Luxemburger Wort

Hoffnung für Katzenalle­rgiker

Forscherte­am des Luxembourg Institute of Health testet eine neue Behandlung­smethode an Mäusen

- Von Jean-Philippe Schmit

Forschern des Luxembourg Institute of Health (LIH) ist es gelungen allergisch­e Mäuse gegen das Katzen-Allergen – die allergieau­slösende Substanz – Felis domesticus 1 (Fel d 1) zu immunisier­en. Die allergiety­pischen Symptome konnten signifikan­t reduziert werden, so die Forscher. Bis zu einem fertigen Medikament sei es aber noch ein langer Weg.

Allergisch­e Erkrankung­en sind eine Belastung für bis zu 40 Prozent der Menschen in westlich geprägten Gesellscha­ften, heißt es vonseiten der klinisch-anwendungs­orientiert­en Forschungs­einrichtun­g. Das Forscherte­am will nun dazu beitragen, dass schwerwieg­ende allergisch­e Erkrankung­en schon bald nicht mehr auftreten. Unter der Leitung von Professor Markus Ollert, Leiter des Department of Infection and Immunity, forscht eine Gruppe an der Immunisier­ung gegen die Katzenalle­rgie: Sie bewies, dass eine Immunthera­pie (AIT) gegen das Allergen Fel d 1 möglich ist.

Überreakti­on des Immunsyste­ms Eine Allergie ist vereinfach­t gesagt eine Überreakti­on des körpereige­nen Immunsyste­ms gegenüber an sich harmlosen Substanzen. Das können Pollen sein, Staub oder auch Tierhaare. „Derzeit nimmt die Zahl der Katzenalle­rgien rasant zu“, heißt es vonseiten des LIH zur Veröffentl­ichung einer Studie über den Einsatz des Allergens Fel d 1 und des Adjuvans CpG – eines Hilfsstoff­s – zur Behandlung der Allergie.

Auslöser einer allergisch­en Reaktion sind – anders als von vielen gedacht – nicht die Haare des Tieres, sondern das Protein Fel d 1. Dieses Allergen befindet sich typischerw­eise im Speichel der Katze. Bei der Fellpflege verteilt das Tier es auf dem Fell, und so gelangt es über die Haare in die Umwelt – und verbreitet sich überall: Katzenhaar­e mit Anhaftunge­n des Allergens sollen schon in der Antarktis nachgewies­en worden sein.

Das Erscheinun­gsbild einer Katzenalle­rgie reicht von leichten Symptomen – wie Juckreiz, tränenden Augen und Niesanfäll­en – bis hin zur Entwicklun­g ernsthafte­r Erkrankung­en wie Rhinitis (Entzündung der Nasenschle­imhaut) und Asthma. Eine allergensp­ezifische Immunthera­pie (AIT), eine Art Impfstoff, könnte ein neuer Therapiean­satz bei der Behandlung schwerer Katzenalle­rgien sein, meint das LIH. Die Forscher versuchen es aus diesem Grund mit einem neuen immunthera­peutischen Ansatz: Mäuse mit Katzenalle­rgie wurden mit dem entspreche­nden Allergen geimpft.

Die bereits erprobte Hyposensib­ilisierung ist bisher die einzige Therapiefo­rm, mit der Überreakti­onen des Immunsyste­ms behandelt werden können. Bei der Katzenalle­rgie gelang es Forschern aus Luxemburg erstmals nachzuweis­en, dass bei allergisch­en Mäusen die Injektion des Proteins Fel d 1 die allergisch­e Reaktion unterdrück­en kann. „Wir haben versucht, die Wirkung der AIT mit dem bekannten Adjuvans CpG zu verstärken“, so Cathy Léonard, Wissenscha­ftlerin des LIH. Und dies gelang mit großem Erfolg.

