In der Vergangenheit gefangen
Politikwissenschaftler Josip Glaurdic untersucht den Einfluss von Kriegen auf den politischen Diskurs
Als der französische Präsident Emmanuel Macron am 16. März über die Corona-Pandemie sprach, nutze er dazu eine Kriegsrhetorik und wiederholte sechs Mal während seiner Rede „Wir sind im Krieg“. Eine solche Wortwahl wird häufig dazu genutzt, um außerordentliche Budgets zu öffnen und Bürger gegen einen öffentlichen Feind zu mobilisieren, sei es ein Krieg, Krebs, Drogen oder Terrorismus. Umso erstaunlicher, dass der Effekt eines echten Krieges auf den politischen Diskurs und den Wahlprozess noch nicht sehr detailliert untersucht wurde, sagt Josip Glaurdic, Politikwissenschaftler an der Universität Luxemburg. Er will diese Lücke füllen.
Die gegenwärtige Situation ist voller entscheidender Probleme, die dringend gelöst werden müssen. Josip Glaurdic
im politischen Prozess engagiert sind. Sie sind nicht so desillusioniert, Demokratie und faire Medien als verloren zu sehen.“
Glaurdics Forschung zeigt den großen Einfluss von Kriegserfahrung auf Politiker und Wähler und dass viele von ihnen in der Vergangenheit verhaftet zu sein scheinen. Mit seiner Arbeit will er verstehen, ob das mit einem persönlichen Trauma oder mit der Politisierung des Krieges zusammenhängt. Vor allem aber will er herausfinden, welche Faktoren dazu beitragen können, sowohl Politikern als auch Bürgern zu helfen, dem Kriegsnarrativ und dem politischen Framing zu entkommen. „Die gegenwärtige Situation ist voller Probleme, die dringend gelöst werden müssen“, sagt er. „Das ist viel entscheidender als nur darüber nachzudenken, wer was vor 25 Jahren getan hat.“