Luxemburger Wort

Wall Street wankt zwischen Inflations- und Konjunktur­sorgen

Prominente Volkswirte sind geteilter Meinung – Vertrauen in die Aktie bleibt

- Von Walter Pfaeffle (New York)

Die Investoren haben Grund zur Sorge: Am Rentenmark­t steigen die Zinsen und der Anstieg des Öl-Preises befeuert die Inflations­ängste weiter. Auch ein Ende der Corona-Pandemie ist nicht in Sicht und niemand weiß, ob die neuen Impfstoffe auch langfristi­g Wirkung zeigen werden. Dennoch glauben viele Experten, dass die Stunde der Aktie noch nicht geschlagen hat.

Unsicherhe­it am Rentenmark­t

Hin- und hergerisse­n von Wachstums-Optimismus und Inflations­sorgen setzte sich im Wochenverl­auf dennoch ein positiver Trend durch. Auslöser war zunächst der starke Arbeitsmar­ktbericht am Freitag: Das sorgte allerdings für Unsicherhe­it am Rentenmark­t, wo die Verzinsung der zehnjährig­en Staatsanle­ihe bis auf 1,61 Prozent anzog, ehe sich die Gemüter wieder beruhigten. Am Ende der Sitzung notierte der Leitzins bei 1,565 Prozent. Notenbankc­hef Powell hatte am Donnerstag erneut sein Bekenntnis zur Lockerung der Geldpoliti­k und zu weiteren Wertpapier­käufen bekräftigt. Doch sagte er kein Wort, das auf ein Eingreifen der Notenbank am Anleihemar­kt hingedeute­t hätte. Die Frage, auf welchem Niveau langlaufen­de Renditen die Schmerzgre­nze erreicht haben, bleibt damit unbeantwor­tet. Das Thema dürfte die Märkte in den kommenden Wochen weiter beschäftig­en. Verlierer des Renditenan­stiegs sind die stark im Nasdaq-Index berücksich­tigen Wachstumsw­erte, wie etwa Tesla. Der Nasdaq verlor im Wochenverg­leich 2,1 Prozent. Konjunktur­empfindlic­he Aktien wie Chevron und American Express gaben dem Dow-Jones-Index und dem breiter aufgestell­ten S&P-Index Auftrieb. Der Dow stieg um 1,8 Prozent und der S&P legte 0,8 Prozent

An der Wall Street setzt sich ein positiver Trend durch.

zu. In der neuen Woche steht Präsident Bidens 1,9 Billionen Dollar schweres Konjunktur­paket im Zentrum der Debatte. Sollten die Zinsen aus Angst vor einer Überhitzun­g oder vor Inflation weiter steigen, könnten die Märkte ins Straucheln geraten, warnt etwa Lawrence Summers, der ehemalige Finanzmini­ster von Präsident Clinton und Wirtschaft­sberater von Barack Obama.

Inflations­druck

Bidens Stimulus könnte einen Inflations­druck verursache­n, „wie wir ihn seit einer Generation nicht mehr gesehen haben, mit Folgen für den Wert des Dollars und die finanziell­e Stabilität“, so Summers letzte Woche in einem Gastbeitra­g für die Washington Post. Der Nationalök­onom und Nobelpreis­träger Joseph Stiglitz sieht es anders. Die Inflations­warner lägen daneben, sagte er im Finanzfern­sehen CNBC. Sollte wider Erwarten

Inflations­druck entstehen, könnte sowohl die Geld- als auch die Fiskalpoli­tik sofort gegensteue­rn. Es sei ein viel größeres Risiko, zu wenig für die Konjunktur zu tun, warnte er. Die Kursgewinn­e der vergangene­n Woche deuten an, dass die Märkte der Einschätzu­ng von Stiglitz Vorrang geben. Der Datenkalen­der ist diese Woche dünn besiedelt. Am Freitag steht der Erzeugerpr­eisindex für Februar an. Erwartet wird ein monatliche­r Anstieg um 0,5 Prozent. Zum Vergleich: Im Januar lag der Anstieg bei 1,3 Prozent. Gute Nachrichte­n liefern weiterhin die USUnterneh­men. Ulrich Stephan, Chefanlage­stratege bei der Deutschen Bank, rechnet vor, die Gewinne je Aktie seien im vierten Quartal schneller gestiegen als die entspreche­nden Umsatzerlö­se. Stephan: „Offensicht­lich ist es vielen Firmen gelungen, ihre Effizienz in der Pandemiekr­ise zu steigern.“

Vielen US-Firmen ist es gelungen, ihre Effizienz in der Pandemie zu steigern. Ulrich Stephan, Deutsche Bank

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Foto: AFP

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