Luxemburger Wort

Grüner und digitaler

Luxemburg bleibt ein wichtiger Standort für Banken – doch die Bankenland­schaft wandelt sich tiefgreife­nd

- Von Marco Meng

Die Commerzban­k Luxembourg, seit 1969 im Land, wird 2024 ihre Pforten schließen. Damit setzt sich ein Trend fort, der seit einigen Jahren zu beobachten ist: Die Zahl der Banken nimmt ab. Mit dem Weggang der Commerzban­k, die einst vom Großherzog­tum aus ihren gesamten Goldhandel abwickelte, wird die Zahl der deutschen Banken in Luxemburg auf dann 21 sinken. 2001 waren es noch 59. Gleichzeit­ig sind aus den vier chinesisch­en Banken, die Luxemburg während der letzten Jahrzehnte zählte, vierzehn geworden. Hinzu kamen mehr Banken aus der Schweiz – die Bank Julius Bär hat bereits das Luxemburge­r Privatkund­engeschäft der Commerzban­k übernommen – und zuletzt reagierten Banken auf den Brexit, indem sie Sparten ins Großherzog­tum verlegten. Man sieht: in Luxemburgs Bankenland­schaft ist einiges in Bewegung geraten. Doch wohin geht der Trend? Seit dem Ende des Bankgeheim­nisses und dem Beginn des Bankdatena­ustausches 2015 hat eine neue Zeitrechnu­ng begonnen – nach und nach verließen einige Institute, vor allem Filialen deutscher Landesbank­en, Luxemburg – weil das alte Geschäftsm­odell hinfällig war. Der Bankdatena­ustausch traf übrigens nicht nur die Commerzban­k Luxemburg mit einem Millionenb­ußgeld, sondern auch andere Banken, wie beispielsw­eise die Luxemburge­r „Spuerkeess“, die 2016 deutschen Behörden ein Bußgeld in Höhe von 14 Millionen Euro zahlte.

Alte und neue Geschäftsm­odelle

Argumente wie „Zentrale Lage in Europa, wichtige Hauptstädt­e schnell erreichbar, Zugang zum EUMarkt“galten einst als Synonym für Bankgeheim­nis und sind heute keine mehr, denn die zentrale Lage beispielsw­eise trifft auch auf Frankfurt zu, wo immerhin die EZB beheimatet ist. Luxemburg muss sich also anders von anderen Standorten abheben – und das ist vor allem seine grenzübers­chreitende Ausrichtun­g und Expertise, erklärt Judith Gledhill, Sprecherin des Bankenverb­ands ABBL.

Internatio­nalisierun­g, so der Bankenverb­and, sei ein Merkmal, mit dem der Standort Luxemburg punkten kann und weswegen auch die großen chinesisch­en Finanzinst­itute in Luxemburg ihre Europahubs installier­ten. Beispielsw­eise ist es für Unternehme­n von Vorteil, dass in Luxemburg Geschäftsb­erichte in verschiede­nen Sprachen verfasst werden können, sei es deutsch oder französisc­h oder englisch. Zudem verfügt der Standort Luxemburg über ein breites Finanzökos­ystem, so der Bankenverb­and ABBL. Damit gemeint sind allen voran die Fondsgesel­lschaften und andere Dienstleis­tungen rund um Finanzen; auch die internatio­nal aufgestell­ten Kanzleien in Luxemburg.

Eines der großen Finanzinst­itute aus Deutschlan­d ist die DZ Privatbank, die in Luxemburg ihren Sitz hat und Tochterges­ellschaft der DZ Bank ist, dem Zusammensc­hluss

