Gesetz soll Outsourcing bei Servior ermöglichen
OGBL prangert Privatisierung öffentlicher Dienste an – Corinne Cahen (DP) soll das Projekt zurückziehen
„Es ist ein Skandal, dass die gesetzlichen Weichen dafür gestellt werden, dass eine Einrichtung öffentlichen Rechts hartes Outsourcing betreiben kann.“Deutliche Worte fand der Zentralsekretär des OGBL-Syndikats Gesundheit und Sozialwesen, Pitt Bach gestern, als die Gewerkschaft Stellung zu einem Gesetzesprojekt bezog, das Familienministerin Corinne Cahen (DP) am 27. Januar deponierte. Ein „großes Projekt, das in aller Stille verabschiedet werden sollte“, wie Bach sich ausdrückte und zu dem weder mit der Gewerkschaft noch den Personalvertretern der Dialog gesucht wurde.
Servior soll künftig Dienstleistungen, wie Verwaltung, Putzen, Küche und Logistik outsourcen und private Gesellschaften gründen können. Der OGBL schätzt, dass 600 Arbeitsplätze betroffen sind, die künftig dann aus dem Kollektivvertrag herausfallen würden. „Dadurch wird der SES-Kollektivvertrag geschwächt und es kommt zu einer Verschlechterung bei den
Arbeitsplätzen“, erklärte Bach und warnte vor „großen Gefahren und Risiken, die weit über Servior hinausgehen und den ganzen Gesundheitsund Pflegesektor, schlussendlich die ganze Gesellschaft betreffen“. Denn jeder sei irgendwann in seinem Leben von diesem Sektor betroffen.
Einstieg in Gesundheitssektor
Servior gehört zu den 20 größten Arbeitgebern des Landes und beschäftigt derzeit 2 150 Angestellte. 15 Alters- und Pflegeheime mit 1 673 Betten sowie ein Essen-aufRädern-Service, der in 30 Gemeinden in Luxemburg ausliefert, werden von der öffentlich-rechtlichen Einrichtung derzeit verwaltet.
Servior ist zudem bereits punktuelle Synergien eingegangen: Für die Hospices Civiles de la Ville de Luxembourg (HCVL) wird seit 2013 die Informatik mit verwaltet, für das Centre Hospitalier Emile Mayrisch (CHEM) werden seit demselben Jahr drei Hauptgerichte pro Tag für die 70 Geriatrie-Betten
in Düdelingen geliefert. Nun sollen weitere Partnerschaften im Langzeitpflegebereich institutionalisiert sowie auch in den Krankenhaussektor eingestiegen werden: Durch den Übergang auf mehr ambulante Behandlungen – Stichwort Hospitalisierung zuhause, Télémedizin und intermediäre Pflege – sieht Servior neue Geschäftsmöglichkeiten.
Neben den Leistungen im Altenund Pflegebereich nach dem ASFT-Gesetz sollen künftig auch administrative, technische, logistische und Restaurationsdienste für alle Personen im sozialen, Familienund therapeutischem Bereich sowie nach dem Krankenhausgesetz angeboten werden können. Dafür soll Servior auch die Gründung von Gesellschaften und Beteiligungen, sogar minoritäre, in anderen Gesellschaften gestattet werden.
Für den OGBL ist es ein weiterer inakzeptabler Versuch der Regierung, öffentliche Dienste zu privatisieren, vor allem aber ein massiver Angriff auf das Kollektivvertragswesen. „Die Regierung hat sich immer für ein starkes Kollektivvertragswesen eingesetzt – dies ist ein Angriff darauf. Das Gesetzesprojekt müsse zurückgezogen werden. „Wir werden uns mit allen Mitteln dagegen wehren. Alles, was nicht Pflege ist, soll dem Kollektivvertrag entzogen werden. Das hat Auswirkungen auf die Qualität der Arbeitsplätze eines ganzen Sektors“, sagt Bach. Ein entsprechender Brief sei an Cahen verschickt worden und man wartet nun auf eine Unterredung. wel
Es geht nicht nur um einen Betrieb, sondern um die Qualität der Arbeitsplätze eines ganzen Sektors. Pitt Bach, OGBL