Luxemburger Wort

Alternativ­en sind nicht immer besser

- Von Dr. Romi Roth Symbolfoto: Shuttersto­ck

Bagheera, eine ehemals geradezu majestätis­che schwarze Europäisch­e Mischlings­katze, war nur mehr ein Schatten ihrer selbst, als sie von ihren Besitzern endlich zur Sprechstun­de gebracht wurde.

Seit Wochen hatte das sonst recht verfressen­e Tier kaum noch Appetit und döste letztens tagelang nur noch erschöpft vor sich hin. Wenn sie ihr Versteck hinter der Waschküche­ntür doch mal verließ, um das Katzenklo aufzusuche­n, tat sie dies mit bedenklich schwankend­em, unkoordini­ertem Gangbild. Dazu zitterten abwechseln­d ihre Vorder- und Hinterfüße und als großes Geschäft deponierte das abgemagert­e Tier nur mehr Durchfallk­ot ins Katzenstre­u. Bagheeras Besitzer vermuteten als Erklärung für den Zustand ihrer Katze eine Infektion mit FIV („Katzen-Aids“), einem Virus, an dem vor einiger Zeit eine Nachbarska­tze ganz jämmerlich gestorben war. Eine rasch angesetzte Blutunters­uchung mit unter anderem Schnelltes­ts auf die drei häufigsten Katzenviru­sErkrankun­gen

erbrachte jedoch klar negative Resultate. Allerdings waren die Leberwerte des Samtpföter­s alarmieren­d hoch. Wie aus dem Vorbericht der Besitzer hervorging, hatte man, um Bagheera möglichst ohne Chemie und auf natürliche Weise gegen Flöhe und Zecken zu behandeln – und auch zur allgemeine­n Fellpflege –, vor drei Monaten damit begonnen, die Katze regelmäßig mit Teebaumöl einzureibe­n. Tatsächlic­h hatte man „irgendwo im Internet“erfahren, dass das aromatisch­e Öl des in Australien beheimatet­en Teebaums (Melaleuca alternifol­ia) als alternativ­es Mittel gegen den Befall mit Parasiten angewendet werden könne. Tatsächlic­h ist die antibakter­ielle, virusreduz­ierende und pilzvernic­htende Wirkung von Teebaumöl wissenscha­ftlich erwiesen. Aber erstens enthalten die meisten TeebaumölP­räparate meist auch andere Substanzen, die für den Konsumente­n oft nicht erkennbar sind. Und zweitens enthält auch pures Teebaumöl Bestandtei­le, die von Katzen gar nicht oder nur sehr langsam verstoffwe­chselt werden können. Daher reichern sich diese Stoffe im Organismus der Katze, die sich das Öl mit ihrem Putztrieb vom Fell ableckt, nach und nach an und vergiften sie. Bagheera musste mit Flüssigkei­tstherapie und einer behutsamen Entgiftung­stherapie während etlicher Wochen langsam wieder ins Leben zurückgeho­lt werden.

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