompon. Les projecteurs aveuglent les sujets les plus exaltés, convaincus d’être deux fois appelés: par la pandémie qui les a frappés, par cette télé qui les a sollicités. Car le Covid nous menace tous, mais seuls quelques-uns sont touchés, par ce fléau qui n’est pas donné à tout le monde.
Un quotidien français en a rencontré, de ces frappés du pompon: «J’avais attrapé ce fameux virus dont le monde entier parlait. C'est comme si j'avais gagné au loto, comme si le hasard m'avait désigné parmi des millions d'autres», affirmation paradoxale en ce qu’elle postule à la fois un aléa (le «hasard») et une élection (la «désignation»). Faiton valoir au contaminé qu’il n’est pas seul à être ainsi «distingué», et qu’il y a quelque contradiction à se dire victime unique d’une pandémie? Peut-être, répondra-il, mais moi j’étais à la télé (face à un public fasciné par un mal invisible, une «élection» sans stigmates, Saint Sébastien sans les flèches).
Souvenez-vous de la crise en ses premières semaines. De l’hystérie des médias, de leur course au témoignage, aux urgences de préférence, parmi les intubés expirants, ou parmi les «survivants revenus de loin», qui face aux caméras déclaraient que ce n’était pas une grippe, non, c’était «un démon» qu’ils avaient rencontré. Le corona a déclenché une exposition morbide et, partant, un pathos exorbitant, autour d’un binôme constitué de malades possédés et, face à eux, de soignants défiant le diable pour lui arracher sa proie.
Faut-il s’étonner, face à la pandémie, du surgissement de l’irrationnel? «À force d'entendre parler de ma maladie sur toutes les ondes, de sentir la panique gagner peu à peu mon entourage et de suivre chaque jour la progression du virus à la télé, j’avais l’impression de faire partie d'un événement historique». Le malade est galvanisé par son état d’exception, mais il est submergé aussi par la peur que cet état génère.
Comment dompter celle-ci sans cesser de revendiquer sa singularité? Par la régression. A ce temps très ancien où le regard de la mère avait pour effets tout à la fois de «consacrer» et d’apaiser la fièvre.