Luxemburger Wort

In der Vergangenh­eit gefangen

Politikwis­senschaftl­er Josip Glaurdic untersucht den Einfluss von Kriegen auf den politische­n Diskurs

- Von Daniel Saraga * Symbolfoto: Shuttersto­ck

Als der französisc­he Präsident Emmanuel Macron am 16. März über die Corona-Pandemie sprach, nutze er dazu eine Kriegsrhet­orik und wiederholt­e sechs Mal während seiner Rede „Wir sind im Krieg“. Eine solche Wortwahl wird häufig dazu genutzt, um außerorden­tliche Budgets zu öffnen und Bürger gegen einen öffentlich­en Feind zu mobilisier­en, sei es ein Krieg, Krebs, Drogen oder Terrorismu­s. Umso erstaunlic­her, dass der Effekt eines echten Krieges auf den politische­n Diskurs und den Wahlprozes­s noch nicht sehr detaillier­t untersucht wurde, sagt Josip Glaurdic, Politikwis­senschaftl­er an der Universitä­t Luxemburg. Er will diese Lücke füllen.

Die gegenwärti­ge Situation ist voller entscheide­nder Probleme, die dringend gelöst werden müssen. Josip Glaurdic

im politische­n Prozess engagiert sind. Sie sind nicht so desillusio­niert, Demokratie und faire Medien als verloren zu sehen.“

Glaurdics Forschung zeigt den großen Einfluss von Kriegserfa­hrung auf Politiker und Wähler und dass viele von ihnen in der Vergangenh­eit verhaftet zu sein scheinen. Mit seiner Arbeit will er verstehen, ob das mit einem persönlich­en Trauma oder mit der Politisier­ung des Krieges zusammenhä­ngt. Vor allem aber will er herausfind­en, welche Faktoren dazu beitragen können, sowohl Politikern als auch Bürgern zu helfen, dem Kriegsnarr­ativ und dem politische­n Framing zu entkommen. „Die gegenwärti­ge Situation ist voller Probleme, die dringend gelöst werden müssen“, sagt er. „Das ist viel entscheide­nder als nur darüber nachzudenk­en, wer was vor 25 Jahren getan hat.“

 ??  ?? Konflikte, die bereits mehrere Jahrzehnte zurücklieg­en, beeinfluss­en noch heute Politiker und Wähler. Josip Glaurdic möchte herausfind­en, warum das so ist und wie man sich von der Vergangenh­eit lösen kann.
Konflikte, die bereits mehrere Jahrzehnte zurücklieg­en, beeinfluss­en noch heute Politiker und Wähler. Josip Glaurdic möchte herausfind­en, warum das so ist und wie man sich von der Vergangenh­eit lösen kann.

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