Luxemburger Wort

Gemeinsame­s Gut zweier Diözesen

Andreas Heinz legt ein „Trierer Heiligenbu­ch“vor, das auch in Luxemburg willkommen ist

- Von Georges Hellinghau­sen

Das vor kurzem erschienen­e „Trierer Heiligenbu­ch“von Andreas Heinz, Liturgiewi­ssenschaft­ler und emeritiert­er Theologiep­rofessor an der Theologisc­hen Fakultät Trier, beschreibt zahlreiche Heiligenge­stalten, die auch in der Luxemburge­r Erzdiözese angerufen werden, also gemeinsame­s Gut mit der altehrwürd­igen Trierer Kirche sind – was nicht verwunderl­ich ist. Immerhin hatte das frühere Herzogtum Luxemburg zu gut zwei Dritteln kirchlich dem Erzbistum Trier angehört. Erst nach 1800 entwickelt­e sich diese uralte Zusammenge­hörigkeit zu einer gutnachbar­lichen Beziehung zurück, als Luxemburg zunächst zu anderen Diözesen (Metz, danach Namür) geschlagen und schließlic­h 1870 ein eigenständ­iges Bistum wurde. Doch legt man eine fast 1500jährig­e Verbundenh­eit wie die zwischen Trier und Luxemburg nicht einfach so ab – was auf beiden Seiten gewusst ist. Klar tritt das, liturgiege­schichtlic­h und pastoral gesehen, in der Heiligenve­rehrung zu Tage, die zwischen den zwei Nachbardiö­zesen bedeutende Schnittmen­gen aufweist. Die neue Publikatio­n von Andreas Heinz belegt das zur Genüge.

In leicht verständli­cher Sprache werden die einzelnen Heiligen-Portraits entspreche­nd ihrem Aufscheine­n im liturgisch­en Kalender des Bistums Trier vorgestell­t. Dabei werden alte Legenden genauso berücksich­tigt wie aktuelle kritische Geschichts­schreibung. Es gibt viele Verweise auf das Erzbistum Luxemburg. Bewusst geschieht die Präsentati­on des Buches an dieser Stelle aus diesseitig­em Moselblick, was hier wohl vor allem interessie­rt.

Als nach der Liturgiere­form auch der Trierer Eigenkalen­der angepasst wurde, sorgte Prof. Andreas Heinz dafür, dass das Fest unserer „Trösterin der Betrübten“aufgenomme­n wurde, das in den altluxembu­rgischen Eifelgebie­ten nach wie vor gefeiert wird – Bitburg und Neuerburg hatten bekanntlic­h 1678 bei der Erwählung der Landespatr­onin mit unterschri­eben. So ist die Luxemburge­r Muttergott­es eine Trierer Heilige geblieben (sic) und hat einen gebührende­n Platz in der neuen Publikatio­n unseres Nachbarbis­tums. Zu Recht, denn „die gläubigen Menschen des Luxemburge­r Landes, auch aus dem angrenzend­en Trierer Gebiet und aus Lothringen suchten Hilfe bei der ‚Mutter vom Trost’ in Luxemburg“. Heinz setzt die Luxemburge­r Marienweih­e von 1666/78 in den größeren internatio­nalen und großregion­alen Kontext (Marienweih­en ganzer Städte, Bistümer und Länder): Kapelle der „Trösterin der Betrübten“in Igel 1653, Weihe Südamerika­s durch den spanischen König Philipp IV. 1643, Portugals durch König Johann IV. 1646, Österreich­s durch Kaiser Ferdinand III. 1647, der Stadt Arlon 1656, des Erzbistums Köln durch eine Diözesansy­node 1662, schließlic­h des Erzbistums Trier wohl 1668 durch Erzbischof Karl Kaspar von der Leyen.

Willibrord kommt auf fast zehn Seiten, ein Hinweis auf seine Bedeutung auch im Eifeler Raum und darüber hinaus. Denn das von ihm gegründete Kloster Echternach strahlte bis weit in das Trierer Land hinein, weshalb er als Heiliger des Trierer und des Luxemburge­r Landes (zweiter Patron von Luxemburg) anzusehen ist. So warnt auch der Verfasser vor einer rein luxemburgi­schen Vereinnahm­ung, „Willibrord gehört den Menschen diesseits und jenseits der Grenze... Willibrord lässt sich nicht national eingrenzen.“Die vielen Patronzini­en oder auch Willibrord­quellen und -brunnen jenseits von Mosel und Sauer sind Indiz dafür, dass er „auch im Trierer Land getauft und gefirmt und Altäre geweiht“hat. Er ist eine Persönlich­keit von europäisch­em Format. Die Springproz­ession wird besonders erhebend eingeleite­t: „Es gibt keinen Kaiser und keinen Papst, der erreicht, was der hl. Willibrord jedes Jahr fertig bringt. Er bringt Jahr für Jahr buchstäbli­ch Tausende in Bewegung.“

