Warum Luxemburg weiterhin mit Tanktourismus liebäugelt
Der Logistiksektor diskutiert, wie er seine Emissionen senken kann – vor allem mit Batterieantrieb, so Energieminister Claude Turmes
Luxemburg. Der GütertransportSektor ist auf der Suche nach sauberen Treibstoffen und diskutierte gestern online über Technologien und Perspektiven. Geladen hatte das Cluster for Logistics Luxembourg (C4L).
2014 startete europaweit die „Lean and Green“-Initiative, der sich auch Luxemburger Transportunternehmen anschlossen. Ziel ist, Energieeinsparungen zu erreichen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen ist das gelungen, sagt Handelskammer-Generaldirektor Carlo Thelen. „Doch warum die anderen nicht? Was sind die Ursachen dafür?” Wichtig sei nicht nur, dass realisierbare Ziele gesetzt werden, sondern auch, dass in die Entwicklung alternativer Kraftstoffe und den Aufbau einer Infrastruktur dafür investiert werde.
Félix Urbain von Nordic Innovators ist der Meinung, dass die Brennstoffzelle, also Wasserstoff (H2), für den Transportsektor hohes Potenzial hat, auch darum, weil dieser im Gegensatz zu Strom langfristig und ohne Verluste gespeichert werden kann. Noch aber ist die Produktion teuer mit etwa 3,90 Euro pro Kilogramm grünem H2. Zudem fahren Lastwagen vielfach Strecken bis 500 Kilometer am Tag. Mit einem normalen Elektromotor bräuchten solche Lastwagen Batterien, die bis zu vier Tonnen wiegen. „Das ist nicht praktikabel”, so Urbain. Um mit der Brennstoffzelle 100 Kilometer zu fahren braucht ein schwerer Lastwagen knapp acht Kilogramm Wasserstoff. Mit H2 wären also die Reichweiten erheblich höher als mit der Lithium-Batterie, zumal auch in weniger als 15 Minuten ein 700-Liter-Tank gefüllt ist.
Hyundai setzt auf Wasserstoff
Auch der koreanische Autobauer Hyundai setzt auf Wasserstoff. Wie Mark Freymüller, CEO von Hyundai Hydrogen Mobility Schweiz, erklärt, haben sowohl
Wasserstoff wie lithiumbatteriegetriebene Antriebe ihren Sinn.
Bei schweren Lastkraftwagen sei aber die Brennstoffzelle die bessere Lösung, und bis 2025 wird Hyundai darum 1 600 seines Brennstoffzellen-Trucks Xcient in die Schweiz ausliefern. In der Alpenrepublik gibt es bereits sechs Wasserstofftankstellen, zwei weitere kommen im April dazu. In Luxemburg
existiert noch keine. Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) hält jedoch die Herstellung alternativer Kraftstoffe sowie die Brennstoffzelle mit heutiger Technologie für ineffizient. Die Energieeffizienz mit LithiumElektrobatterien sei viel höher.
Ein Teilnehmer entgegnete dem, wollten 50 Lkw gleichzeitig ihre Elektrobatterien aufladen, müssten Leitungsdurchmesser und Kapazitäten, die dazu notwendig wären, riesige Dimensionen haben. Vielleicht wäre es lohnenswert, die Möglichkeit des synthetischen Kraftstoffs erneut mit Energieminister Turmes zu diskutieren, meinte ein anderer Teilnehmer. Denn synthetische Kraftstoffe würden der Industrie ermöglichen, bereits gekaufte Lastwagen als auch die bestehende Infrastruktur (Tankstellen) weiter zu nutzen. Gleichzeitig würde Luxemburg seinen CO2-Fußabdruck von einem Tag auf den anderen drastisch reduzieren. Luxemburg arbeitet derzeit an einer Wasserstoff-Strategie; wann aber die erste Wasserstoff-Tankstelle im Großherzogtum eröffnet wird, ist noch ungewiss. „Hoffentlich bald“, so Turmes.
Rund 888 Millionen Tonnen CO2 wurden 2018 in der EU im Straßenverkehr ausgestoßen. Pkw und Motorräder verursachten mit 62 Prozent den größten Teil davon. Lastwagen transportieren 75 Prozent des gesamten Gütervolumens in Europa.
Energieminister Turmes stellte gestern auch die interessante Frage: Wie kann Luxemburg beim künftigen Wasserstoff- oder Stromtanken wettbewerbsfähig sein? „Darauf haben wir heute noch keine Antwort”, so der Minister, aber es sei möglich, das mit der Besteuerung (von Tankstrom, Wasserstoff und alternativen Treibstoffen) zu lenken. Luxemburg will also weiter am Tanktourismus festhalten – nur wäre es diesmal „grüner Tanktourismus”. MeM