Mit den Stars auf der Flucht
Radprofi Kevin Geniets zeigt bei der Strade Bianche eine beachtliche Leistung
Kevin Geniets musste sich wohl auch erst ungläubig umschauen, als er am Samstag 50 km vor dem Ziel der Strade Bianche in der Spitzengruppe fuhr. Unter den neun Fahrern befand sich die Crème de la crème, es waren die besten Profis der jüngeren Radsportgeschichte.
Geniets fuhr beim prestigeträchtigen Rennen durch die Toskana an der Seite von Tadej Pogacar (SLO/Emirates) und Egan Bernal (COL/Ineos), ihres Zeichens Sieger der vergangenen beiden Ausgaben der Tour de France. Aber Geniets fuhr auch an der Seite von Julian Alaphilippe (F/Deceuninck), dem amtierenden Weltmeister. Und er fuhr an der Seite von Mathieu van der Poel (NL/Alpecin) und Wout van Aert (B/Jumbo), die beiden aktuell wohl besten Klassikerfahrer.
Es war eine Gruppe, die man in solch einer Zusammensetzung selten im Radsport erlebt. „Ich habe mich von Anfang an gut gespürt. Ich hatte einen kleinen Vorsprung mit einer anderen Gruppe vor dem entscheidenden Schottersektor. Als ich dann gesehen habe, dass die Topfahrer angreifen, habe ich einfach versucht, mitzufahren. Ich wollte im Ziel nichts bedauern müssen“, beschrieb Geniets die Situation.
Geniets: „Richtig gelitten“
Der 24-jährige Luxemburger Meister war mittendrin, schaffte es aber auf den nervenaufreibenden und überaus hügeligen Schotterpisten nicht ganz, mit den millionenschweren Stars mitzuhalten. „Ich habe einfach gemerkt, dass es mir etwas zu schnell ging. Ich fuhr dann langsamer, um die Energie nicht komplett zu verlieren. Es war ein extrem hartes Finale, und jeder hat richtig gelitten. Man versucht einfach, sich ins Ziel zu retten. Deshalb bin ich ganz zufrieden, die Form passt.“
Ins Ziel fuhr Geniets schließlich als 16., er hatte nach 184 km 4'30'' Rückstand auf den Sieger. Das Rennen besteht zwar erst seit 2007, hat wegen seiner so besonderen Streckenführung über mehr als 50 km der toskanischen Schotterpisten aber schnell einen besonderen Status bei Fahrern und Fans erlangt und gehört mittlerweile zu den größten Klassikern des Radsportkalenders.
Die Profis machten der Strade Bianche auch alle Ehre, denn es war richtig spannend. Am letzten Anstieg hinauf zur Piazza del Campo in Siena setzte van der Poel die entscheidende Attacke und ließ Alaphilippe und Bernal, seinen letzten Begleitern, keine Chance. „Was für ein Rennen, was für ein Finale!“, schrieb der geschlagene Franzose Alaphilippe auf Instagram.
Er zollte van der Poel, der ihn gerade besiegt hatte, Respekt: „Ich habe alles getan, um zu gewinnen. Ich bereue nichts, ich hätte es nicht besser machen können. Bravo Mathieu.“Und der niederländische Sieger erwiderte: „Es ist eine Freude, mit dir zu fahren. Bis bald!“
Mit Jan Petelin vom Team Vini Zabu war neben Geniets ein weiterer Luxemburger am Start. Er hat das Ziel in Siena allerdings nicht erreicht.
Man versucht einfach, sich ins Ziel zu retten. Kevin Geniets