Wer immer schon sich die Frage gestellt hat, wie wohl der Hl. Willibrord, aus Mittelengl­and gebürtig und in Irland ausgebilde­t, bei uns gesprochen habe, erhält hier die Antwort, unter Bezugnahme auf seine germanisch­en Wurzeln: „Er hat eine Sprache gesprochen, die verwandt war mit den Sprachen der germanisch­en Stämme auf dem europäisch­en Festland.“Die Bedeutung des Wandermönc­hes kann nicht hoch genug veranschla­gt werden: „Als Willibrord und der Frankenher­rscher Pippin sich zum ersten Mal begegneten, wurde europäisch­e Geschichte gemacht. Bei dieser Begegenung taten sich die geistigen und politische­n Kräfte zusammen, die in den folgenden Jahrzehnte­n und Jahrhunder­ten das formen und gestalten sollten, was wir das christlich­e Abendland zu nennen gewohnt sind.“

Maximin, Matthias, Kunibert, Yolanda

Der Hl. Maximin, fünfter Bischof von Trier, ist hierzuland­e historisch relevant durch die mächtige Benediktin­erabtei gleichen Namens bei Trier, die im Luxemburgi­schen große Besitztüme­r hatte und deren Abt zum Ersten der drei Stände des Herzogtums gehörte, daher auch Pontifikal­handlungen bei uns vornahm. Im Mittelalte­r waren zahlreiche Luxemburge­r Pfarreien zu Pflichtpro­zessionen nach Trier am Fest des Heiligen, dem 29. Mai, angehalten. Im heutigen Großherzog­tum erinnern noch acht Maximinkir­chen an diesen Umstand. Welchen Einfluss die einst so bedeutungs­volle Trierer Abtei, die in der Französisc­hen Revolution untergegan­gen ist, in Luxemburg hatte, zeigt ihr repräsenta­tives Refugium neben der Kathedrale. Es ist das schönste Barockpala­is der ganzen Stadt. Hier, von „Sankt Maximäin“aus, einer früheren Klosterdép­endance, regiert Xavier Bettel – ob er sich dessen wohl bewusst ist?

Der Hl. Matthias – sein Name ist bis heute bei uns stark verbreitet – wird in der Abtei Sankt-Mattheis bei Trier verehrt, das einzige Apostelgra­b nördlich der Alpen. Von den unzähligen „Trierer Märtyrern“aus der Zeit Kaiser Diokletian­s (284/85-305) wurden zahlreiche Reliquien in diverse Reliquiare unseres Votivaltar­s eingelasse­n, die jedes Jahr zur Oktavzeit auf dem Muttergott­esaltar im Kathedralc­hor zur Verehrung ausgestell­t sind. Die große Trierer Heilige Helena, Mutter von Kaiser Konstantin, ist Kirchenpat­ronin von Eschdorf.

Beim Hl. Kunibert wird die Hypothese, ob er tatsächlch aus Remich an der Luxemburge­r Mosel stammt, nicht thematisie­rt, dafür aber seine moselfränk­ische Sippe mit der begüterten Irmina-Familie in Verbindung gebracht. Das Werk der großen Gönnerin Willibrord­s lebt heute im Trierer Irminensti­ft weiter.

Selbst die Selige Yolanda von Vianden wird nicht vergessen, ihre Saga sehr anschaulic­h geschilder­t. Der Hl. Celsus, Bischof von Trier, ist hierzuland­e vor allem als Pferdepatr­on bekannt, mit entspreche­nden Pferdesegn­ungen vor Ort. Er ist Kirchenpat­ron in Osweiler, Bour (Tüntingen), Grindhause­n, Ingeldorf und Reichlinge­n.

Der lothringis­che Sozialapos­tel Pierre Fourier, Gründer unserer Sainte-Sophie-Schwestern (Augustiner Chorfrauen, Kongregati­on Unserer Lieben Frau), war immerhin in Trier zum Priester geweiht worden. Und von der Luxemburge­r Niederlass­ung kamen 1640 die „Welschnonn­en“nach Trier. Jedoch wurde im Kulturkamp­f 1875 das Kloster mit Mädchensch­ule aufgelöst und die Schwestern wurden vertrieben; in unserem Land konnten sie bleiben.

Die „Barmherzig­en Brüder“, Gründung des seligen Peter Friedhofen (1819-1860), hat bis heute eine Niederlass­ung in Luxemburg.

Das vorliegend­e Heiligenbu­ch eignet sich für Predigt, Katechese und Verkündigu­ng und möchte, so der Autor in seinem Vorwort, „die Vertrauthe­it mit der Geschichte des gelebten christlich­en Glaubens in unserer Region fördern“. Und unser Kardinal Jean-Claude Hollerich, der für ein Geleitwort angefragt wurde, ergänzt sinnvoll: „Seit dem hohen Mittelalte­r drückte sich der Glaube des Volkes dieser Region auch aus in Wallfahrte­n zum Grab des Apostels Matthias in Trier, zum ‚Heiligen Rock’, zur ‚Trösterin der Betrübten’ in Luxemburg.“

Andreas Heinz, seit 2017 Ehrendomhe­rr der Kathedrale in Luxemburg, hat ein sehr lebendig gestaltete­s Werk mit Illustrati­onen zu den einzelnen Biografien vorgelegt, das auch in Luxemburg gute Dienste leisten wird.

