Luxemburger Wort

Hormonprob­leme bei der Katze

- Von Dr. Romi Roth Symbolfoto: Shuttersto­ck

Der alte rote Tigerkater Männi hatte sich, weil er sich andauernd im Gesicht kratzte, schwer in die Bredouille gebracht. Nur zum Futtern unterbrach er für kurze Zeit sein selbstzers­törerische­s Treiben. Das bis vor etwa zwei Jahren noch geradezu majestätis­ch anmutende Tier hatte zeitlebens sonst einen eher mäßigen Appetit gehabt. Zuletzt fraß und trank Männi jedoch mehr als die beiden anderen Samtpföter im Haushalt und der mittelgroß­e Pudel zusammen – und war trotzdem klapperdür­r geworden. Auch sein gelassenes Gemüt war sehr verändert. Ruhelos und übellaunig lief er laut maunzend durchs Haus.

Da der sechzehnjä­hrige Kater in seinem Kratzwahn eines seiner Augen schwer verletzt hatte, musste er dringend als Notfallpat­ient zur Sprechstun­de gebracht werden. Nachdem das kranke Auge, an dem er sich eine ins Innere eiternde Hornhautve­rletzung zugezogen hatte, vorläufig und unter heftigstem Prozess versorgt war, wurde eine Blutprobe genommen. Das Resultat aus dem Labor bestätigte den Verdacht: Männi litt unter einer hochgradig­en Überfunkti­on der Schilddrüs­e.

Die Hyperthyre­ose ist die häufigste hormonelle Erkrankung bei Katzen über sieben Jahren. Die Schilddrüs­e könnte man als „Gaspedal“des Organismus bezeichnen. Die von ihr produziert­en, jodhaltige­n Hormone erhöhen die Stoffwechs­elrate und dadurch auch den „Treibstoff­verbrauch“. Sie erhöhen Blutdruck und Herzfreque­nz sowie die Körpertemp­eratur, die Darmmotori­k und die Erregbarke­it des Nervensyst­ems. In den meisten Fällen sind gutartige Wucherunge­n der Schilddrüs­e die Ursache für die überschieß­ende Produktion der Schilddrüs­enhormone. Unklar ist, warum die Hyperthyre­ose bei Katzen vor 40 Jahren noch gar nicht bekannt war und heute zum kleintierä­rztlichen Alltag gehört. Mittlerwei­le mehren sich die Hinweise darauf, dass bestimmte Brennschut­z-Chemikalie­n (PBDE), die heute nicht mehr eingesetzt werden dürfen, sich jedoch meist noch in größeren Mengen in Haushalten mit älterer Inneneinri­chtung befinden, eine Ursache für die anwachsend­e Zahl an felinen Hyperthyre­osen sein dürften. Männis Hyperthyre­ose wurde im Bestrahlun­gsinstitut einer großen deutschen Tierhochsc­hule dadurch ausgeheilt, dass das überschüss­ige Drüsengewe­be mit radioaktiv­em Jod zerstört wurde.

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