Ausgebremster Antreiber
Bei der Niederlage gegen Differdingen kann F91-Verteidiger Kevin van den Kerkhof seinen Offensivdrang kaum zeigen
Es war ein ziemlicher Volltreffer, den F91 Düdelingen da auf der rechten Abwehrseite gelandet hat. Der Franzose Kevin van den Kerkhof ist ein Fußballspieler, den es in der BGL Ligue so nicht noch ein zweites Mal gibt. „Es stimmt, das ist schon etwas speziell“, sagt van den Kerkhof, angesprochen auf seine Schnelligkeit gepaart mit 1,90 m Körpergröße. „Dass ich groß und schnell bin, ist sicherlich eine Qualität. Sie macht mein Spiel gefährlich, und davon profitiert am Ende die ganze Mannschaft.“
Bei der bitteren 0:1-Niederlage gegen Differdingen im Stade Municipal in Oberkorn konnte der 24Jährige gestern seine Klasse aber nur selten unter Beweis stellen. Nach der Verletzung von Düdelingens Innenverteidiger Jules Diouf in der 35.' – nach acht Minuten musste bereits Kapitän Mehdi Kirch vom Feld – stellte Trainer Carlos Fangueiro das System um. Als rechter Verteidiger in der Dreierkette hatte van den Kerkhof weniger Möglichkeiten, sich an Angriffen zu beteiligen.
Buch schlägt eiskalt zu
Fangueiro hatte seine Startelf nach dem Heimspiel gegen Wiltz auf sechs Postionen verändert, im Tor spielte Winterneuzugang Miguel Palha statt Tim Kips. Nach zuletzt (zu) vielen Gegentoren waren sowohl F91 (3:3 gegen Wiltz) als auch Differdingen (1:4 gegen Fola) vor allem um defensive Stabilität bemüht.
Die Folge war, dass bei beiden Teams nach vorne wenig passierte. Erst in der Nachspielzeit schlug Differdingens Andreas Buch zu. Nach einem Konter wurde ein misslungener Schuss des eingewechselten Shean Garlito zur perfekten Vorlage für den Torjäger, der nur noch einschieben musste.
Blickt man in die bisherigen Liga-Statistiken, wird deutlich, wie wichtig van den Kerkhof seit seiner Ankunft im Sommer für den Tabellenzweiten geworden ist. In allen 15 Ligaspielen stand der Mann aus dem nordfranzösischen Saint-Saulve über 90 Minuten auf dem Platz. „Das zeigt mir, dass ich das Vertrauen von Trainer und Staff habe“, erklärt van den Kerkhof. „Und dass ich jedes Mal, wenn ich spiele, meine Leistung zeige.“
Vor der Systemumstellung gegen Differdingen war der Franzose mehr Flügel- als Abwehrspieler. Wenn es brenzlig wurde, war van den Kerkhof dank seiner Schnelligkeit schnell wieder hinten. Bezeichnend war eine Szene aus der 19.': Differdingens 17-jähriger Debütant Arlindo Barbosa hatte viel Wiese vor sich, wurde jedoch vom Düdelinger Rechtsverteidiger clever abgelaufen. Van den Kerkhof klärte nicht nur, sondern setzte sogar zum Gegenangriff über die Seite an. Barbosa stoppte ihn unsanft und sah die Gelbe Karte.
Mit drei Saisontoren und drei Vorlagen – zuletzt Treffer und Assist gegen den starken Aufsteiger Wiltz – ist van den Kerkhof für die Düdelinger Mannschaft mehr Antreiber als Stabilisator. „Ich fühle mich auf der rechten Seite wohler als beispielsweise in der Innenverteidigung“, erläutert er. „Dort kann ich meinen Offensivdrang besser entfalten. Ich mag es, Räume zu erkennen. Wenn sich vor mir welche öffnen, dann will ich sie sofort nutzen.“
Unter anderem dank dieser Qualität hat der Spieler mit algerischen Wurzeln, der beim ehemaligen französischen Erstligisten Valenciennes ausgebildet wurde, bei all seinen Stationen schnell Fuß gefasst. Wenige sind es nicht: In sechs Jahren spielte van den Kerkhof bei sechs Clubs: Aulnoye, Lorient II, La Louvière (alle F), Feignies, Charleroi (beide B) und jetzt F91. Wirklich lange blieb der Verteidiger nie.
Das soll sich jetzt im Großherzogtum ändern. „Ich fühle mich hier in Luxemburg sehr wohl“, sagt er. Das große Ziel, irgendwann im lukrativen Profigeschäft Fuß zu fassen, behält der 24-Jährige im Hinterkopf. Besonders attraktiv ist natürlich die Tatsache, dass sich die besten vier Mannschaften der BGL Ligue für den europäischen Wettbewerb qualifizieren. Bei neun Punkten Vorsprung auf den Tabellenfünften Wiltz stehen die Düdelinger Chancen trotz der bitteren Niederlage gut.
Dass die Mannschaft dafür mehr Tore schießen muss, liegt auf der Hand. Vor allem, da der einstige Tabellenführer nun zwei Mal in Folge nicht gewinnen konnte. Der Offensivdrang von Kevin van den Kerkhof kann dem FangueiroTeam dabei nur helfen.