„Ich spreche auch Tabuthemen an“
Podcast-Novizin Cecilia Vieira über streitlustige Best Ager und schlüpfrige Glücksbringer
Seit Anfang Januar plaudert die 21-jährige Cecilia Vieira aus Mersch, die derzeit Marketingkommunikation in Berlin studiert, in ihrem Podcast „Ceci, Do You Love Me?“mit Luxemburgern, die sich bewusst gegen einen klassischen Lebensentwurf entschieden haben.
Cecilia Vieira, wie ist die Idee entstanden, einen Podcast ins Leben zu rufen?
Im vergangenen Jahr war mir irgendwann furchtbar langweilig. Ich hatte zwar mein Studium und meinen Nebenjob, aber das hat mich nicht ausgefüllt. Ich wollte zudem irgendetwas tun, das mich meiner Heimat wieder etwas näherbringt. Wobei es mich schon immer aufgeregt hat, wie verschlossen viele Luxemburger sind. So viele leben in ihrer eigenen kleinen Blase und blicken nicht darüber hinaus. Ich habe mich deshalb gefragt, was ich machen kann, um das zu ändern.
Warum nicht YouTube oder ein anderes Medium?
Seit ich in Berlin lebe, höre ich extrem viele Podcasts und habe festgestellt, dass die jetzt auch in Luxemburg im Kommen sind. Deshalb erschien es mir sinnvoll hier anzusetzen – auch, wenn das Sprechen meine größte Angst war, weil ich früher immer ein wenig gestottert habe. Ich finde Podcasts aber einfach extrem praktisch, weil man nur einen Sinn zum Konsumieren benötigt.
Wenn man sich ein YouTube-Video anschaut, muss man ja auch permanent mit den Augen am Bildschirm kleben. Bei einem Podcast kann man dagegen alles Mögliche nebenbei erledigen: joggen, putzen, kochen oder einfach entspannen. Außerdem empfinde ich Podcasts als ziemlich persönlich. Man hat fast das Gefühl, persönlich mit dem Redner verbunden zu sein und seinen Charakter greifen zu können.
Nach welchen Kriterien suchen Sie Ihre Gesprächspartner – wie bislang etwa Schauspielerin Eugénie Anselin oder Slow-Fashion-Unternehmerin Laure Cales – aus?
Es müssen Menschen sein, die „out of the box“denken und sich gegen die luxemburgischen Normen aufgelehnt haben. Menschen, die zum Beispiel das Schauspielstudium gewählt haben, obwohl ihnen ans Herz gelegt wurde, doch lieber Medizin zu studieren. Mein oberstes Ziel ist es, mit meinem Podcast zu zeigen, dass es auch Lebensmodelle abseits der ausgetretenen Pfade gibt, zumal wenn es ums Berufsleben geht.
Dabei ist es mir wichtig, nicht nur einfach vor mich hinzulabern, sondern mich mit meinen Gästen über relevante Themen zu unterhalten. Insofern verstehe ich meinen Podcast auch als Inspirationsund Orientierungsquelle. Deshalb finde ich es schade, dass noch so wenige 16- bis 18-Jährige meinen Podcast hören. Gerade sie würden vom Inhalt wahrscheinlich am meisten profitieren. Das Problem in Luxemburg ist nämlich oft, dass viele junge Leute zwar coole
Ideen haben, aber nicht selbstbewusst genug sind, um sie zu verwirklichen.
Mit so einem Podcast setzt man sich auch der Kritik der Öffentlichkeit aus. Wie gehen Sie damit um?
Man muss natürlich bereit sein, mit Neidern leben zu können. Überraschenderweise habe ich aber bis jetzt nur konstruktive Kritik erhalten, zum Beispiel, dass ich einige Wörter zu oft wiederhole oder dass man inhaltlich nicht meiner Meinung war.
Den typischen Internethass haben Sie also noch nicht zu spüren bekommen?
Nein. Ich höre dagegen öfter: „Boah, ich finde es so krass, dass du dich das traust!“Ich glaube das liegt auch daran, wie ich mich auf Instagram und Facebook präsentiere. Ich habe mich für diese „nettes, selbstbewusstes Mädchen“-Schiene entschieden, die in Luxemburg so noch nicht vertreten ist. Meine Zielgruppe ist aber momentan noch ziemlich jung – die meisten meiner Zuhörer sind zwischen 20 und 25. Ich habe Angst, dass die Hasswelle erst kommen wird, sobald mein Podcast
auch ältere Menschen erreicht. Auf den Facebook-Seiten diverser Medien sieht man ja, dass die sich besonders gerne kritisch äußern, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und in meinem Podcast werden nun einmal oft Themen behandelt, die nicht mit den Einstellungen dieser Generationen zusammenpassen und oftmals sogar tabuisiert wurden. Ich will quasi die Fehler wiedergutmachen, die sie begangen haben. In einer Folge habe ich zum Beispiel mit dem Grafiker und Influencer Yannick Schumacher, auch bekannt als Yaya, über Homophobie gesprochen, darüber, wie er seine Kindheit in Luxemburg erlebt hat, aber auch über Obdachlosigkeit und harte Drogen. Wobei jetzt nicht der Eindruck entstehen soll, dass wir eine todernste Folge produziert haben.
Ich finde Podcasts einfach extrem praktisch, weil man nur einen Sinn zum Konsumieren benötigt.
Ich habe mich für diese „nettes, selbstbewusstes Mädchen“-Schiene entschieden, die in Luxemburg so noch nicht vertreten ist.
Mein Podcast ist kein Öko-Podcast. Es geht ja nicht um mich – und ich will auch niemanden mit meinen Ansichten nerven.
Sie bezeichnen sich selbst als Ökotante. Dennoch kommt das Thema Umwelt kaum im Podcast vor ...
Nein, mein Podcast ist kein Öko-Podcast. Ich beschäftige mich sehr viel mit Umweltthemen, bin Veganerin, besuche Umweltdemonstrationen und ich versuch auch meine Community von meinem Weg zu überzeugen. Zumal wenn es um vegane Ernährung geht, weil meiner Meinung nach besteht darin – überspitzt formuliert – die Rettung des ganzen Ökosystems. Das schönste Kompliment, das man mir machen kann, ist deshalb auch: „Cecilia, wegen dir esse ich weniger Fleisch.“Aber im Podcast geht es ja nicht um mich und ich will auch niemanden mit meinen Ansichten nerven. Wenn es dennoch passt, kann das Thema aber auch gerne Erwähnung finden, so wie in meinem Gespräch mit der veganen Fitnessikone Melanie Oliveira, die beweist, dass man auch mit fleischloser Ernährung Muskeln aufbauen kann.
Worauf dürfen sich Ihre Hörer außerdem freuen?
Einer meiner Lieblingsfixpunkte sieht vor, dass jeder Gast einen Gegenstand mitbringen muss, der etwas mit ihm oder seiner Arbeit zu tun hat. Da bringen die Leute teilweise wirklich witzige Sachen mit. Besonders im Gedächtnis hängengeblieben ist mir das Objekt von Eugénie Anselin, die einen Leopardenslip mitgebracht hat. Hintergrund ist, dass sich Theaterschauspieler zur Premiere eine Kleinigkeit schenken. Und den trägt sie seither zu jeder Premiere als Glücksbringer.