Die Verschärfung der systematischen Ungerechtigkeit
Vor zehn Jahren wurde der Volksaufstand im Königreich Bahrain mit Billigung des Westens blutig niedergeschlagen
Als in der dritten Märzwoche des Jahres 2011 in Syrien der Volksaufstand begann, war in Bahrain die Revolution bereits beendet. Panzer rollten damals von SaudiArabien über die König-Fahd-Brücke zum Lulu-Platz von Manama. Mehr als 70 Menschen kamen bei der Niederschlagung eines Volksaufstandes ums Leben, der völlig friedlich begonnen hatte.
Bis zu 200 000 Menschen waren während des einmonatigen Aufstandes an manchen Tagen auf die Straßen gegangen. Die sunnitische Königsfamilie versuchte den nationalen und überkonfessionellen Aufstand von Anfang an als eine von Iran unterstützte Schiitenrevolte zu diskreditieren. Diese stellen rund 70 Prozent der Bevölkerung, werden aber vom Regime systematisch diskriminiert.
Bahrainische Schiiten haben kaum Aufstiegsmöglichkeiten und erhalten keine Positionen in Armee und Polizei. Um ihren Bevölkerungsanteil langsam zu verringern, werden schiitische Aktivisten inzwischen ausgebürgert und sunnitische Polizisten aus Pakistan eingebürgert.
Internationale Kritik bleibt aus
Den Sturz des sunnitischen Königs Hamad bin Isa Al Chalifa hatte die Protestbewegung erst gefordert, nachdem die bahrainische Polizei mit Waffengewalt gegen die Demonstranten auf dem LuluPlatz, dem arabischen Wort für Perle, vorgegangen war. Bis heute wird der symbolträchtige Platz im Zentrum von Manama von der Nationalgarde bewacht. Sämtliche Versuche, den Platz erneut zu besetzen, wurden seitdem mit Waffengewalt verhindert.
Was in Manama damals geschah und sich in unregelmäßigen Abständen mit einer geringeren Intensität noch immer wiederholt, macht vergleichsweise wenig Schlagzeilen. „Internationaler Druck bleibt aus“, kritisiert Malcom Smart von Amnesty International: „Während der Volksaufstände in Tunesien, Ägypten und Syrien hat man sich mit großem Nachdruck für die Einhaltung der Menschenrechte stark gemacht. Um den Eindruck zu vermeiden, dass man bei der Bewertung arabischer Volksaufstände nicht zweierlei Mass anlegt, hätte man auch auf die bahrainischen Behörden stärkeren Druck ausüben müssen“.
Um die internationale Zurückhaltung zu verstehen, genügt ein Blick auf die Landkarte: In Manama, der Hauptstadt des kleinen Königreiches, befindet sich das
Hauptquartier der 5. US-Flotte. Sie kontrolliert von Bahrain aus nicht nur den Persischen Golf. Von hier aus fahren amerikanische Kriegsschiffe auch ins Rote Meer, das Arabische Meer sowie Teile des Indischen Ozeans. Aus geostrategischen Gründen konnten die USA vor zehn Jahren daher keinen Machtwechsel zulassen.
Stagnation statt Veränderung
Das Misstrauen gegenüber dem Iran, der unter dem Schah Ansprüche auf Bahrain erhoben hatte, sitzt weiterhin tief. Eine Öffnung des Systems im Sinne einer konstitutionellen Monarchie kommt für die Al-Chalifa-Familie auch deshalb nicht in Frage, weil sie von den herrschenden Autokraten auf der Arabischen Halbinsel kategorisch abgelehnt wird. „Zehn Jahre nach der Niederschlagung des Aufstandes hat sich die systematische Ungerechtigkeit weiter verschärft“, urteilt Amnesty International. Politische Repression habe jeglichen Raum für die Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung geschlossen. Die vage Hoffnung auf einen vorsichtigen politischen Wandel stützt sich auf Salman bin Khalifa, der 2020 zum neuen Regierungschef ernannt wurde. Im Gegensatz zu seinem Amtsvorgänger, einem in der Bevölkerung verhassten Hardliner, gilt Salman als moderat und reformorientiert.
Entscheidungen von politischer Tragweite sind von ihm jedoch nicht zu erwarten. Sie werden vom Königshaus in Riad getroffen. Von dort kam auch das grüne Licht für den Friedensschluss des Inselstaates mit Israel im September 2020, der von Iran als eine „beschämende und niederträchtige Entscheidung“verurteilt wurde.