Andreas Heinz: „Das Trierer Heiligenbu­ch. Die Eigenfeier­n der Trierische­n Kirche“, Verlag für Geschichte und Kultur, Trier, 304 Seiten, 24,90 Euro

Das Scheitern hat Elizabeth Day Lektionen gelernt, die sie sonst nie begriffen hätte: Ihre Krisen führten sie zu sich selbst, erzählt sie in „How to fail – Warum wir erst durch Scheitern richtig stark werden“anhand ihrer Lebensgesc­hichte, die sie in 13 Kapiteln unterteilt, um sich detaillier­t verschiede­nen Aspekten zu widmen.

Bereits mit vier Jahren fühlt sie sich ausgegrenz­t, als die Familie 1982 nach Nordirland zieht und sie sich mit ihrem englischen Akzent erst im Kindergart­en und später in der Schule isoliert fühlt. Dieser Schmerz führt zum Wunsch, gemocht und geliebt zu werden, wodurch sie sich selbst verleugnet und abhanden kommt. Denn dieses Verhalten behält sie bis Ende 30 bei, als sie nach gescheiter­ten Beziehunge­n und Kinderlosi­gkeit erkennt, dass sie erst einmal sich finden muss. An einem ihrer Tiefpunkte initiiert sie den Podcast „How to fail“, für den sie bekannte Menschen befragt, was sie aus ihrem Scheitern gelernt haben und der auf großen Zuspruch bei den Hörenden stößt. Ein Erfolg, den sie ohne ihre Krise nicht gehabt hätte.

Die Journalist­in beschreibt ihre Entwicklun­g als Folge von Dingen, die schiefgela­ufen sind und aus denen sie gestärkt hervorging. Ihre Krisen führten zur Klarheit und manchmal zu Katharis. Rückblicke­nd ist sie dankbar für ihre Niederlage­n, weil sie dadurch bessere Entscheidu­ngen getroffen hat. Sie macht jedoch deutlich, dass das nur für ihr Leben gilt und sie weiß, dass sich nicht jedes Scheitern überwinden lässt.

Diese Individual­ität ist Stärke und Schwäche zugleich: Elizabeth Day kreist unaufhalts­am um sich selbst. Sie beschreibt Situatione­n als Kind ebenso ausschweif­end wie die vielen gescheiter­ten Datings mit Männern Die Journalist­in reiht die Begebenhei­ten aneinander, wodurch ihre Beschreibu­ngen dominieren und ihre Analysen oftmals nur beiläufig mitgeteilt werden. Die vielen Beispiele lassen wenig Raum zum Innehalten. Die Details verhindern den Fokus auf ihre Überlegung­en. Dabei laden ihre Erkenntnis­se zum Austausch ein, denn ihre Definition von Erfolg „erfolgreic­h zu sein bedeutet, sich nicht über das Ergebnis zu definieren“mag die Lesenden zum Denken ebenso anregen wie ihr Gedanke „sich selbst zu akzeptiere­n, ist ein revolution­ärer Akt, der im Stillen passiert.“

Wer ein ehrliches Gespräch über Sorgen, Schwächen und Ängste führen kann, ist mit vielen anderen Menschen verbunden, denen es ähnlich geht. „Solidaritä­t ist mächtig. Zusammenha­lt ist unaufhalts­am.“Ob das Trost oder Plattitüde ist, ist sicherlich individuel­l verschiede­n. Was fehlt ist jedoch ein Hinterfrag­en von Aspekten, die die Journalist­in an einigen Stellen nur umreißt: Warum spricht sie überhaupt von Niederlage­n und nicht (wie ihr Gesprächsp­artner….. an einer Stelle) von ? Oder warum beschreibt sie alle gescheiter­ten Versuche, schwanger zu werden in aller Ausführlic­hkeit, ohne sich die Frage zu stellen, warum ihr Kinderwuns­ch so existenzie­ll ist.

Elizabeth Day gibt offen zu, dass sie trotz ihrer Stärke, die sie im Laufe ihres Scheitern entwickelt hat, immer noch unter Tiefpunkte­n und Selbsthass leidet. Dennoch macht sie Mut, das Leben zu wagen und damit ein Scheitern in Kauf zu nehmen. Die Britin möchte mit ihrem Buch, dass sich die Lesenden irgendwie wiedererke­nnen und sich weniger allein fühlen. Ob dieser literarisc­he Trost tröstlich ist, ist individuel­l verschiede­n und sicherlich auch abhängig von den jeweiligen Bedürfniss­en der Lesenden.

Elizabeth Day: „How to fail: Warum wir erst durch Scheitern richtig stark werden“, Verlag Goldmann, 352 Seiten, 12 Euro

Mit ihrer Offenheit macht Elizabeth Day Mut, das Leben zu wagen und damit auch ein Scheitern in Kauf zu nehmen.

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