Präsidentenschreck
Der Wiltzer Sanel Ibrahimovic überzeugt bei seinem Ex-Club Düdelingen mit einem Doppelpack
Zum zweiten Mal binnen einer Woche muss sich F91 in einem Heimspiel mit einem Unentschieden begnügen. Dem 1:1 gegen Strassen folgte am Samstag ein 3:3 gegen Aufsteiger Wiltz. Ein Rückkehrer ins Stade Jos Nusbaum erwies sich aus Sicht der Düdelinger, die nach 30 Minuten scheinbar alle Trümpfe in der Hand hielten, als Spielverderber.
Es klang wie eine böse Vorahnung – und zeugte zugleich von höchstmöglichem Respekt. „Passt mir auf Ibra auf“, raunte F91-Präsident Gerry Schintgen in seiner Doppelfunktion als Stadionsprecher in der Journalistenkabine des Stade Jos Nosbaum.
20 Minuten später sollte sich diese Warnung bewahrheitet haben. Zwei Torschüsse, zwei Tore. In gerade einmal 120 Sekunden hatte Sanel Ibrahimovic seinem ExVerein, bei dem er von 2015 bis 2019 spielte, eine sichergeglaubte Zwei-Tore-Halbzeitführung entrissen.
F91 fahrlässig
Dabei machte Ibrahimovic seinem Ruf als eiskalter Vollstrecker alle Ehre. „Wiltz hat sich keine echte Torchance herausgespielt und geht dennoch mit einem 2:2 in die Pause“, so ein resignierter Schintgen. Beim 1:2-Anschlusstreffer jagte Ibrahimovic einen Foulelfmeter unhaltbar in den Winkel (44.'). Vorausgegangen war ein sinnfreies Textilvergehen von Cabral an Burkic.
Wer dachte, der Anschlusstreffer sei zum Ende einer von F91 dominierten ersten Hälfte aus Gästesicht das höchste der Gefühle, der rieb sich keine 120 Sekunden später verwundert die Augen. F91-Torwart Kips stoppte einen harmlosen Rückpass in die Füße von Ibrahimovic, der sich im anschließenden Eins-gegenEins
nicht zweimal bitten ließ (45. + 1.').
„Wenn wir nicht mit einem 2:2 in die Pause gehen, hätten wir hier auch untergehen können“, brachte der Wiltzer Trainer Dan Huet nach Spielende auf den Punkt, dass das Halbzeitresultat keinesfalls den Spielverlauf widerspiegelte, da ein dominanter F91 die Zwei-ToreFührung fahrlässig herschenkte.
Maßgeblichen Anteil an beiden Treffern der Lokalformation hatte Rechtsverteidiger van den Kerkhof, dessen Tempoläufe auf dem Flügel den Gegnern wöchentlich Kopfzerbrechen bereiten. Zum 1:0 verwandelte van den Kerkhof einen Handelfmeter souverän (30.'), ehe er nach einer Balleroberung gegen Giargiana beherzt in den Strafraum zog, um Kirch mustergültig das 2:0 zu servieren (38.').
Eine scheinbar souveräne Halbzeitführung. Wären da aus Sicht der Düdelinger nicht die besagten zwei Blackouts – sowie der Realismus ihres Ex-Teamkollegen – gewesen.
Kaum aus der Halbzeit raus, legten die Gäste nach. So sehr ihnen Anschluss- als auch Ausgleichstreffer auf dem Silbertablett serviert wurden, so toll spielten Ibrahimovic und Co. den 3:2-Führungstreffer durch Vaccaro heraus (49.').
Nach diesem halbzeitübergreifenden, fünfminütigen Blackout riss F91 die Partie wieder an sich. Mehr als das 3:3 durch den eingewechselten Schaus (78.') sollte jedoch allem gelb-schwarzen Powerplay zum Trotze nicht mehr herausspringen.
Rang vier verteidigen
Rückkehrer Ibrahimovic zeigte sich nach Schlusspfiff emotional: „Ich hatte in Düdelingen die vier besten Jahre meiner Karriere. Es ist immer schön, an einen Ort zurückzukehren, an den man dermaßen viele tolle Erinnerungen hat. Zugleich muss ich zugeben, dass es ein sehr komisches Gefühl war, das Stade Jos Nosbaum zu betreten und sich anschließend in der Gästekabine umzuziehen.“
Derweil das Unentschieden für F91 zwei verlorenen Punkten gleichkommt, verbucht Ibrahimovic das 3:3 als Punktgewinn. „Wenn man als FC Wiltz einen Punkt in Düdelingen holt, muss man zufrieden sein. Vor der Saison war Europa nicht zwingend unser Ziel. Solange wir aber auf dem vierten Rang stehen, wollen wir diesen verteidigen. Ein Ibrahimovic gehört einfach auf die europäische Bühne“, scherzte Sanel in Anspielung an seinen berühmten Namensvetter. Blieb noch die Frage, ob Ibrahimovic am Samstag mit einer Portion Extra-Motivation ins Stade Jos Nosbaum zurückkehrte. „Ich habe zwei Tore geschossen, damit sie mich nicht vergessen“, unkte der 33-Jährige. Ibrahimovic hatte wahrlich gut lachen.
Schintgen allerdings hätte auf diese Art der Erinnerungskulturpflege verzichten können. Der F91Präsident wusste genau, wie gefährlich Ibra ist.
Es war ein sehr komisches Gefühl, mich in der Gästekabine umzuziehen. Sanel Ibrahimovic (Wiltz)