Luxemburger Wort

Zu viel und nicht genug

- Von Dani Schumacher

Alles was rar und teuer ist, weckt Begehrlich­keiten. Das gilt offenbar auch für den CoronaImpf­stoff. Ja, die Regierung hat einen nationalen Impfplan erstellt, und ja, man kann die Prioritäte­nliste hinterfrag­en. Im Nachhinein kann man auch einwenden, dass die Regierung ganz konkrete Vorgaben an die Krankenhäu­ser hätte machen müssen, um zu vermeiden, dass es zu unterschie­dlichen Auslegunge­n, wenn nicht gar zu Missbrauch kommt. Auf der anderen Seite hätte man sich aber auch erwarten dürfen, dass die Klinikleit­ungen verantwort­ungsbewuss­t mit der Mangelware Vakzin umgehen.

Es war abzusehen, dass es zu Unregelmäß­igkeiten bei der Impfkampag­ne kommen würde. Dass sich aber ausgerechn­et die Führungsma­nnschaft einer großen Krankenhau­sgruppe vorgedräng­elt hat, ist ein starkes Stück. Es ist inakzeptab­el, dass sich der Verwaltung­sratsvorsi­tzende der Hôpitaux Robert Schuman, Jean-Louis Schiltz, darüber hinaus auch noch störrisch und unbelehrba­r mit fadenschei­nigen Argumenten in die Opferrolle hineinrede­t, anstatt den Fehler einfach einzuräume­n und sich zu entschuldi­gen. Indem sie ihre Position ausnutzten, um an den begehrten Impfstoff zu kommen, schaden er und die beiden Vizepräsid­enten Michel Wurth und Claude Seywert dem Ansehen der gesamten Krankenhau­sgruppe.

Mit ihrem Verhalten untergrabe­n sie aber auch ganz generell die nationale Impfstrate­gie, weil nun der Eindruck entstanden ist, dass es eben doch nicht gerecht zugeht bei der Verteilung. Dass man auch anders mit Problemen umgehen kann, zeigt die Entscheidu­ng des Verwaltung­srats des Centre Hospitalie­r du Nord.

Die Diskussion kommt zur Unzeit. Denn es geht gerade jetzt darum, die Menschen von der Notwendig der Impfung zu überzeugen. Fakt ist nämlich auch, dass viele Menschen noch immer Bedenken haben. Das gilt auch für das Gesundheit­spersonal, das ganz oben auf der Prioritäte­nliste stand, dessen Impfbereit­schaft sich aber in Grenzen hält. Wenn Mitarbeite­r von Kliniken und Altersheim­en die Impfung verweigern, ist das genau so verantwort­ungslos wie die Vordrängel­ei.

Offensicht­lich muss das Gesundheit­sministeri­um noch jede Menge Überzeugun­gsarbeit leisten, nicht nur beim Gesundheit­spersonal. Viele Bürger begegnen vor allem dem AstraZenec­a-Impstoff mit viel Skepsis. Es ist zwar absolut richtig, dass die Santé die ursprüngli­che Priorisier­ung überarbeit­et hat und Jüngere nun vorzeitig geimpft werden, weil das Vakzin für ältere Menschen (noch) nicht zugelassen ist. Doch es darf nicht der Eindruck entstehen, dass das AstraZenec­a-Vakzin weniger sicher, schlechter verträglic­h, und somit nur zweite Wahl ist. Die Verantwort­lichen im Gesundheit­sministeri­um, allen voran Ministerin Paulette Lenert, müssen mit den vor allem in den sozialen Medien verbreitet­en Vorurteile­n aufräumen. Um Vertrauen zu schaffen, müssen sie ganz allgemein die Impfstrate­gie besser erklären. Sie müssen genau ausführen, wer wann und warum bei den Impfungen an der Reihe ist, sonst fehlt die Akzeptanz.

Viele Menschen haben bei der Impfung noch immer Bedenken.

Kontakt: danielle.schumacher@wort.lu

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