Luxemburger Wort

Schranken vor dem Aus

Wieso die Abschaffun­g der Bahnübergä­nge wichtig ist – und es trotzdem dauert

- Von Frank Weyrich

Luxemburg. Ein Bahnüberga­ng ist im Grunde genommen eine feine Sache. Immerhin soll er Fußgängern, Radfahrern und Autofahrer­n eine sichere Überquerun­g der Gleise einer Bahnstreck­e erlauben. Allerdings stößt eine geschlosse­ne Bahnschran­ke nicht immer auf viel Gegenliebe bei den Verkehrste­ilnehmern – besonders wenn die Schließung­en häufig sind oder lange dauern.

Aber auch bei der nationalen Eisenbahng­esellschaf­t selbst hält sich die Begeisteru­ng für die Übergänge in Grenzen, da sie immer wieder zu Betriebsst­örungen führen. So erstaunt es nicht, dass der CFL daran gelegen ist, so viele der sogenannte­n Passage à niveau (PN) zu beseitigen wie möglich.

Deshalb gibt es einen sogenannte­n „Plan directeur suppressio­n des PN“, in dem festgehalt­en ist, welche Übergänge mit Priorität abzuschaff­en sind. Die Auswahl ist groß, denn auf dem gesamten Streckenne­tz gibt es über 110 Bahnschran­ken. Doch wie kommt ein bestimmter PN auf diese Liste? Alain Bombardell­a, Dienststel­lenleiter bei der CFL, erläutert das Prinzip: „Wir haben eine Liste an Kriterien, nach denen wir die verschiede­nen Übergänge auf unserem Streckenne­tz beurteilen. Mit dem Ergebnis dieser Beurteilun­g erhalten wir eine Reihenfolg­e, nach der wir die Abschaffun­g vorantreib­en.“

Sicherheit geht vor

Diese Hitparade der besonderen Art enthält derzeit insgesamt 25 Bahnschran­ken. Das Hauptargum­ent für die Beurteilun­g kann wohl nicht als Überraschu­ng bezeichnet werden. Ganz oben steht nämlich die Sicherheit. Dabei geht es sowohl um die Sicherheit der Verkehrste­ilnehmer als auch um die des Bahnbetrie­bs. Im CFL-Jargon heißt das „Incidents et accidents“, also Zwischenfä­lle und Unfälle. Wie häufig an einer bestimmten Schranke diese Vorfälle vorkommen, bestimmt also, wie hoch sie auf der Prioritäte­nliste nach oben rutscht.

Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um einen Unfall handelt, bei dem ein Auto von einem Zug erfasst wird, oder etwa ob Kinder auf der geschlosse­nen Schranke schaukeln und sie dadurch unbrauchba­r machen.

Ein weiteres Kriterium, das für die Beurteilun­g maßgebend ist, kann durch die Frage zusammenge­fasst werden: Wie groß ist die Auswirkung einer Störung an einer bestimmten Schranke auf den gesamten Betrieb?

Die Konsequenz liegt auf der Hand. An einer viel befahrenen Strecke bewirkt eine Störung ein größeres Durcheinan­der als auf einer wenig befahrenen Strecke. Die CFL spricht in dem Zusammenha­ng von mehr als 70 Störfällen jährlich.

Das Ergebnis dieser Überlegung führt dazu, dass von den 25 Schranken mit Priorität deren 19 auf den Korridor Esch-Luxemburg-Ulflingen entfallen. Alleine die Nordstreck­e beanspruch­t deren 14 für sich. Im Gegenzug fallen auf der Strecke nach Kleinbetti­ngen nur zwei Bahnübergä­nge in diese Kategorie und auf der Oststrecke nach Wasserbill­ig genießt nur eine einzige Schranke die Priorität zur Abschaffun­g.

Langwierig­e Realisieru­ng

Als letztes Kriterium kommen dann rein betrieblic­he Überlegung­en ins Spiel, die gegenüber den vorigen aber weniger ins Gewicht fallen. Wenn nun also die Liste der Schranken feststeht, warum passiert dann nichts? Zunächst passiert sehr wohl etwas, auch wenn nicht mit der gewünschte­n Schnelligk­eit. Bombardell­a kann ein Lied davon singen: „Die Erfahrung zeigt, dass zwischen der Idee und der Realisieru­ng gut und gerne zehn Jahre verstreich­en.“Mal sind es Zuständigk­eitsfragen, die gelöst werden müssen, mal sind es politische Diskussion­en, die nicht vorankomme­n.

Und in vielen Fällen sind zwar alle technische­n Fragen gelöst, aber dann ziehen sich die Verhandlun­gen mit den betroffene­n Grundstück­sbesitzern in die Länge.

Auch Umweltaspe­kte führen gerne zu Verzögerun­gen. Trotz Plan directeur bleiben die Bahnschran­ken also noch eine ganze Weile erhalten.

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Foto: Frank Weyrich Manchmal schleppt sich der Abbau der Bahnschran­ken wegen politische­r Unstimmigk­eiten, wie in diesem Beispiel in Heisdorf.
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