Schlappe für Warschau
EU-Richter stärken Oberstes Gericht in Polen
Luxemburg. Das Verfahren zur Besetzung des Obersten Gerichts in Polen könnte nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen EU-Recht verstoßen. Es könne die Verpflichtung der EU-Staaten verletzen, erforderliche Rechtsbehelfe und somit einen wirksamen Rechtsschutz für den Einzelnen zu schaffen, urteilten die EuGH-Richter gestern in Luxemburg. Dies könne dazu führen, dass ernannte Richter des Obersten Gerichts parteiisch erscheinen. Polens Regierung wies das Urteil harsch zurück (Rechtssache C-824/18). Eine Entscheidung darüber muss nun noch das polnische Gericht treffen, das den EuGH angerufen hatte.
Justiz unter politischem Druck
Die nationalkonservative PiS-Regierung baut das Justizwesen des Landes seit Jahren trotz internationaler Kritik um und setzt Richter damit unter Druck. Die EUKommission klagte schon mehrfach gegen die Reformen; zum Teil wurden sie vom EuGH gekippt.
Im konkreten Fall geht es um eine Neuerung von 2019. Sie besagt unter anderem, dass Richter keinen Widerspruch mehr einlegen können, wenn der Landesjustizrat (KRS) sie beim Auswahlverfahren für die Besetzung von Richterstellen am Obersten Gericht nicht berücksichtigt. Fünf Richter erhoben dagegen vor Gericht Beschwerde.
Sollte das polnische Gericht urteilen, dass der Landesjustizrat nicht mehr hinreichend unabhängig sei, müsse den erfolglosen Kandidaten ein gerichtlicher Rechtsbehelf offenstehen, betonten die EuGH-Richter nun. Falls das polnische Gericht dem EuGH in seiner Beurteilung folgt, müsste es die polnische Gesetzesänderung künftig ignorieren und stattdessen EURecht anwenden.
Die Regierung in Warschau reagierte ablehnend auf die Entscheidung des EuGH. dpa