Impfwunder mit Risiken
Der Erfolg der US-Impfkampagne ist ein Ergebnis von Expertise und entschlossenem Handeln
Die USA impfen im Rekordtempo. Bereits mehr als jeder fünfte Amerikaner hat jeweils mindestens eine Dosis der drei in den USA zugelassenen Vakzine erhalten. Drei grundlegende Weichenstellungen des neuen Teams im Weißen Haus haben die Situation binnen kürzester Zeit dramatisch verbessert.
Präsident Biden hat die Engpässe bei den Impfstoffen durch die Umstellung auf Kriegsproduktion verbunden mit massiven neuen Bestellungen überwunden. Dazu gehört der sanfte Druck auf den Pharma-Riesen Merck, das Vakzin des Konkurrenten Johnson&Johnson herzustellen.
Während die Vorgängerregierung keinen umfassenden Plan für die schnelle Verteilung des verfügbaren Impfstoffs hatte, nutzte das Expertenteam Joe Bidens die Übergangszeit zwischen den Wahlen und der Amtseinführung, um einen zu entwickeln. Mit Massenimpfungen in Stadien und auf Großraumparkplätzen, das Einspannen des dichten Netzes der Pharma-Märkte und einer Ausweitung der Berufsgruppen, die impfen dürfen. Schließlich ordnete sich die neue Regierung den Erkenntnissen der Wissenschaft unter. Dazu gehört die Rückkehr weltweit anerkannter Spitzenkräfte in Führungspositionen bei der Zulassungsstelle für Medikamente FDA, der Gesundheitsbehörde CDC und im Weißen Haus selbst. Statt Maulkörben und Desinformation gibt es nun wissenschaftlich fundierte Aussagen.
Der mitleidige Blick über den großen Teich nach Amerika, das unter Donald Trump mit mehr als einer halben Million Corona-Toten wie kein anderes westliches Land im Umgang mit der Pandemie versagte, wich blankem Impfneid. Dieser fand in der Beschwerde der Europäischen Union über die Entscheidung Bidens ihren Ausdruck, für den US-Markt produzierte Dosen des AstrazenecaVakzins vorerst nicht in das unterversorgte Europa zu schicken. Dabei muss man wissen, dass die USA diese Impfstoffe zuvor mit der Förderung
ihrer Entwicklung in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar teuer erkauft hatten.
Bidens Versprechen
Und Biden steht im Wort, ab dem 1. Mai Impfungen allen Amerikanern zugänglich zu machen und bis Ende des Monats genügend Bestände für alle Erwachsenen vorrätig zu haben. Ein ambitioniertes Ziel, das der Freigabe der US-Bestände an Astrazeneca-Dosen für die EU im Weg steht.
Doch die US-Regierung könnte diese Position überdenken, weil es bald schon erhebliche Überbestände geben könnte. Letzteres hat mit dem Widerstand größerer Bevölkerungsgruppen in den USA zu tun, sich impfen zu lassen.
So lehnt etwa ein Drittel aller Republikaner eine Immunisierung nach wie vor ab. Weitere 20 Prozent haben Bedenken. Traditionell sind auch die Afroamerikaner skeptisch, weil sie in der Vergangenheit als Versuchskaninchen missbraucht worden waren. Schließlich gibt es eine signifikante Zahl junger Frauen, die zögern, sich impfen zu lassen.