Formenspiel statt halbherziger Notlösung
Warum die Videoperformance „The End My Friend“der Schungfabrik nach dem Text von Romain Butti so spannend ist
Noch bis zum 31. März ist diese besondere Performance zu sehen: „The End My Friend“lässt sich über die Video-Plattform YouTube und den dortigen Kanal der Schungfabrik abrufen. Denn nach den stetigen Veränderungen der Rahmenbedingungen hat sich das Team um die Produktion des Tetinger Kulturzentrums dazu entschieden, diese Mischung aus Schauspiel, Video und Musik für das Publikum kostenfrei ins Netz zu stellen.
Die Geschichte basiert auf dem Text „Fir wann ech net méi kann” von Romain Butti – er erhielt dafür den ersten Preis beim Concours littéraire national 2018. Viel verraten will das Team über die Performance online nicht. Aber Findige entdecken im Luxemburger Autorenlexikon – wie immer – mehr: „Im Mittelpunkt des Theaterstücks steht die problematische Heimkehr eines von den Gefühlen der Entwurzelung und Orientierungslosigkeit geplagten jungen Mannes, der weder bei seiner gebrechlichen Großmutter noch bei seinem in der Heimat gebliebenen Liebhaber den verzweifelt gesuchten Halt findet.“Eine Zuflucht bietet ihm allein die Niederschrift von Naturschilderungen in ein Notizheft. So die Ausgangslage des Originals, die dann aber durch die Interpretation
„Vollstes Vertrauen“vom Autor Butti selbst freut sich daher nicht nur darüber, dass das Stück es trotz aller Hürden so schnell auf eine Bühne geschafft hat. „Diese originelle Form aus Schauspiel, Video und Musik ist wunderbar“, sagt der Autor, dem die Begeisterung für das, das das Team um den Regisseur Ronald Dofing da auf die Beine gestellt hat, anzumerken ist. „Davon ab war es dieser spürbare Wille, dieses Projekt umzusetzen. Das Video ist das Resultat von einem Team, das nicht lockergelassen hat, nie an dem Projekt gezweifelt hat und in das ich immer vollstes Vertrauen hatte, dass es den Motiven im Text sehr nahekommt. Dieser gebührende Respekt vor der Grundlage war da. Und das spürt man auch in der Umsetzung.“
Aber kommt diese Videofassung – bei allem, was in ihr steckt – einem doch viel präsenter und direkter wirkenden Theaterabend nahe? Der Text wurde gekürzt, andere Elemente hervorgehoben; all diese Mühe, um auch dem Medium und dem Umgang des Publikums damit besser entgegenzukommen.
„Es gibt sicher eine gewisse Übersättigung an Videos“, gibt Butti zu. Aber hier sei gelungen, durch die Arbeit mit dem Text – und den Fragen von Ronald Dofing (Regie), Annette Schlechter, Philippe Meyrer, Konstantin Rommelfangen (Schauspiel), Bartleby Delicate (Musik), Serge Ecker (Bühne), Yann Ney (Video), Sven Gindt (Licht/Ton) und Pascal Useldinger (Schnitt und Streamregie) daran – eine auch beim Zuschauer gelingende Form für die Interpretation zu finden.
52 Minuten und 52 Sekunden hat das Endergebnis dieses Zusammenwirkens der Kräfte, das inzwischen immerhin auf 500 Aufrufe allein auf
YouTube verweisen kann. Rührt denn die Suche nach Orientierung und nach Halt der Hauptfigur in dieser Zeit sogar eine besondere Wahrnehmung in den Menschen an? „Also tatsächlich haben die letzten Monate sicherlich dem Text sehr viele neue Denkimpulse gegeben. Ich finde, in der Zeit der Pandemie ist ja auch die Diskussion um die mentale Gesundheit dazugekommen – wenn auch meiner Meinung nach erst sehr spät –, die ja im Text behandelt wird. Vor zwei Jahren hatten solche Themen noch eine ganz andere Gewichtung. So bekommt der Text sicher eine weitere Ebene und auch Aktualität“, sagt Butti im Interview.
Die Solidarität, die er gerade unter den Kulturschaffenden – nicht nur bei diesem Projekt, sondern auch als Autor des Kinneksbond-Auftragswerks „Erop“, das im September 2020 aufgeführt wurde – habe ihn beflügelt. „Das Video zeigt eben dann auch, dass wir Kulturschaffenden mit Kreativität den Umständen trotzen können“, so Butti.
Das komplette Performancevideo findet sich auf dem YouTube-Kanal der Schungfabrik:
www.bit.ly/theendmyfriend