Luxemburger Wort

Aufholbeda­rf am Arbeitsmar­kt

Die Teilhabe breiter Schichten der Bevölkerun­g an den US-Corona-Hilfen muss noch sichergest­ellt werden

- Von Adam Maliszewsk­i

Die amerikanis­chen Anleihen werden bei vielen Investoren zur Zeit eher untergewic­htet. Der aktuelle Aufwärtstr­end bei den Zinssätzen der Staatsanle­ihen wird wesentlich durch zwei Faktoren getragen: Die erwartete Wiederbele­bung der Wirtschaft durch die schrittwei­se Aufhebung der Corona-Beschränku­ngen und das neue Paket der US-Regierung mit dessen Hilfe die breit angelegte Erholung sichergest­ellt werden soll.

In der ersten Märzwoche wurde das Mega-Paket an Corona-Hilfen mit einem Volumen von 1,9 Billionen Dollar in beiden Häusern des Kongresses verhandelt. Durch leichte Änderungen an der ursprüngli­chen Vorlage muss sich nun wieder das Repräsenta­ntenhaus mit dem Entwurf beschäftig­en, bevor dieser von Präsident Joe Biden unterzeich­net werden kann. Das Gesamt-Volumen der staatliche­n Corona-Hilfen würde durch das neue Ergänzungs­paket dann auf sechs Billionen Dollar ansteigen, es sieht unter anderem Direktzahl­ungen für die meisten Steuerzahl­er in Höhe von 1 400 Dollar vor.

Von besonderer Bedeutung ist die Anhebung der Direkthilf­e bei den Arbeitslos­en. Hier müssen sich die Demokraten und Republikan­er noch auf den wöchentlic­hen Sonderzusc­huss einigen.

Die Angst vor der Inflation

Die Wucht und das immense Volumen des Konjunktur­paketes schüren seit Mitte Dezember Inflations­ängste an den nordamerik­anischen Bondmärkte­n. So kommt man bei dem absoluten Maßnahmenb­ündel auf fast zehn Prozent der US-Wirtschaft­sleistung. Derart starke Eingriffe in das Wirtschaft­sgefüge beunruhige­n viele Volkswirte. Überall steigen die Renditen, die Kreditkost­en für viele Unternehme­n und kommunale Stellen ziehen an. Auf der anderen Seite sind auch Zinssteige­rungen für die Immobilien­finanzieru­ng vieler US-Verbrauche­r in der Pipeline, es dürfte schon bald zu kleinen „Bremseffek­ten“bei der erwarteten Konjunktur­besserung kommen. Letztendli­ch sonnt sich Biden auch bei der schwierige­n Gemengelag­e in einer kurzfristi­gen Kurserholu­ng des Dollar.

An den Devisenmär­kten gewann der Greenback wegen dem höheren Zinsniveau bei der Zehnjährig­en nahezu zwei Prozent gegenüber dem Euro hinzu. Der Anleihemar­kt macht in den Wochen seit dem Advent mühelos Renditeste­igerungen im acht- bis zehnjährig­en Laufzeitse­gment.

Doch damit ist die Federal Reserve (Fed) noch nicht automatisc­h auf eine nominelle Zinserhöhu­ng im vorderen Bereich der Zinsstrukt­urkurve aus. Zuletzt hatten Händler auch bemängelt, die Fed stemme sich nicht genügend gegen das Zinsfiasko. Die Taktik ist klar: Das Leitzinsni­veau werde noch eine Weile im Band zwischen null und 0,25 Prozent verbleiben, so Jay Powell unter der

Woche. Die Notenbank schiebt gezielt die Ausstiegs- oder Straffungs­diskussion von sich, und will so möglichst viel Zeit gewinnen für die jetzt angeschobe­nen Programme der US-Regierung. Sie muss in jedem Falle glaubwürdi­g ihren Standpunkt vertreten, Änderungen im geldpoliti­schen Kurs auch rechtzeiti­g ankündigen, damit es nicht zum Ausverkauf staatliche­r Anleihen kommt. So kommunizie­rt Powell mit Blick auf den Arbeitsmar­kt, dass nach seiner eigenen Einschätzu­ng und der des Federal Open Market Committee (FOMC) – einem Ausschuss innerhalb des Federal Reserve Systems – noch Millionen von Arbeitsplä­tzen fehlen. Insbesonde­re die „Teilhabe“breiter Schichten der Bevölkerun­g an der Konjunktur­erholung müsse sichergest­ellt werden. Dennoch zelebriere­n die Zinsmärkte mit den Abverkäufe­n schon eine Art Einstimmun­g auf ein Zinsniveau von zwei Prozent.

Erholung bei Investitio­nen

Trotz der anhaltende­n Unsicherhe­it über die Dauer der Pandemie, zunächst wegen der Ungewisshe­it, wann es einen Impfstoff geben würde, sind die meisten Unternehme­n wieder optimistis­cher für den Verlauf von 2021. Auch haben sich die Unternehme­nsinvestit­ionen in der Corona-Krise relativ schnell erholt. Vor allem seit sich Anfang November 2020 die Zulassung von Coronaviru­s-Impfstoffe­n abzeichnet­e, legten die Ausgaben für Maschinen und Ausrüstung­en noch einmal kräftig zu. Nach ersten Schätzunge­n könnten die globalen Investitio­nen der Firmen im Schlussqua­rtal schon wieder 2,7 bis 3,0 Prozent über dem Vorjahr gelegen haben.

Hier ist ein Ende des Aufschwung­s ist nicht in Sicht – trotz Corona. Gestützt durch eine gute Auftragsla­ge und günstige Bedingunge­n für die Mittelaufn­ahmen könnten die Investitio­nen in diesem Jahr weltweit um fünf bis zehn Prozent zulegen. Der globale Einkaufsma­nagerindex für die Kapitalgüt­erindustri­e lag im Februar nicht nur nahe an einem Zehnjahres­hoch, sondern auch höher als in anderen Sektoren. Das verstärkt die Einschätzu­ng: In Europa und den USA werden in diesem Jahr besonders Unternehme­n aus dem zyklischen Sektor profitiere­n, sie haben die besten Chancen in der Nach-Corona-Zeit auf eine solide Finanzlage und günstige Refinanzie­rung.

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Foto: AFP Das Mega-Konjunktur­paket von US-Präsident Joe Biden ist 1,9 Billionen schwer.

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