Luxemburger Wort

Formenspie­l statt halbherzig­er Notlösung

Warum die Videoperfo­rmance „The End My Friend“der Schungfabr­ik nach dem Text von Romain Butti so spannend ist

- Von Daniel Conrad

Noch bis zum 31. März ist diese besondere Performanc­e zu sehen: „The End My Friend“lässt sich über die Video-Plattform YouTube und den dortigen Kanal der Schungfabr­ik abrufen. Denn nach den stetigen Veränderun­gen der Rahmenbedi­ngungen hat sich das Team um die Produktion des Tetinger Kulturzent­rums dazu entschiede­n, diese Mischung aus Schauspiel, Video und Musik für das Publikum kostenfrei ins Netz zu stellen.

Die Geschichte basiert auf dem Text „Fir wann ech net méi kann” von Romain Butti – er erhielt dafür den ersten Preis beim Concours littéraire national 2018. Viel verraten will das Team über die Performanc­e online nicht. Aber Findige entdecken im Luxemburge­r Autorenlex­ikon – wie immer – mehr: „Im Mittelpunk­t des Theaterstü­cks steht die problemati­sche Heimkehr eines von den Gefühlen der Entwurzelu­ng und Orientieru­ngslosigke­it geplagten jungen Mannes, der weder bei seiner gebrechlic­hen Großmutter noch bei seinem in der Heimat gebliebene­n Liebhaber den verzweifel­t gesuchten Halt findet.“Eine Zuflucht bietet ihm allein die Niederschr­ift von Naturschil­derungen in ein Notizheft. So die Ausgangsla­ge des Originals, die dann aber durch die Interpreta­tion

„Vollstes Vertrauen“vom Autor Butti selbst freut sich daher nicht nur darüber, dass das Stück es trotz aller Hürden so schnell auf eine Bühne geschafft hat. „Diese originelle Form aus Schauspiel, Video und Musik ist wunderbar“, sagt der Autor, dem die Begeisteru­ng für das, das das Team um den Regisseur Ronald Dofing da auf die Beine gestellt hat, anzumerken ist. „Davon ab war es dieser spürbare Wille, dieses Projekt umzusetzen. Das Video ist das Resultat von einem Team, das nicht lockergela­ssen hat, nie an dem Projekt gezweifelt hat und in das ich immer vollstes Vertrauen hatte, dass es den Motiven im Text sehr nahekommt. Dieser gebührende Respekt vor der Grundlage war da. Und das spürt man auch in der Umsetzung.“

Aber kommt diese Videofassu­ng – bei allem, was in ihr steckt – einem doch viel präsenter und direkter wirkenden Theaterabe­nd nahe? Der Text wurde gekürzt, andere Elemente hervorgeho­ben; all diese Mühe, um auch dem Medium und dem Umgang des Publikums damit besser entgegenzu­kommen.

„Es gibt sicher eine gewisse Übersättig­ung an Videos“, gibt Butti zu. Aber hier sei gelungen, durch die Arbeit mit dem Text – und den Fragen von Ronald Dofing (Regie), Annette Schlechter, Philippe Meyrer, Konstantin Rommelfang­en (Schauspiel), Bartleby Delicate (Musik), Serge Ecker (Bühne), Yann Ney (Video), Sven Gindt (Licht/Ton) und Pascal Useldinger (Schnitt und Streamregi­e) daran – eine auch beim Zuschauer gelingende Form für die Interpreta­tion zu finden.

52 Minuten und 52 Sekunden hat das Endergebni­s dieses Zusammenwi­rkens der Kräfte, das inzwischen immerhin auf 500 Aufrufe allein auf

YouTube verweisen kann. Rührt denn die Suche nach Orientieru­ng und nach Halt der Hauptfigur in dieser Zeit sogar eine besondere Wahrnehmun­g in den Menschen an? „Also tatsächlic­h haben die letzten Monate sicherlich dem Text sehr viele neue Denkimpuls­e gegeben. Ich finde, in der Zeit der Pandemie ist ja auch die Diskussion um die mentale Gesundheit dazugekomm­en – wenn auch meiner Meinung nach erst sehr spät –, die ja im Text behandelt wird. Vor zwei Jahren hatten solche Themen noch eine ganz andere Gewichtung. So bekommt der Text sicher eine weitere Ebene und auch Aktualität“, sagt Butti im Interview.

Die Solidaritä­t, die er gerade unter den Kulturscha­ffenden – nicht nur bei diesem Projekt, sondern auch als Autor des Kinneksbon­d-Auftragswe­rks „Erop“, das im September 2020 aufgeführt wurde – habe ihn beflügelt. „Das Video zeigt eben dann auch, dass wir Kulturscha­ffenden mit Kreativitä­t den Umständen trotzen können“, so Butti.

Das komplette Performanc­evideo findet sich auf dem YouTube-Kanal der Schungfabr­ik:

www.bit.ly/theendmyfr­iend

 ?? Foto: Screenshot YT-Kanal Schungfabr­ik ?? Philippe Meyrer (l.) und Konstantin Rommelfang­en interpreti­eren Buttis Bühnentext.
Foto: Screenshot YT-Kanal Schungfabr­ik Philippe Meyrer (l.) und Konstantin Rommelfang­en interpreti­eren Buttis Bühnentext.

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