„Die Menschen sind verunsichert“
60. LCGB-Kongress: Präsident Dury fordert nationale Tripartite, um Lösungen für die Zeit nach der Pandemie zu erörtern
Heute holt der LCGB den Kongress nach, der vor einem Jahr coronabedingt ins Wasser gefallen war – digital, weil die Pandemie immer noch nicht zu Ende ist. Nun ist der Moment gekommen, eine Bilanz der vergangenen Mandatsperiode zu ziehen, „eine Mandatsperiode, in der der LCGB sich komplett erneuert hat“, so Präsident Patrick Dury gestern auf Nachfrage. Bei den Sozialwahlen habe man gut abgeschnitten, man habe die Dienstleistungen für die Mitglieder erweitert und und die Mitgliederzahl sei in den vergangenen drei Jahren von 40 850 auf jetzt über 44 000 gestiegen.
Die Probleme, mit denen sich der LCGB beschäftigt, sind in der Krise nicht weniger geworden. „Die Menschen sind verunsichert, fürchten um ihren Arbeitsplatz“, sagt Dury. Der LCGB sei an vielen Orten gefordert, mit Betrieben Lösungen zu finden, um Entlassungen zu verhindern. Im Falle der Tripartite Aviation sei das gelungen, auch die Kurzarbeit sei ein effizientes Mittel gegen Arbeitslosigkeit. Der LCGB bedauert aber, dass keine nationale Tripartite zustande gekommen ist.
Corona-Steuer
Man brauche einen strukturierten Sozialdialog mit der Regierung und den Arbeitgebervertretern, „um die Konsequenzen der Krise gemeinsam zu meistern statt dass jeder für sich kämpft“, so Dury. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sei die gesamte Wirtschaft von der Krise getroffen worden. „Die Tripartite ist ein Kriseninstrument. Wenn wir es nicht jetzt nutzen, wann dann?“Zur 1.-Mai-Feier ohne Feier: Vergangenes Jahr richtete sich LCGB-Präsident Patrick Dury mit einer Videobotschaft an die Gewerkschaftsanhänger.
Corona-Steuer, wie sie Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) ins Gespräch gebracht hat, könne er nichts sagen, erklärt der LCGBVorsitzende. „Natürlich klingt es gut, wenn man sagt, dass diejenigen, die von der Krise profitiert haben, mehr Steuern zahlen müssen.“Unklar aber sei, was genau damit gemeint ist. Darüber hinaus sei es nicht sinnvoll, eine Maßnahme herauszulösen – Steuerpolitik müsse ein Ganzes und vor allem gerecht sein.
Mit der Corona-Krise muss nach Ansicht des LCGB das Thema Existenzsicherung „einen ganz neuen Stellenwert erhalten“. Doch auch die Bereiche Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz rücken stärker in den Fokus. Das Einhalten der sanitären Regeln am
Arbeitsplatz ist das eine und „in den Betrieben in Fleisch und Blut übergegangen“, so Dury. Mehr Sicherheit bietet auch die Heimarbeit. Der LCGB ist zufrieden mit der Art und Weise, wie die Telearbeit geregelt ist. Dank eines Abkommens mit der UEL sei es gelungen, Scheinselbstständigkeiten zu verhindern. Mit der Digitalisierung werden sich neue Arbeitsformen entwickeln, ist Dury überzeugt. Wichtig sei, sicherzustellen, dass sie im Arbeitsrecht verankert werden und es in den Betrieben nicht zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen kommt.
Politische Fehlentscheidung
Das Thema Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz betrifft im Speziellen die Arbeitnehmer, die in Krankenhäusern und Seniorenheimen arbeiten. Er sei überrascht gewesen, zu erfahren, dass die Reinigungskräfte in den Altenund Pflegeheimen nicht zur prioritären Impfgruppe gehören, meinte Dury. Das sei eine politische Fehlentscheidung. „Für uns steht außer Frage, dass Menschen, die in direktem Kontakt mit Vulnerablen stehen und arbeiten, prioritär geimpft werden müssen.“
Der LCGB hat sich der Protestbewegung „Koalitioun Wunnrecht“angeschlossen, das am Wochenende zu einer Protestaktion in der Hauptstadt einlädt, um sich für die Rechte von Mietern stark zu machen. „Wir müssen jungen Menschen erschwinglichen Wohnraum zur Verfügung stellen“, sagt Dury. Es lägen viele Vorschläge – auch von der Arbeitnehmerkammer – auf dem Tisch. „Wie das umgesetzt wird, muss die Politik entscheiden, aber es muss jetzt endlich etwas passieren.“
Für uns steht außer Frage, dass Menschen, die in direktem Kontakt mit Vulnerablen stehen und arbeiten, prioritär geimpft werden müssen.