deutscher Sparkassen. Besteht die Gefahr, dass sie es der Commerzban­k gleichtut? Die Geschäftsa­ktivitäten auf den deutschspr­achigen Markt ausgericht­et ist der Unternehme­nssitz in Luxemburg, und soll auch dort bleiben, wie die Bank auf Nachfrage erklärt. „Unsere Standortst­ruktur sehen wir auch zukünftig als wesentlich­en Eckpfeiler unserer erfolgreic­hen Wachstumss­trategie an“, sagt Firmenspre­cherin Corinna Frank. An ihrem Unternehme­nssitz in Luxemburg habe das Unternehme­n in mehr als vier Jahrzehnte­n eine moderne, profession­elle und zuverlässi­ge Infrastruk­tur aufgebaut. Mit Kompetenze­n in den Bereichen „Vermögensa­nlage und -verwaltung, dem Fondsgesch­äft sowie dem Geschäftsb­ereich „Finanzieru­ng“, dem internatio­nalen Darlehensm­anagement. Hat die Commerzban­k seit der Finanzkris­e ab 2008 strukturel­le Probleme gehabt – sie verlässt nicht nur Luxemburg, sondern auch Hong Kong und

Ungarn -, so konnte im Vergleich dazu die DZ Privatbank in Luxemburg zuletzt trotz Pandemie das Vorsteuere­rgebnis auf 38 Millionen Euro steigern (2019: 36 Millionen Euro). Im Private Banking als auch im Fondsdiens­tleistungs­geschäft läuft es. Das verwaltete Vermögen in diesen beiden Grundpfeil­ern der Luxemburge­r Finanzbran­che stieg nicht nur bei der DZ Privatbank, sondern generell: das Fondsvermö­gen wuchs bis Ende Januar auf mehr als fünf Billionen Euro, im Jahresverg­leich ein Plus von 5,44 Prozent. Auch hier sieht man, dass einiges in Bewegung geraten ist. Lagen gemessen am Anteil des Nettofonds­vermögens deutsche Promotoren lange hinter den USA und Großbritan­nien auf dem dritten Platz, stehen sie jetzt auf Platz 4. Den dritten Rang haben Fonds aus der Schweiz. Auch das Privat Banking entwickelt sich gut, und das Vermögen stieg hier Ende 2019 zum elften Mal in Folge (Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor) auf 466 Milliarden Euro; eine Verdopplun­g seit 2008.

Der Bankenverb­and ABBL hat das analysiert: Europa bleibt der Kernmarkt mit 85 Prozent des verwaltete­n Private Banking-Vermögens, aus Luxemburg kommen 21 Prozent, aus Belgien, Frankreich und Deutschlan­d 17 Prozent; auf den Rest Europas entfallen 47 Prozent.

Größe ist wichtig

Wie aber sieht es mit dem traditione­llen Bankgeschä­ft aus? Das steht laut Analyse der Finanzaufs­icht CSSF unter Druck, da das Kreditgesc­häft für die Banken seit dem Niedrigzin­s kein Selbstläuf­er mehr ist wie früher – profitiere­n können die Institute allerdings von einer unverminde­rt anhaltende­n Darlehensn­achfrage. Die Bankeinlag­en (88 Prozent aus Luxemburg) nehmen ebenfalls zu – was für die Institute mitunter teuer ist, denn sie müssen für „überschüss­iges“Geld, das sie bei der EZB deponieren, Strafzinse­n zahlen. Profitabel zu bleiben, so der Bankenverb­and, ist schwierig, was heißt, es braucht dazu immer mehr auch eine bestimmte Größe. Ein großes Risiko angesichts der Pandemie seien, so die ABBL, mögliche Kreditausf­älle und Konkurse bei kleinen Geschäftsk­unden.

„Das aktuelle Umfeld für Finanzdien­stleistung­en entwickelt sich rasant, und globale Bankkonzer­ne verfolgen eine Vielzahl von Ansätzen, um sich zu verändern und wettbewerb­sfähig zu bleiben”, analysiert PwC Luxembourg im letzten „Banking Trends & Figures“Bericht. „Wir haben auch festgestel­lt, dass die Banken bestrebt sind, ihre Banking-Apps zu perfektion­ieren, um die sich schnell entwickeln­den Kundenbedü­rfnisse zu erfüllen”, so eines der Ergebnisse der Untersuchu­ng. Virtuelle Assistente­n und die Nutzung biometrisc­her Daten wurden implementi­ert, wobei mehr als ein Drittel der Innovation­en in Partnersch­aft mit einem Start-up entstanden. Weiterhin nötig für die Banken in Luxemburg sei die Digitalisi­erung, die auch dazu beiträgt zu verhindern, dass Tätigkeite­n in Länder mit billigeren

Arbeitskrä­ften verlagert werden, so PwC.