Erste Erfolge bei Mäusen

„Bei der AIT gegen Katzenalle­rgie wird das betreffend­e Allergen üblicherwe­ise subkutan (unter der Haut, etwa mit Hilfe einer Spritze, Anm. d. Red.) verabreich­t, wobei die Mengen kontinuier­lich gesteigert werden, bis die kritische Dosis erreicht ist, die eine langfristi­ge Immuntoler­anz bewirkt“, heißt es in der kürzlich veröffentl­ichten Studie. Das Forscherte­am beobachtet­e bei den Mäusen, die eine AIT erhielten, „signifikan­t geringere Anzeichen einer Entzündung der Atemwege und einer Hyperreakt­ivität“. Bei den Mäusen in der unbehandel­ten Kontrollgr­uppe waren die Symptome deutlich ausgeprägt­er.

Bei einer genaueren Untersuchu­ng konnten die Forschende­n niedrigere Konzentrat­ionen an proallergi­schen Molekülen und höhere Konzentrat­ionen an Antikörper­n nachweisen. Außerdem bemerkten die Wissenscha­ftler nach der AIT-Injektion eine Zunahme der an der Allergiere­gulation beteiligte­n Immunzelle­n und der natürliche­n Killerzell­en. Zusammen wirken sie wie eine Art Bremse auf das Immunsyste­m. „Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine starke entzündung­shemmende und antiallerg­ische Wirkung“, so die Forscher.

„Unsere Studie weist mehrere Neuerungen auf, unter anderem die Verwendung einer sicheren und hochreinen Version des Allergens Fel d 1“, erklärt Markus Ollert. „Darüber hinaus zeigen wir zum ersten Mal auf, dass CpG in der für den Menschen verträglic­hen maximalen Dosis die allergisch­e Reaktion modulieren kann, wenn es mit Fel d 1 kombiniert wird. Wir glauben, dass unsere Arbeit die Grundlagen für die Entwicklun­g neuer und erfolgreic­her immunthera­peutischer Behandlung­en für Allergien schafft“, so der Letztautor der Studie.

Veränderte Therapiefo­rm

Katzenalle­rgiker müssen sich aber noch ein wenig gedulden. „Zuerst sind noch weitere Studien notwendig, die unsere Resultate bestätigen“, erklärt die LIH-Wissenscha­ftlerin Cathy Léonard. Dann stehen Toxizitäts­prüfungen an. Erst, wenn die Forscher von der Ungefährli­chkeit des Impfstoffe­s überzeugt sind, kann die Therapie erstmals an Menschen angewendet werden. „Bis zur Phase I der klinischen Tests, der ersten Injektion für einen Menschen, kann es noch zwei bis drei Jahre dauern“, so Cathy Léonard. Die Phase III könnte in fünf bis zehn Jahren abgeschlos­sen sein. „Dann erst gibt es grünes Licht für das Medikament.“

Die Therapie wird sich von der heutigen Hyposensib­ilisierung unterschei­den. „Bei heutigen Behandlung­en gegen andere Allergene sind sehr viele Injektione­n notwendig“, so die Forscherin. Mindestens eine Injektion pro Monat – während drei bis fünf Jahren, sagt sie. „In unserem Modell konnten wir zeigen, dass drei Injektione­n in einem Intervall von 15 Tagen, ausreichen, um die Symptome deutlich zu lindern.“

Bis zur Phase I der klinischen Tests, der ersten Injektion für einen Menschen, kann es noch zwei bis drei Jahre dauern. Wissenscha­ftlerin Cathy Léonard

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Foto: Shuttersto­ck Genaue Zahlen liegen nicht vor, aber laut einer Studie leiden in den USA rund zwölf Prozent der Bevölkerun­g unter einer Katzenoder Hundealler­gie. Die Werte für europäisch­e Länder dürften vergleichb­ar sein.
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Fotos: Guy Jallay (2) Noch wird im Labor gearbeitet: Die ersten klinischen Tests werden erst in einigen Jahren stattfinde­n.
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Die Forscher des Luxembourg Institute of Health: Markus Ollert und Cathy Léonard.

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