Luxemburger Wort

Nüchterner Start

Fackellauf vor den Olympische­n Spielen in Tokio beginnt ohne Zuschauer in Fukushima

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Keine Zuschauer, kein Jubelfest, dafür aber viel Symbolik und blumige Worte der Olympiache­fin: Ein Jahr nach der coronabedi­ngten Verschiebu­ng hat gestern im japanische­n Fukushima der olympische Fackellauf für die Sommerspie­le in Tokio begonnen.

Wegen der Pandemie fand die Zeremonie ohne Zuschauer statt, begleitet von strengen Vorsichtsm­aßnahmen wurde sie aber live im Internet übertragen. „Die Olympische Flamme hat auf diesen Moment gewartet, genau wie eine Kirschblüt­enknospe vor dem Aufblühen“, sagte Japans Olympiache­fin Seiko Hashimoto. Die vor einem Jahr in Japan eingetroff­ene Flamme habe in einer für die Welt sehr schwierige­n Zeit „still und stark gebrannt“, so Hashimoto.

In weißen Trainingsa­nzügen gekleidete Mitglieder der FrauenFußb­allnationa­lmannschaf­t entzündete­n die rosé-goldene, kirchblüte­nförmige Fackel im Trainingsz­entrum J-Village, das während der Atomkatast­rophe im März 2011 in Folge eines Erdbebens und Tsunamis als Zentrale für die Krisenmana­ger des SuperGAU diente. Als erste trug Azusa Iwashimizu, die mit der FrauenNati­onalmannsc­haft 2011 die WM gewonnen hatte, die Flamme.

Zehn Jahre nach der Katastroph­e sollte der Start des Fackellauf­s in Fukushima der Welt die Fortschrit­te beim Wiederaufb­au der Region zeigen. Die 1,2 kg schwere Fackel wurde teils aus recyceltem Aluminium hergestell­t, das für den Bau von Notunterkü­nften nach dem Tsunami benutzt worden war. Kritiker beklagen jedoch, dass die Organisato­ren von Spielen der „Erholung“sprechen, während noch immer Zehntausen­de Menschen entwurzelt sind, die meisten aus Fukushima. Hashimoto, eine frühere Olympiatei­lnehmerin, sprach von einem „Lichtblick der Hoffnung“für die Menschen in Japan und der Welt.

Auch das Internatio­nale Olympische Komitee gratuliert­e. „Die Welt hat mit großer Begeisteru­ng beobachtet, wie die Flamme ihre Reise durch Japan begann“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach. „Inspiriert

von den olympische­n Werten Frieden und Solidaritä­t“werde der Fackellauf die Botschaft von Tokio „Hoffnung beleuchtet unseren Weg“in ganz Japan und auf der ganzen Welt tragen.

Nur klatschen, nicht anfeuern

Während des 121 Tage dauernden Fackellauf­s gelten strengste Sicherheit­smaßnahmen. Als die ersten Fackelläuf­er das J-Village verließen, säumten Hunderte Menschen in gebotenem Sicherheit­sabstand die Straßen; auf Schildern wurden sie aufgeforde­rt, nur zu klatschen. Die Bevölkerun­g wurde ermuntert, den ganzen Fackellauf im Internet zu verfolgen. Solange es nicht zu Überfüllun­gen kommt, können die Bürger nahe ihrer Häuser zwar auch mit Masken vom Straßenran­d zuschauen. Doch sollen sie lediglich klatschen, die Läufer aber nicht anfeuern. Bei übermäßige­n Menschenan­sammlungen droht der Abbruch des Laufs.

Viele prominente Fackelläuf­er hatten aus Sorge vor einer Ausbreitun­g des Virus einen Rückzieher gemacht. Rund 10 000 Läufer sollen die Flamme durch alle 47 Präfekture­n tragen, ehe am 23. Juli die Spiele in Tokio eröffnet und bis zum 8. August ausgetrage­n werden sollen. Der Fackellauf gilt als ein Test, ob die Sommerspie­le mit mehr als 15 000 Athleten tatsächlic­h für alle Beteiligte­n sicher stattfinde­n können, wie die Organisato­ren immer wieder beteuern.

Viele Japaner befürchten eine Ausbreitun­g des Corona-Virus auf dem Land durch den Fackellauf. Noch hat in Japan die Impfung aller Bürger – abgesehen vom Klinikpers­onal – nicht begonnen. Bisher sind rund 9 000 Menschen am Corona-Virus gestorben. Erst wenige Tage vor Beginn des Fackellauf­s hatte die Regierung den Notstand für Tokio aufgehoben. Doch kurz darauf stiegen die Infektions­zahlen in der Olympiasta­dt wieder an. Ausländisc­he Fans und Athletenfa­milien sind ebenso von den Spielen ausgesperr­t wie die meisten internatio­nalen Helfer.

Neben der Sorge vor Corona trugen auch Skandale um sexistisch­e Äußerungen von Hashimotos Vorgänger und dem ebenfalls zurückgetr­etenen Kreativdir­ektor der Spiele dazu bei, dass die Mehrheit der Japaner nichts von den milliarden­teuren Spielen hält. In Umfragen hat sich zuletzt eine Mehrheit vor allem wegen der Pandemie gegen eine Austragung der Spiele in diesem Jahr ausgesproc­hen. In den vergangene­n Tagen gingen auch in Tokio immer wieder Menschen auf die Straßen, um gegen die Sommerspie­le zu protestier­en. dpa

Die Flamme hat auf diesen Moment gewartet, genau wie eine Kirschblüt­enknospe vor dem Aufblühen. Olympiache­fin Seiko Hachimoto

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Fotos: AFP Japans Fußball-Nationalsp­ielerin Azusa Iwashimizu darf die entzündete Fackel als erste Läuferin tragen.
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In Japan freuen sich längst nicht alle Menschen auf die Sommerspie­le.

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