Luxemburger Wort

Durch das Raster gefallen

21 Polizisten beschweren sich über vermeintli­che Karrierena­chteile gegenüber älteren Kollegen, trotz besserer Schulabsch­lüsse

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Bei der Rasterfahn­dung werden aufgrund ganz spezifisch­er Merkmale bestimmte Personengr­uppen gezielt kontrollie­rt. Das Netz soll möglichst so engmaschig sein, dass kein Verdächtig­er hindurch schlüpfen kann, was trotzdem immer wieder vorkommt. Doch nicht nur Kriminelle, sondern auch Polizisten können durch das Raster fallen. Für Letztere ist dies allerdings ein weit weniger erfreulich­es Ereignis, wie rezent 21 Beamte erfahren mussten.

Dies im Rahmen einer Prozedur, die Hunderten Polizisten bessere Karrieremö­glichkeite­n ermögliche­n soll. Dafür wurden im neuen Polizeiges­etz zwei unterschie­dliche Möglichkei­ten vorgesehen, das in Artikel 66 festgehalt­ene „Out/In“sowie die durch Artikel 94 geregelte „Voie expresse“. Beide Regeln erlauben es Polizisten, von der Karriere C 1 in die 2018 für Inhaber eines Premièresd­iploms geschaffen­e Karriere B 1 aufzusteig­en.

Bei der „Voie expresse“ist das Dienstalte­r und nicht der Schulabsch­luss das Hauptkrite­rium. Diese Regelung gilt noch bis zum 1. August

2028 für alle Beamten mit einem Dienstalte­r von mindestens 15 Jahren. Beim „Out/In“müssen die Kandidaten ein Examen bestehen, zudem wird ihr Dienstalte­r nicht angerechne­t, sie werden nach dem Wechsel der Besoldungs­gruppe wie Berufsanfä­nger behandelt. Das bedeutet, dass diese Option mit zunehmende­m Alter des Beamten immer unattrakti­ver wird.

Eigene Rückverset­zung gefordert Polizeimin­ister Henri Kox (Déi Gréng) möchte mit Hilfe der „Voie expresse“den Großteil der infrage kommenden Beamten in die höhere Besoldungs­gruppe transferie­ren. Bei 21 Polizisten, die 2019 über das „Out/In“in die Karriere B 1 aufgestieg­en sind, führt dieses Vorgehen jedoch für Frustratio­n. Ihnen wurde nämlich kürzlich vorgeschla­gen, sich freiwillig in die Karriere C 1 zurückvers­etzen zu lassen, um anschließe­nd mittels „Voie expresse“erneut aufzusteig­en. Die Frist für eine Entscheidu­ng endete gestern, da der 1. März das Stichdatum für die nächste Welle des „Out/In“war.

Die Betroffene­n stören sich in erster Linie daran, dass sie keine Garantie für einen karrierete­chnischen Wiederaufs­tieg erhalten. Darüber hinaus müssten sie das „überschüss­ige“Geld, das sie seit 2019 in der höheren Karriere verdient haben, zurückzahl­en und auf ihr Widerspruc­hsrecht vor dem Verwaltung­sgericht verzichten. Vor allem der letzte, von PolizeiPer­sonaldirek­tor Francis Lutgen während einer internen Sitzung am 4. Februar geäußerte Punkt, soll unter den Beamten für Aufregung gesorgt haben. Anschließe­nd habe Lutgen die Forderung relativier­t.

Bei den Gewerkscha­ften gibt man sich eher zurückhalt­end. Michel Mangen, Präsident der Gewerkscha­ft der Polizisten mit Sekundarsc­hulabschlu­ss (ADESP), will erst einmal abwarten, ob die Betroffene­n, wie es ihnen in Aussicht gestellt wurde, wieder in ihre alte Karriere zurück können, oder nicht. Problemati­sch sei, dass es keine schriftlic­hen Zusagen, sondern lediglich Lippenbeke­nntnisse des Ministers gebe.

„Ich bedauere, dass die Personalde­legation nicht eingebunde­n wurde und die Betroffene­n niemanden haben, an den sie sich wenden können“, meint Pascal Ricquier, Präsident der Polizeigew­erkschaft SNPGL. Aus Mangel an Informatio­nen könne er nicht viel mehr sagen. Ricquier zeigt sich jedoch irritiert über die kursierend­en Gerüchte und stellt die Frage in den Raum, ob überhaupt eine gesetzlich­e Basis für eine freiwillig­e Rückverset­zung existiert. Er erinnert auch daran, dass sich aktuell weitere Personen in der „Out/In“Prozedur befinden und die Zahl der Betroffene­n noch steigen dürfte. Mitte des Monats soll es zu einem Austausch mit mehreren der 21 Beamten kommen.

„Es ist eine schwierige Entscheidu­ng für die Betroffene­n, weil niemand in die Zukunft sehen kann“, meint Francis Lutgen. Er gibt sich jedoch optimistis­ch, dass jeder, der sich für die freiwillig­e Rückstufun­g entscheide­t bis 2028 wieder in die Kategorie B 1 aufsteigen kann. Nur ein Einstellun­gsstopp könne dies verhindern. Wie viele Beamte das Angebot angenommen haben, konnte er gestern nicht sagen. Diese würden nun detaillier­te Informatio­nen erhalten und hätten danach Zeit, sich zu entscheide­n. Lutgen präzisiert zudem, dass zu den aktuell 21 Beamten höchstens noch neun hinzukomme­n könnten.

Hansen hat das letzte Wort

Es bleibt allerdings abzuwarten, ob Marc Hansen (DP), Minister für den öffentlich­en Dienst, den Deal durchwinkt. In einer Mail, die von der Personalab­teilung der Polizei an die 21 betroffene­n Beamten verschickt wurde und dem „Luxemburge­r Wort“vorliegt, wird explizit auf das Ministère de la fonction publique verwiesen.

Die Entscheidu­ng könnte nämlich weitreiche­nde Folgen für die Karrieren beim gesamten öffentlich­en Dienst und somit die ohnehin wegen der wirtschaft­lichen Folgen der Corona-Krise angespannt­e Finanzlage beim Staat haben. Kox ist zwar für die Polizei zuständig, aber Hansen hat bei der Fonction publique das letzte Wort. In der Vergangenh­eit ist es bereits mehrfach zu Kompetenzg­erangel gekommen, bei dem Hansen die Oberhand behielt. MaH

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