Eine grünere Chemie
Nicolas Boscher möchte mit neuen Methoden Solarenergie für die Wasserstoffproduktion nutzen
Elektrizität oder heißes Wasser aus Sonnenenergie zu gewinnen, ist eine bereits bekannte Idee. Allerdings kann Solarenergie auch genutzt werden, um Wasser in Wasserstoff umzuwandeln oder Kohlendioxid in synthetisches Methan – und damit, um einen „Solarkraftstoff“zu produzieren.
Das ist der Ansatz von Nicolas Boscher, Forscher am Luxembourg Institute of Science and Technology (LIST). Er entwickelt neue Polymere, die in der Lage sind, Wasserstoff auf saubere und erneuerbare Weise zu produzieren. Das ist von entscheidender Bedeutung, wenn es einmal darum gehen wird, Brennstoffzellen für lange Strecken für Autos, Lastwagen und Handelsschiffe zu liefern.
Dennoch muss man für eine positive Kohlenstoffbilanz imstande sein, das Gas sauber, also ohne Treibhausgasemissionen zu produzieren. Das ist allerdings schwierig: Wasserstoff wird hauptsächlich durch eine Reaktion von Methan gebildet, die CO2 verursacht.
Andere Prozesse nutzen Wasser, das durch einen elektrischen Strom in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten wird. Da die verfügbare Elektrizität zum Teil durch fossile Brennstoffe erzeugt wird, generiert diese Methode indirekt Kohlenstoffdioxid. Daher ist Wasserstoff noch kein sauberer Treibstoff.
Moleküle des Lebens
„Wissenschaftler haben viele Materialien entwickelt, um Wasser durch Sonnenenergie in Wasserstoff zerfallen zu lassen, aber die Effizienz davon ist zu gering oder die Kosten sind zu hoch“, erklärt Nicolas Boscher. „Ich denke, wir brauchen einen Paradigmenwechsel, ganz neue Methoden müssen getestet werden.“
Seine Inspiration stammt aus der Natur. Der Chemiker möchte den Vorteil einer Art lebenswichtiger Moleküle nutzen, Porphyrine, die eine Rolle bei der Atmung von Lebewesen spielen. Sie bilden die Basis für Hämoglobin, das den Sauerstoff im Blut transportiert, und Chlorophyll, das es Pflanzen ermöglicht, Kohlenhydrate zu produzieren. „Die ringförmigen Moleküle sind sehr vielseitig“, so der Forscher. „Sie sind wie ein Schweizer Messer für einen Chemiker wie mich.“
Der erste Schritt in Nicolas Boschers Projekt ist es, Porphyrinpolymere herzustellen und diese in ein dreidimensionales Netz einzuweben. Das extrem löchrige Material ist für Wassermoleküle durchlässig. Diese Moleküle können dann mit den Porphyrinen interagieren. Durch die Aufnahme von Sonnenlicht produziert ihr Ring ein Elektron, das Wasser in seine beiden Elemente, Wasserstoff und Sauerstoff, zerlegt.
Chemische Synthese im Vakuum
Auch wenn die Idee simpel erscheint, die Durchführung ist es nicht. Denn die nicht-wasserlöslichen Porphyrine sind für die traditionelle Chemie, die auf der Reaktion von Flüssigkeiten basiert, schwer zu verarbeiten. Der Chemiker nutzt einen anderen Prozess: Er bringt die verschiedenen Komponenten zum Reagieren, indem er sie in Gasform unter sehr niedrigem Druck vermischt. „Diese
Technik, die chemische Gasphasenabscheidung, wird normalerweise in der Herstellung elektronischer Chips genutzt. Ich habe meine ersten Untersuchungen in diesem Feld gemacht, was mir erlaubt, die Methoden anzupassen, um mit organischen Komponenten, inklusive Porphyrinen, zu arbeiten.“
Das Team war bereits in der Lage, dünne durchlässige Schichten zu produzieren, die zwei Wasserstoffatome zu einem Gasmolekül verbinden. Dieses muss noch mit dem vorherigen Schritt, der Auflösung des Wassers in Wasserstoffatome und gasförmigen Sauerstoff, zusammengebracht werden.
Hin zu einer grüneren Chemie
Die erneuerbare Produktion von Wasserstoff kann auch genutzt werden, um synthetisches Methan und Kunststoff zu produzieren, die ihren Ursprung normalerweise im Bereich fossiler Brennstoffe haben. Dazu muss es mit Kohlenstoffatomen kombiniert werden, die gewonnen werden, indem man CO2 aus der Umgebungsluft extrahiert oder indem man die ausgestoßenen Gase von Wärmekraftwerken filtert.
Das wäre ein gigantischer Schritt in Richtung einer grünen Chemie, die keine fossilen Brennstoffe mehr als Energiequelle oder Rohmaterial nutzt.
Die erneuerbare Produktion von Wasserstoff kann auch genutzt werden, um synthetisches Methan und Kunststoff zu produzieren.