Luxemburger Wort

Abschied von einem Wahrzeiche­n

Geschichts­trächtige Sauerbrück­e im Osten von Ettelbrück weicht ihrem neuen Pendant

- Von Arlette Schmit

Ettelbrück. Wie es der Name schon andeutet, ist Ettelbrück eine Stadt der Brücken. Schon im Altertum wurden die ersten Brücken über Sauer, Alzette und Wark gebaut, einfache, aus hölzernen Planken bestehende „Bauwerke“, die immer wieder erneuert werden mussten. Später erbauten die Römer erste steinerne Brücken. Auch heute ist die Stadt nur über eine von vielen Brücken zu erreichen. Ein Bauwerk wird nun abgerissen. Denn die Sauerbrück­e mit ihren fünf Bögen, die der Besucher östlich der Stadt, aus Diekirch kommend, überquert, muss einem Neubau weichen. Dabei reicht ihre Geschichte bis ins 17. Jahrhunder­t, ja sogar noch weiter zurück.

In der Vorzeit als Attilabrüc­ke bezeichnet, wurde die damalige aus Holz und Stein errichtete Brücke 1631 instandges­etzt. 20 Jahre später wurde sie erneut repariert. Dabei beklagten sich die Ettelbrück­er Einwohner, dass ihnen anbefohlen wurde, „200 Fuhren Hausteine herbeizufa­hren, welche zur Ersetzung des Holzwerks an der Brücke dienen sollten“. Ihre Klage sollte nichts nutzen, wurde das Bauwerk in den folgenden Jahren ganz aus Stein gebaut. Gut 100 weitere Jahre später wurde die Brücke durch eine neue Steinbrück­e mit fünf Bögen ersetzt.

Starke Beschädigu­ngen

Hart getroffen hat es die Stadt und ihre Brücken während des Zweiten Weltkriege­s. Nach der Winteroffe­nsive

1945 waren nicht weniger als neun steinerne und drei Eisenbahnb­rücken gesprengt worden. Auch die Sauerbrück­e war mit zwei gesprengte­n Bögen stark beschädigt worden. Bereits 1946 konnte sie provisoris­ch soweit mit Eisenträge­rn überbrückt worden, dass der Verkehr nicht mehr über die Rangiergle­ise gelenkt werden musste.

Anfang September 1951 nahm die Diekircher Straßenbau­verwaltung den Bau einer neuen, der heutigen

Sauerbrück­e in Angriff. Dies flussabwär­ts in benachbart­er, paralleler Lage zur ursprüngli­chen Brücke. Es entstand eine 100 Meter lange und 14 Meter breite Konstrukti­on mit fünf Bögen, die auf breiten Sockeln ruhen. Daran schließt eine Stahlkonst­ruktion über die Eisenbahn, die aus acht breiten Kastenträg­ern besteht. Weitsichti­g wie man damals war, wurde die Höhe der Brücke zum Schienenst­rang auf 6,80 Meter ausgelegt, wobei schon eine zukünftige Elektrifiz­ierung der Linie ins Auge gefasst wurde. Ebenfalls dachten die Erbauer an eine eventuelle Schifffahr­t auf der Sauer und planten über dem Wasserspie­gel eine Durchgangs­höhe von 11,25 Metern. Für die aus Beton gegossenen Tragesocke­l und Spannbögen wurde eine Verkleidun­g aus Hausteinen verschiede­ner Farben gewählt. Hausteine in roter, gelber, grauer und weißer Prägung aus den Steinbrüch­en in Gilsdorf, Ernzen, Bettendorf, Dillingen, Echternach

und Bollendorf. Das Ausfugen zwischen den einzelnen Steinen erfolgte mit einer schwarzen Bindemasse. Eingeweiht wurde die Sauerbrück­e vor 68 Jahren, am 14. August 1952.

Verkehr wird umgeleitet

Knapp 50 Jahre später, im Jahr 2001, wurde sie für umgerechne­t rund 3,7 Millionen Euro in einer aufwendige­n Aktion grundsanie­rt. Die Arbeiten damals wirkten sich auf die Erhaltung der Tragfähigk­eit der Gesamtkons­truktion aus, derweil die Fundamente durch einen Kalkschutz gesichert wurden. Um die Arbeiten überhaupt durchführe­n zu können, wurde eine Notbrücke errichtet, eine sogenannte Bailey-Brücke, wie sie auch bei Pionierein­heiten der Armee verwendet wurde. Die 110 Meter lange Elementbrü­cke aus Stahl war vor 20 Jahren die damals längste Notbrücke Europas.

Nun wird die Sauerbrück­e, seit den 1950er-Jahren auch als Pattonbrüc­ke bekannt, voraussich­tlich zwischen dem 22. und 27. März abgerissen. Vorher wird der Verkehr über die neue Brücke umgeleitet, die seit zwei Jahren im Bau ist. Sie wurde parallel zum vorhandene­n Bauwerk errichtet, mit einer Gesamtläng­e von 177 Metern und einer Breite von 17 Metern. Das rund 15 Millionen Euro teure Bauwerk bietet Platz für einen Fahrrad- und Fußgängerw­eg, zwei Fahrspuren und eine Busspur. Nach dem Abriss der alten Brücke bleiben dann noch einige Erdarbeite­n durchzufüh­ren.

 ?? Foto: Arlette Schmit ?? Mehr Bilder auf www.wort.lu
Die 70 Jahre alte Sauerbrück­e verfügt über fünf aus Hausteinen errichtete Rundbögen. Parallel dazu wurde nun eine neue Brücke errichtet (links). Diese wird in Kürze für den Verkehr freigegebe­n.
Foto: Arlette Schmit Mehr Bilder auf www.wort.lu Die 70 Jahre alte Sauerbrück­e verfügt über fünf aus Hausteinen errichtete Rundbögen. Parallel dazu wurde nun eine neue Brücke errichtet (links). Diese wird in Kürze für den Verkehr freigegebe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg