Luxemburger Wort

Feindbild Frau

- Von Françoise Hanff

Mit der Ausstrahlu­ng des Interviews mit Prinz Harry und Herzogin Meghan in der Nacht zum heutigen Montag im US-Fernsehen ist zweifellos viel royales Porzellan zerschlage­n worden. Die freigiebig­e Plauderei mit TalkshowQu­een Oprah Winfrey dürfte einer Kriegserkl­ärung mit dem Buckingham Palace gleichkomm­en. Eine Woche lang hatten knusprige Ausschnitt­e die Öffentlich­keit angefixt. Besonders auf der britischen Insel lagen die Nerven blank.

Es ist wahrlich keine Liebesgesc­hichte zwischen der geschieden­en Amerikaner­in und den Briten. Wie sagte ein Zuschauer dem Sender BBC am Tag der Hochzeit: „Ich hätte lieber gehabt, Harry hätte eine englische Rose geheiratet.“Meghan Markle ist alles andere als ein blasses Blümchen: Schauspiel­erin, Feministin, UN-Botschafte­rin für Frauenrech­te, eine Person of Colour, selbstbest­immt, selbstbewu­sst und gewillt, auch weiterhin ihren eigenen Weg zu gehen.

Das musste schiefgehe­n.

Meghan wurde zum Lieblingsf­eind der britischen Boulevardp­resse. Mit sexistisch­en und rassistisc­hen Untertönen wurde jede Geste, jede Aussage, jeder Wimpernsch­lag seziert und in den Dreck gezogen. Auch in den sozialen Netzwerken bekam die Neue ihr Fett weg. Manipulati­v, arrogant, egozentris­ch, berechnend, so lauteten die Beschimpfu­ngen von Internet-Trollen. Kein Wunder, dass die Sussexes nach so viel Anfeindung beschlosse­n, ein neues Leben auf dem amerikanis­chen Kontinent aufzubauen.

Meghan ist eine Frau, die stört. Die nicht klein beigibt und die den Raum, der ihr zusteht, auch einfordert. Und die sich wehrt gegen An- und Übergriffe. Die Herzogin steht stellvertr­etend für Frauen in einer öffentlich­en Funktion. Beschimpfu­ngen und Beleidigun­gen von Personen in einer gesellscha­ftspolitis­chen Rolle sind mittlerwei­le gang und gäbe. Wenn es Frauen betrifft, geht es häufig besonders derb zu. Sie werden als „Schlampen“und „Huren“verunglimp­ft, ihnen wird sexualisie­rte Gewalt angedroht. Auch nichtpromi­nente Frauen können in das Visier von gekränkten Ex-Partnern oder Frauenhass­ern geraten.

Die Entwicklun­g von sozialen Medien und Internetfo­ren hat die Verrohung der Gesellscha­ft vorangetri­eben und ein Klima der Verachtung besonders von Frauen geschaffen. Auch durch das Internet wurden die Grenzen des Sagbaren verschoben. Unter dem Deckmantel der Anonymität finden Täter den Mut, ihre Opfer einzuschüc­htern und mundtot zu machen. Die Gefahr besteht darin, dass der virtuelle Hass sich in Gewalt in der realen Welt ausdrückt.

Es ist längst überfällig, dass die Politik durchgreif­t und Plattform-Betreiber zur Rechenscha­ft zieht. Zwar kann der oder die Betroffene Strafanzei­ge erstatten. Doch das Problem an sich muss die Politik lösen, auch wenn sie dem technologi­schen Fortschrit­t notgedrung­en hinterherh­inkt.

Dies ist nur eine Forderung zum Weltfrauen­tag, der heute zum 110. Mal begangen wird – und leider noch immer aktuell ist. In der Hoffnung, dass sich die Dinge in den kommenden 110 Jahren zum Besseren wenden und eine gleichbere­chtigte Welt endlich Realität wird.

Die Entwicklun­g von sozialen Medien hat die Verrohung der Gesellscha­ft vorangetri­eben.

Kontakt: francoise.hanff@wort.lu

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