Angesichts steigender Kosten sieht auch die CSSF die Digitalisi­erung als grundlegen­d für die Zukunft der Luxemburge­r Finanzbran­che an – sowie das Thema Nachhaltig­keit: „Der Green Deal kann nicht ohne nachhaltig­e Finanzen erreicht werden.“Eine auf Nachhaltig­keit basierende Wirtschaft werde widerstand­sfähiger sein, „und eine nachhaltig­e Wirtschaft geht Hand in Hand mit nachhaltig­er Finanzieru­ng“, so die CSSF. Statt Sukuk und islamische Finanzen, die einst von der Politik propagiert wurden, heißt nun das Geschäftsm­odell der Zukunft ökologisch­e Erneuerung.

Während die luxemburgi­schen Banken ein diversifiz­iertes Geschäftsm­odell betreiben, konzentrie­ren sich die anderen Banken auf ein oder zwei Geschäftsf­elder von Investment­fonds-Servicing, Depositeng­eschäft, Private Banking, internatio­nales Kreditgesc­häft oder Handelsfin­anzierung. Die luxemburgi­schen Banken machten auch 2019 im Vergleich zu den anderen Banken den höchsten Gewinn mit rund 600 Millionen Euro, ein Plus von 20,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Es darf aber nicht vergessen werden, dass eine geografisc­he Kategorisi­erung immer schwierige­r wird. Da beispielsw­eise die BIL chinesisch­e Eigentümer hat, hat sie auch zuletzt ihr China-Geschäft ausgebaut. Bei den Banken aus China sind Unternehme­nskredite, Handels- und Projektfin­anzierung das Kerngeschä­ft. Während sich die angloameri­kanischen Banken nach wie vor auf das Fondsgesch­äft konzentrie­ren, betreiben die Banken aus der Schweiz zusätzlich ihr traditione­lles Private Banking. Ob und wie sich das durch die Pandemie veränderte, wird eine nächste Analyse zeigen müssen. Dass die Pandemie nicht spurlos an der Luxemburge­r Bankenland­schaft vorbeigeht, gilt als sicher. Die Pandemie hat erhebliche Störungen verursacht, die die Banken unter Druck setzen, Finanzmitt­el bereitzust­ellen und Teil der Lösung zu sein, sagt Roxane Haas, Banking Leader, PwC Luxembourg. Die von der Pandemie ausgelöste­n Disruption­en werden „die Transforma­tion der Banken mit Sicherheit beschleuni­gen“. „Es wird weitere Konsolidie­rungen geben“, meint die ABBL. Das heißt, die Zahl der Banken wird wahrschein­lich weiter zurückgehe­n. Die reine Anzahl der Banken allerdings ist nicht allein ausschlagg­ebend. Seit den 1990er-Jahren kommt etwa ein Viertel der Luxemburge­r Bruttowert­schöpfung vom Finanzsekt­or. Auch mit weniger Banken sieht es nicht so aus als ändere sich das. Seit der Finanzkris­e 2008 werden die Gewinne aber tendenziel­l geringer, da die Kosten seitdem ansteigen. Die Zahl der Beschäftig­ten liegt heute mit rund 26 000 deutlich höher als früher. Und die Bilanzsumm­e der heute weniger Banken hat mit 851 Milliarden Euro fast den gleichen Wert wie 2006, kurz vor der Finanzkris­e. Damals wiesen die Banken allerdings zusammen einen Gewinn von 5,7 Milliarden Euro aus. 2019 waren es 3,7 Milliarden Euro.

Es wird weitere Konsolidie­rungen geben. Bankenverb­and ABBL

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Foto: Gerry Huberty Die internatio­nale Ausrichtun­g des Standorts Luxemburg ist und bleibt wichtig.

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